Olympia-Bürgerentscheid: Gegner schalten Regierung von Oberbayern ein

Dieser Tage flattern in alle Münchner Haushalte die Unterlagen für den Bürgerentscheid zur Olympia-Bewerbung. Die Abstimmung ist am 26. Oktober, damit legt der Stadtrat die Entscheidung über die Bewerbung in die Hände der Deutschen und EU-Bürger in München.
Mit großer Mehrheit haben bereits SPD, Grüne und CSU im Stadtrat für die Bewerbung gestimmt. Trotzdem haben sie angekündigt, auch unbedingt die Zustimmung der Bürger haben zu wollen.
Abstimmungsunterlagen: Werbeflyer zum Bürgerentscheid
Um auch die zu einem "Ja" am 26. Oktober zu bewegen, ziehen sie alle Register: In den Wahlunterlagen findet sich neben dem Stimmzettel und einem Briefwahl-Umschlag noch ein vierseitiger Brief, gezeichnet von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der die Argumente für die Bewerbung auflistet. Dass diese Begründung des Stadtrats so gleich mitgeliefert wird mit dem Stimmzettel, hat der Stadtrat beschlossen.

Ebenso, dass das verantwortliche Referat für Bildung und Sport (RBS) einen bunten Infoflyer gestaltet und beilegt. Der "visualisiert und erklärt die Inhalte des Stadtratsbeschlusses", so ein RBS-Sprecher auf AZ-Anfrage.
"Miteinander Großes schaffen!" ist der Titel der Broschüre, ein "Ja" bedeute: "Nachhaltige Spiele", "Mehr Grünflächen", "Besserer öffentlicher Nahverkehr", "Gut für die Wirtschaft", "Olympisches Dorf schafft Wohnungen" und "Der einzigartige Olympiapark wächst".
Was in den Unterlagen fehlt, sind Gegenargumente. Müssten die nicht mit dabei sein, damit die Münchner sich eine fundierte eigene Meinung bilden können zur Frage, ob eine Olympia-Bewerbung sinnvoll ist?
Gilt kein Paritätsgebot?
Nein, findet die Stadt: "Da es sich beim vorliegenden Bürgerentscheid um ein sogenanntes Ratsbegehren handelt, das der Stadtrat mit Mehrheit beschlossen hat", gelte das Paritätsgebot nicht, wie es bei Bürgerbegehren normalerweise gilt. Nur bei Bürgerbegehren müssen nämlich beide Seiten gleichwertig berücksichtigt werden.
Das sehen die Olympia-Gegner anders: Für die ÖDP/München Liste geht der Infoflyer über eine sachliche Information hinaus, da er "bereits im Titel eine direkte Abstimmungsempfehlung enthalte". Die Fraktion möchte darum bei der Regierung von Oberbayern die Rechtmäßigkeit der Werbekampagne der Stadt prüfen lassen.
Nicht nur die Wahlbeilage, auch die weiteren Werbemaßnahmen der Stadt für ein "Ja" sieht die ÖDP kritisch. Auf der Wiesn, in MVG-Fahrzeugen oder auf U-Bahn-Infoscreens: das seien alles Orte, wo politische Werbung verboten sei. "Für den Olympia-Entscheid wird geltendes Recht ausgehebelt, was gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und geltende Betriebsvorschriften verstößt", so die ÖDP.
"Nonchalance und Arroganz": Olympia-Gegner kritisieren OB Reiter
"Es ist schockierend, mit welcher Nonchalance und Arroganz der Oberbürgermeister bestehende Vorschriften aufhebt, weil ihm das gerade in den Kram passt", findet ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff. "Ein Bürgerentscheid lebt von fairer und transparenter Information", so Ruff. Dass die Stadt "einseitiges, unsachliches Werbematerial mit amtlichen Unterlagen verschickt, untergräbt das Vertrauen in die Abstimmung", findet Ruff.
Juristische Einschätzung
Anders sieht das der Kommunalrechtler Martin Burgi von der Juristischen Fakultät der LMU. Für ihn ist die Vorgehensweise fair. "Es ist ehrlicher, wenn die Mehrheit des Stadtrats sagt, wir wollen es – aber nur, wenn auch die Bürger mehrheitlich Rückenwind geben". Wenn die Mehrheit im Stadtrat sagt, sie wolle dafür Haushaltsgelder einsetzen, gebe es keine Vorschriften, die das verbieten. "Dann darf die Stadt auch für die Olympiabewerbung eine Werbekampagne machen", sagt Burgi.
Ob das auch die Regierung von Oberbayern so sieht, ist noch offen. Dort liegt die Beschwerde der Olympia-Gegner zu den Wahlunterlagen. Eine Antwort wird noch im Verlauf der Woche erwartet.