Nachhaltige Wiesn: Oktoberfest-Wirte wollen Wald aufforsten und mehr Veganes anbieten

Um CO2 zu kompensieren, planen die Wiesnwirte einen Wiesn-Wald. Außerdem sollen in jedem Zelt künftig mindestens ein veganes Gericht und noch mehr vegetarische Gerichte auf der Karte stehen. Bio sieht man bei den Oktoberfest-Gastronomen aber skeptisch.
Sophie Anfang,
Michael Schilling
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Wiesn-Bedienungen servieren derzeit nur wenig Lebensmittel in Bio-Qualität. Die Wirte wollen aber die Ökobilanz des Volksfests verbessern.
Wiesn-Bedienungen servieren derzeit nur wenig Lebensmittel in Bio-Qualität. Die Wirte wollen aber die Ökobilanz des Volksfests verbessern. © picture alliance/dpa

München - Nachhaltig und öko, mit diesen beiden Begriffen verbindet man das Oktoberfest eher nicht. Im Gegenteil: Viel Fleisch, viel Strom, viel Abwasser, viel Müll. Das sind die Bilder, die man bei dem größten Volksfest der Welt im Kopf hat. Zu einer Stadt, die bis 2035 klimaneutral werden will, möchte das nicht so recht passen.

Das spüren auch die Wiesnwirte, die nun in die Offensive gehen wollen. Mit eigenen Ideen zur Nachhaltigkeit. Kernideen: In den nächsten fünf Jahren sollen alle Zelte klimaneutral werden. Wenn möglich, sogar bis 2026, kündigen sie an. "Dafür werden die Wiesnwirte ihren Gesamt-CO2-Verbrauch ermitteln und Möglichkeiten ermitteln, CO2 zu reduzieren", teilen sie mit.

Oktoberfest 2023: Die Wiesnwirte wollen CO2 kompensieren

Um klimaneutral zu werden, reicht das natürlich nicht. Schon allein, wenn man den Energiebedarf der Wiesn betrachtet: Drei Millionen Kilowattstunden verbrauchte das Oktoberfest im vergangenen Jahr. Das waren zwar 1,5 Prozent weniger als bei der Wiesn 2019, aber auch dieser Strom – im Falle der Wiesn Ökostrom von den Stadtwerken, denn das komplette Festgelände wird damit versorgt - muss erzeugt werden.

Deshalb denken die Wiesnwirte auch über CO2-Kompentationsmöglichkeiten nach. So sollen Projekte, die Emissionen binden, finanziert werden, vorstellbar seien zum Beispiel Aufforstungsprojekte in der Region. "So soll in den nächsten Jahren sogar ein eigener Wiesn-Wald entstehen", schreiben die Wiesnwirte stolz. Wo dieser Wald entstehen soll und in welchem Zeitraum - das steht allerdings noch lange nicht fest.

Essen auf der Wiesn: fleischlastig und wenig bio

Ein zweiter großer Aspekt ist das Essen. Und das ist auf der Wiesn recht fleisch- und auch wenig biolastig. Das liege nicht zuletzt an der Nachfrage, rechnen die Wirte vor. In den großen Zelten mache die Nachfrage nach vegetarischen oder ökologisch erzeugten Lebensmitteln nur um die drei bis vier Prozent aus.

Lediglich Kufflers Weinzelt und das Käferzelt bildeten eine Ausnahme. Hier sei die Nachfrage höher – und auch das Angebot. Acht Gerichte, die vegetarisch der vegan sind, haben die beiden Zelte jeweils auf der Karte.

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Auch der Blick in die Statistik der vergangenen Wiesn zeigt, dass Fleisch aus konventioneller Tierhaltung weiter der Renner in den Zelten ist. 313.636 Brathendl wurden verspeist, davon waren lediglich 35.333 bio. 524.019 Bratwürste wurden bestellt, 43.750 davon bio.

Und von den 80.023 Schweinshaxen, die an den Biertischen verspeist wurden, waren lediglich 1972 in Bio-Qualität.

Trend: Kasspatzn auf der Wiesn bald beliebter als Schweinsbraten?

