180 Bewohner aus Unterkunft geschmissen? Betreiber wehrt sich

Die Polizei hat am Donnerstag ein Boardinghaus in Moosach räumen lassen. Davon betroffen waren 180 Bewohner - der Betreiber hatte mit Rausschmiss gedroht. Es ist nicht die erste fragwürdige Aktion der Firma.
von  Michael Schleicher, Lukas Schauer
Das Boardinghaus in Moosach - hier der Blick von der Ludwigsfelder Straße.
Das Boardinghaus in Moosach - hier der Blick von der Ludwigsfelder Straße. © Screenshot/GoogleStreetView

180 Obdachlose müssen am Gründonnerstag ihre Unterkunft in Moosach verlassen, auf Weisung des Sozialreferats. Dahinter steht ein Streit ums Geld. Der Betreiber wehrt sich gegen Vorwürfe.

Moosach - Als die Polizei anrückt, sind viele der 180 Bewohner überhaupt nicht vorbereitet. Doch sie müssen die Unterkunft am Neubruch in Moosach verlassen, innerhalb von wenigen Stunden. Das sei Anweisung des Sozialreferats, teilen die Beamten mit. Neue Räume seien auch schon gefunden, in Kälteschutzräumen in der Bayernkaserne.

Was sind die Gründe für die überstürzte Räumung? Darüber gibt es zwei Versionen. Eine des Sozialreferats und eine des Betreibers der Unterkunft, der Firma "2-Rent Group GmbH".

Die nämlich, so teilt das Sozialreferat der AZ auf Anfrage mit, hatte am 11. April damit gedroht, den Betrieb des Objekts einzustellen und die Beherbergungsverträge über die Osterfeiertage zu kündigen. Die Bewohner wären auf der Straße gesessen.

Um das zu verhindern, wurde die schnelle Unterbrigung in der Bayernkaserne veranlasst. "Das Sozialreferat ist verpflichtet, die betroffenen Bewohner unterzubringen", so Sozialreferatssprecher Frank Boos. Bei den Bewohnern handelt es sich um Wohnungslose.

Das Sozialreferat hat schon seit Jahren sogenannte Beherbergungsverträge mit der 2-Rent-Group. Das Münchner Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Menschen eine Unterkunft zu bieten, die sonst kein Dach über dem Kopf finden. Wir sind "Betreiber von Hotels, Wohnheimen und Wohnhäusern", teilt Alexander El Naib schriftlich mit. Der Vertrag für die 195 Betten in Moosach zwischen Sozialreferat und seiner Firma läuft bis zum 31. Juli 2017.

El Naib erzählt allerdings eine etwas andere Version der Geschichte. Demnach hätte nicht sein Unternehmen der Stadt mit Räumung kurzfristig gedroht, im Gegenteil. "Die 2-Rent Group als Betreiber hat von der Räumungsabsicht durch das Sozialreferat selbst erst am Tag der Räumung um 9 Uhr durch telefonische Ankündigung Kenntnis erhalten. Wir haben niemanden aus dem Objekt geworfen und hatten dies auch nicht vor". Wahr ist aber schon, dass seine Firma der Stadt mitgeteilt hat, "dass wir eventuell unsere Leistungen über die Osterfeiertage nicht mehr aufrechterhalten können. Dies bezog sich jedoch nur auf Themen wie Reinigung, Betreuung und Sicherheitsdienst", betont El Naib.

Die Firma erhebt den Vorwurf, dass das Sozialreferat die Kosten für diese Leistungen nicht bezahlt hat - trotz anders lautender Zusagen. Außerdem bekomme sein Unternehmen keinerlei Informationen über die Bewohner, die dem Haus zugeteilt werden. Es handle sich oft um Leute, die zuvor überall rausgeflogen seien ("nicht mehr wohnungstauglich") und psychisch wie physisch krank seien. Das beanspruche seine Mitarbeiter besonders, drei der am Neubruch eingesetzten Kollegen seien langfristig krankgeschrieben.

Betreiber wehrt sich: Keine Abzocke

Und auch gegen die immer wieder vorgebrachten Abzock-Vorwürfe wehrt sich das Unternehmen. Die 2-Rent-Group hat "im Durchschnitt ein Nettozahlung von 15 Euro" pro Nacht und Bewohner bekommen, teilt El Naib schriftlich mit. Natürlich müsse er Geld verdienen, doch man bemühe sich aber "immer eine ordentliche, sozial verantwortliche Leistung zu erbringen." 2015 war bekannt geworden, dass eine vierköpfige Familie in einer Unterkunft des Unternehmens für ein 20-Quadratmeter-Zimmer im Monat 950 Euro berappen muss.

Die 180 Bewohner aus Moosach jedenfalls sind vorerst untergebracht - wie es mit ihnen weitergeht, ist aber noch nicht klar. Die Räume in der Bayernkaserne sind nicht für langfristige Belegungen gedacht. Und auch die Zusammenarbeit zwischen Sozialreferat und der 2-Rent-Group dürfte wohl auf den Prüfstand kommen.

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