Massenproduktion für die Wiesn-Madl
Konditor Bernd Dostler stellt in seiner Firma rund eine Million Herzen für das Oktoberfest her. In diesem Jahr will er ein Rekordherz auf die Wiesn bringen.
Aschheim - Schatzi, Bärli, Hasi: Mit viel Kraft, aber auch viel Fingerfertigkeit setzt Hana Getachew mit ihrem Spritzbeutel im Sekundentakt einen Schriftzug nach dem anderen auf die Lebkuchenherzen. 600 Stück pro Tag verziert sie in der Lebküchnerei im oberbayerischen Aschheim mit dem Zuckerguss. Nur noch wenige Tage bleiben den rund 120 Angestellten in der Produktion bis zum Start des Oktoberfests, die Herstellung der begehrten Wiesn-Herzen läuft daher auf Hochtouren. Die Mitarbeiter arbeiten im Schichtbetrieb rund um die Uhr, die Backöfen stehen nicht mehr still.
Bis zu 40.000 Herzen werden in den Tagen vor dem Anzapfen durch Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) in der Firma Zuckersucht täglich produziert. In der Produktions- und Verpackungsabteilung stapeln sich Hunderte Bretter mit den Gebäckstücken. Etwa eine Million Herzen liefert sein Unternehmen auf das größte Volksfest der Welt, schätzt Geschäftsführer und Inhaber Bernd Dostler.
In diesem Jahr will er ein Rekordherz auf die Wiesn bringen. „Speziell fürs Oktoberfest produzieren wir das größte Herz der Welt“, sagt Dostler. 60 Zentimeter breit und 1,6 Kilogramm schwer ist es. Bei solchen Maßen passt auch ein längerer Schriftzug auf den Lebkuchen. Sprüche wie „Des ollergreste Herz da Welt, damit unsa Liab a immer hält“ sollen das Riesenherz zieren. Man bemühe sich um Abwechslung zu den Klassikern wie „I mog di“ oder „Ich liebe dich“.
Verletzungssorgen zur Oktoberfestzeit
Wer ein solches Exemplar mit nach Hause nehmen will, muss allerdings tief in die Tasche greifen. 50 Euro kostet das Souvenir. Dostler setzt beim Verkauf auf den Druck aus der Damenwelt. „Es gibt die Regel 'In München geht koa Madl ohne Herzal hoam'. Und die wollen natürlich immer das schönste und kriegen das dann meistens auch“, sagt er schmunzelnd. Deshalb sei das Herzengeschäft auch sehr krisensicher.
Zugleich verteidigt er die Preise der Gebäckstücke. Fast alles in der Produktion und in der Verpackung sei Handarbeit und vor allem die Verzierung erfordere oft monate- oder sogar jahrelange Übung, sagt Dostler. Eine Schule, die auch Hana Getachew durchlaufen musste. Bevor sie die Herzen mit kunstvoller Schrift verzieren durfte, musste sie sechs Monate üben. Bei der Akkordarbeit vor dem Oktoberfest blieben auch Probleme mit der Hand nicht aus, sagt sie.
Dostler bestätigt, das eine Sehnenscheidenentzündung durch das ständige Drücken des Spritzbeutels sei keine Seltenheit. Auch nach Beginn des Volksfestes geht die Belastung weiter, denn es wird fleißig weiterproduziert. Am ersten Wochenende entscheide sich, welche Motive am begehrtesten seien, sagt Dostler. „Danach werden vor allem Herzen mit diesen Trendsprüchen hergestellt.“
Etwa ein Viertel seines Jahresumsatzes macht Dostler mit der Wiesn. Rund 40 Prozent aller Oktoberfestherzen kämen von seiner Firma, sagt er. Alle großen Stände gehörten zu seinen Kunden, weil er der einzige Produzent aus Bayern sei und nur mit Zutaten aus dem Freistaat arbeite. Zudem liefere er keine Standardware, sondern Herzen mit typisch bayerischen Verzierungen wie Rauten, Krügen oder Edelweiß.
Keine bayerischen Sprüche auf der Wiesn
Dabei wollte er eigentlich nie Konditor werden, erzählt Dostler freimütig. Seine Eltern zwangen ihn, ihren Beruf zu lernen. Als er dann auf dem Oktoberfest eine Marktlücke entdeckte, begann seine Erfolgsgeschichte. „Es gab keine Herzen mit bayerischen Sprüchen“, sagt er. Vor zwölf Jahren gründete Dostler in München-Schwabing die Firma Zuckersucht. Bis er sich auf dem Oktoberfest durchgesetzt hatte, dauerte es zwar länger als er dachte, sagt Dostler. Nach einigen Jahren hatte er sich aber einen guten Namen erarbeitet. Vor vier Jahren folgte dann der Umzug nach Aschheim, weil „die alte Firma aus allen Nähten platzte“.
Und das nicht nur zum Oktoberfest: „Unser Hauptgeschäft machen wir eigentlich an Weihnachten“, sagt Dostler. Neben Lebkuchen stelle die Firma auch Schokolade oder Adventskalender vor allem für Werbezwecke her, indem Firmenlogos auf die Süßwaren gedruckt werden. Diesem Kerngeschäft kann sich Dostler aber angesichts der bevorstehenden Wiesenstarts wohl erst ab Oktober wieder widmen, wenn alle Wiesn-Madl eines seiner Herzen bekommen haben.