Aber: "Die Kasspatzn sind nach Beobachtung der Gastronomen dabei, dem Schweinsbraten den Rang abzulaufen", stellte die Stadt in ihrem Abschlussbericht für das Oktoberfest 2022 fest. Immerhin: 139.850 vegetarische und 51.575 vegane Gerichte wurden 2022 bestellt.

Die Wirte wollen das wohl ausbauen, denn sie versprechen: Künftig wird jedes Zelt mindestens ein veganes Gericht auf der Speisekarte anbieten. Und: "Der Anteil der vegetarischen Gerichte wird erhöht." Bei Bio sind die Wirte skeptischer. Da würde die Nachfrage entscheiden. Und die sei derzeit ja noch überschaubar. Außerdem sind die Wiesnwirte überzeugt, dass regional erzeugte Lebensmittel "ökologisch sinnvoller" seien.

Regional oder bio: Was ist klimaneutraler?

Wissenschaftlich ist diese Frage freilich nicht abschließend geklärt – und die Antwort hängt auch sehr stark von der Art des Lebensmittels ab. So hat die Organisation Foodwatch in einer Studie die Klimakosten von verschiedenen Lebensmitteln verglichen und in Bezug zu einer Autofahrt gesetzt. Ein Kilogramm konventionellen Weizens erzeugt demnach so viel CO2 wie eine 3,4 Kilometer lange Autofahrt mit einem BMW 118d. Bio-Weizen schneidet mit 1,5 Kilometern besser ab.

Aber: Bei Rindern schneidet das konventionell erzeugte Rindfleisch aus Ochsenhaltung (entspräche 69 Kilometern) besser ab als das Öko-Rind (113 Kilometer). Bei Milchkühen und beim Schweinefleisch landet laut Foodwatch aber wieder die Bio-Produktion bei einer besseren Klimabilanz.

Ausschließlich regionale und Bio-Lebensmittel auf der Wiesn?

Dass die Wirte ihre Klimainitiative gerade in dieser Woche vorgestellt haben, hat einen Hintergrund. An diesem Donnerstag treffen die Wirte mit verschiedenen Umweltorganisationen, Landwirten und Münchens Zweiter Bürgermeisterin Katrin Habenschaden zusammen. Darunter die Initiative "Faire Wiesn", die bereits im Jahr 2022 gefordert hatte, das Oktoberfest komplett auf regional und biologisch erzeugte Lebensmittel umzustellen.

Damals hatte es zwischen Wirten und Initiative ziemlich gekracht. Nun scheint man sich angenähert zu haben. „Wir sind ein gutes Stück weiter gekommen“, sagte Verena Schlegel vom Münchner Ernährungsrat, der Teil der Initiative ist. Auch Helmut Schmidt von der Münchner Initiative Nachhaltigkeit ist zufrieden. „Es gibt eine generelle Bereitschaft, dranzubleiben.“ Was die Wirte schon jetzt alles zum Thema Nachhaltigkeit tun, wollen sie der Initiative selbst zeigen: bei einem Wiesnrundgang im Herbst.

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  • Lackl am 23.06.2023 21:43 Uhr / Bewertung:

    Na ja, um ein Schweiners essen zu können brauchts halt schon Messer und Gabel. Da die jüngerer Generation sich ja doch eher über Fast- oder Fingerfood ernährt können halt viele garnimmer die Messer-Gabel-Technik. Das ist`s halt doch einfacher sich ein paar Kasspzen mit dem Löffel rein zu schieben,,,

  • Wolff am 23.06.2023 17:16 Uhr / Bewertung:

    EIn Tipp zur Klimaneutralität: Schafft die Wiesn einfach ab!

    Dann braucht sich auch gar nicht erst Gedanken über klimaneutrale Anreise der ganzen Sauftouristen machen...

  • Noredundgreen13 am 22.06.2023 19:21 Uhr / Bewertung:

    Dass immer mehr Kasspatzn als Schweinebraten gegessen wird, liegt vielleicht daran, dass Kasspatzen günstiger sind? Dann bleibt mehr Geld für die Mass übrig.

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