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Polizei über Münchner Cold Case: Sonja Engelbrecht wurde mutmaßlich Opfer von Sexualverbrechen

Die Polizei hat neue Erkenntnisse zum Fall der mutmaßlich getöteten Sonja Engelbrecht veröffentlicht. Am Mittwoch wird der Fall zudem bei "Aktenzeichen XY..." behandelt.
von  Michael Schleicher
Sonja Engelbrecht wurde höchstwahrscheinlich Opfer eines Sexualverbrechens.
Sonja Engelbrecht wurde höchstwahrscheinlich Opfer eines Sexualverbrechens. © Foto: Archiv

München - Gelingt den Ermittlern im Fall Sonja Engelbrecht jetzt der große Durchbruch? Am Dienstag hat die Münchner Polizei neue Details zum Cold Case bekanntgegeben. Demnach wurde die junge Frau, die 1995 verschwand, wohl Opfer eines Sexualverbrechens.

Die neuen Erkenntnisse erhielt die Polizei, nachdem gefundene Knochenteile und weitere Gegenstände genauesten untersucht wurden. Im Sommer 2020 wurde in einem Wald in Kipfenberg ein menschlicher Oberschenkelknochen gefunden, der später nach einem DNA-Abgleich Sonja Engelbrecht zugeordnet werden konnte. Im März des vergangenen Jahres wurden schließlich die sterblichen Überreste der Frau in einer Felsspalte in besagtem Wald entdeckt.

Kleidungsstücke bzw. -Reste wurden nicht bei der Leiche gefunden, sie war nackt – auch deshalb ist ein Sexualverbrechen laut Polizei wahrscheinlich. 

Die Fundstelle von Sonja Engelbrecht im Wald.
Die Fundstelle von Sonja Engelbrecht im Wald. © picture alliance/dpa

Polizei: Täter hatte gute Ortskenntnis

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Täter höchstwahrscheinlich zumindest 1995 einen örtlichen Bezug zu Kipfenberg bzw. der Region Ingolstadt/Eichstätt hatte. Das könnte neben dem Wohnort beispielsweise auch der Arbeitsplatz oder einfach ein Urlaubsaufenthalt gewesen sein.

Der Täter kannte sich der Polizei zufolge gut in der Gegend aus. Der Ablageort in einer Felsspalte in einem Wald liege so abseits, da komme kein Wanderer oder Pilzsammler einfach so vorbei, sagte der Leiter der Münchner Mordkommission, Stephan Beer, am Dienstag.

Zudem geht die Polizei davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Er musste einige Kraft aufbieten, um die Leiche der Frau Hunderte Meter durch unwegsames Gelände bis zur Felsspalte zu schleppen. "Da muss man schon körperlich fit sein, um 50 bis 55 Kilogramm über diese Entfernung zu transportieren", erläuterte Beer.

Wie die Polizei am Dienstag weiter mitteilte, war die Leiche in Müllsäcke und Planen verpackt. Die Analyse davon ergab, dass diese zuvor bei Bau- oder Renovierungsarbeiten verwendet worden sind.

Der Müllsack, der bei der Leiche gefunden wurde – umwickelt mit Klebeband.
Der Müllsack, der bei der Leiche gefunden wurde – umwickelt mit Klebeband. © Polizei

Die Polizei geht deshalb davon aus, dass der Täter im Jahr 1995 entweder privat renoviert oder gebaut hat oder in der Baubranche beruflich tätig war.

Fall von Sonja Engelbrecht: Bringt eine Decke die heiße Spur?

Dazu fanden die Ermittler noch Überreste einer Decke. Die blau-schwarze Wolldecke ist circa zwei Meter lang und 1,20 Meter breit. Vorder- und Rückseite sind laut Polizei nicht identisch, sondern farblich spiegelverkehrt gestaltet. Auf beiden Seiten ist ein markantes Blumenmuster abgebildet.

Die Überreste der gefundenen Decke.
Die Überreste der gefundenen Decke. © Polizei

Die Polizei ist weiterhin auf der Suche nach Zeugen: Wer Hinweise – insbesondere zur Decke – geben kann, soll sich beim zuständigen Kommissariat 11 der Münchner Polizei (Tel. 089/29100) oder jeder anderen Polizeidienststelle melden. Für Hinweise, die zur Klärung der Tat führen, gibt es eine Belohnung von 10.000 Euro.

Der Fall Sonja Engelbrecht ist am Mittwochabend auch Thema in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY..." – mittlerweile bereits zum dritten Mal. Gut möglich, dass nach der Ausstrahlung weitere Hinweise bei der Polizei eingehen werden.

Der Fall Sonja Engelbrecht: 19-Jährige zuletzt am Stiglmaierplatz gesehen

Sonja Engelbrecht verschwand am 11. April 1995 gegen 2.30 Uhr. Die 19-Jährige wurde zuletzt lebend am Stiglmaierplatz im Bereich einer Telefonzelle gesehen – seitdem fehlte von der Frau jede Spur.

Telefonzellen am Stiglmaierplatz: Hier wurde Sonja Engelbrecht 1995 zuletzt lebend gesehen.
Telefonzellen am Stiglmaierplatz: Hier wurde Sonja Engelbrecht 1995 zuletzt lebend gesehen. © Polizei

Zunächst wurde das Verschwinden als normaler Vermisstenfall behandelt, relativ schnell nahm dann aber die Mordkommission die Ermittlungen wegen des Verdachts eines Tötungsdelikts auf. Jahrelang gab es keine neuen Erkenntnisse, bis im Sommer 2020 dann der Oberschenkelknochen gefunden wurde.


Die Polizei hat weitere Informationen und auch Fotos veröffentlicht, die hier eingesehen werden können.

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