Eine denkwürdige Begehung der Kolbergerstraße
München - Helle Auslegware statt alter Böden, zugemauerte Fenster und neue Türen – was ist von der denkmalgeschützten Innenausstattung in der Kolbergerstraße noch übrig geblieben? Stefan Höglmaier, Gründer der Immobilienentwicklungsgesellschaft Euroboden und Eigentümer der kleinen Villa im Herzogpark, lud die AZ zur Ortsbegehung ein.
Wenn es nach dem Alleingesellschafter des 1999 gegründeten Immobilienentwicklers gegangen wäre, stünde die kleine Villa längst nicht mehr. Hier würden nun Bagger graben, die alten Bäume wären vermutlich gefällt – die Arbeiten für einen Neubau wären in vollem Gange. Stattdessen geht am Donnerstag eine kleine Besuchergruppe durch den verwilderten Garten und läuft mit Straßenschuhen über die helle Auslegware in dem verwaisten Haus.
Wie berichtet, hatte Euroboden das Grundstück gekauft, nachdem das Haus im Herzogpark seinen Denkmalstatus verloren hatte. Doch dann setzte es das Landesamt für Denkmalschutz wieder auf die Denkmalliste, die Stadt stoppte den Abriss in letzter Minute.
Das Grundstück ist deutlich größer, als es von außen den Anschein hat. Auf den beiden Flurstücken mit zusammen 1360 Quadratmetern stehen noch eine Garage und ein niedriges Nebengebäude.
Im Garten erobert sich die Natur ihren Raum zurück. Unter den alten Bäumen liegt das Laub zum Teil kniehoch. An einem kleinen, künstlich angelegten Teich hat sich ein Entenpaar niedergelassen. Es sucht quakend das Weite, als unerwartet Menschen die Idylle stören.
Seit fast zwei Jahren steht das Haus nun leer. Der frühere Eigentümer ist in eine Wohnung gezogen, die er ursprünglich für eine Zwischenlösung gehalten hatte. Er wollte eigentlich später zurückziehen – in das neu gebaute Haus. Doch ob oder wann es mal so weit sein wird, steht in den Sternen.
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Euroboden-Chef Höglmaier will mit der Ortsbegehung beweisen, dass das Gebäude im Inneren seinen Charme früherer Jahre durch Umbauten in den 80er Jahren gänzlich verloren – und damit zwischenzeitlich zurecht seinen Denkmalstatus verloren hatte. „Damals ist man sehr unsensibel mit dem Haus umgegangen!“
Der Unternehmer hat mit schwarzem Klebeband an den Wänden markieren lassen, wo einst Türen und Zwischenwände vorhanden waren. Dazu hat er Kopien aufgehängt von historischen Aufnahmen: „Das Haus ist heute nicht wiederzuerkennen. Ausweislich der Akten des Landesamtes für Denkmalpflege kam es nur knapp in die Denkmalliste – dank seiner Innenausstattung. Aber von dieser reichhaltigen Ausstattung ist heute kaum noch etwas da“, sagt Stefan Höglmaier.
Bereits die Treppe, die zu dem efeuumrankten Haus führt, wurde verändert. Die Eingangstür? Ausgewechselt – ohne Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde oder dem Landesamt für Denkmalpflege. Genehmigt war dagegen die Zusammenlegung des Herren- und Damenzimmers im ersten Stock. Dafür wurde eine Wand entfernt, alte Türen wurden zugemauert und eine neue ins Mauerwerk gebrochen.
Auch ein Kamin wurde zugemauert und die ursprüngliche Mamoreinfassung abgerissen. Radiatorverkleidungen wurden abgebaut, alle Bodenbeläge ausgewechselt, sämtliche Türen im Erdgeschoss und ersten Stock ausgewechselt, die Holzbalkendecke im Speise- und Damenzimmer saniert – all dies ohne Zustimmung der Behörden.
Stefan Höglmaier wirft der Initiative „Kulturgut Herzogpark“ und ihren Mitstreitern vor, die gegen den Abriss kämpfen, dass sie die Denkmaleigenschaft gar nicht beurteilen können. „Sie haben das Haus nie von innen gesehen.“ Dazu eingeladen hat er die Abriss-Gegner bislang allerdings auch nicht. Das will er nun nachholen. Vielleicht.