Bier & Busen: Was Ausländer auf die Wiesn lockt

Italiener sind auf der Wiesn auf ganz andere Dinge aus als etwa Briten. Und Japaner sind mitunter ängstlich. Münchner Stadtführer erzählen mit welchen Vorlieben internationale Touristen kommen.
Irene Kleber |
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Das Oktoberfest ist Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt.
dpa Das Oktoberfest ist Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt.

Italiener sind auf dem Oktoberfest auf ganz andere Dinge aus als etwa Briten oder Amerikaner. Und Japaner sind mitunter ängstlich. Hier erzählen Münchner Stadtführer, also echte Kenner, mit welchen Vorlieben internationale Touristen kommen.

München - Sie kommen aus der ganzen Welt, zum Feiern, Flirten und Fünfer-Looping-Fahren. Jeder fünfte der rund 6,4 Millionen Wiesn-Besucher jährlich reist aus dem Ausland an. Ganz vorn dabei: die Italiener, gefolgt von Amerikanern, Engländern, Australiern und Österreichern. Aber auch immer mehr Spanier, Franzosen und Japaner zieht’s aufs größte Volksfest der Welt.

Je mehr Spaß sie haben, desto mehr füllen die ausländischen Gäste die Kassen der Stadt: 85 Millionen Euro lassen sie jedes Jahr direkt im Bierzelt, in den Fahrgeschäften und Standln auf dem Oktoberfest. Die Extrakosten fürs Taxi, öffentliche Verkehrsmittel, Hotels und Essen noch nicht mitgerechnet.

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Der Maß-Preis von um die zehn Euro, den Münchner ganz schön happig finden, ist dabei für viele der Gäste beinahe ein Schnäppchen. Norweger zahlen für eine Wiesn-Maß weniger als für eine Halbe in ihrer Heimat. Für Schweizer ist quasi jedes dritte Bier umsonst, für Australier jedes vierte. Amis, Ösis, Briten und Spanier legen fürs Wiesnbier aber deutlich mehr hin als bei sich daheim. Was genau lockt sie her, die Gäste aus aller Welt? Wo sind ihre Lieblingsplätze? Und wie trinkfest sind sie? Wir haben fünf Münchner Gästeführer gefragt.

Italiener

Für zwei Dinge geben sie alles: „Bier und Busen!“ Sagt Italiener-Gästeführer Michael Borio. „Italiener verstehen sich als Jäger, für sie ist das Oktoberfest mit den Münchner Fräuleins das aufregendste Jagdrevier der Welt. Zuhause gilt nur der als cool, der mindestens ein Mal in München auf der Wiesn war.“

Drum kommen die jungen Kerle in großen Horden in Bussen über die Alpen. Dann steuern sie zielstrebig das Hofbräu- oder Schottenhamel-Zelt an und wanken da bierselig von einem Dirndl-Balkon zum nächsten: Abenteuer Amore! „Die finden das toll, entblößt die Sau rauszulassen, ohne, dass ihnen ihre Mamma zuschaut, und sich auch ästhetisch mal gehen zu lassen“, sagt Borio. „Darum stehen die auch so auf diese Touristen-Sepplhüte.“

Auch fürs Bier sitzt das Geld locker: Gemessen an den Bierpreisen in Firenze, Roma & Co können Italiener geradezu günstig im Münchner Festbier schwimmen. Der Schock, sich von den Fräuleins auch mal eine saubere Watschn einzufangen, lässt sie gleich noch tiefer in die Maßkrüge schauen.

„Am Ende müssen wir Führer sie dann einzeln wieder aufsammeln. Wenn der Bierleichen-Bus sie dann wieder heim über die Alpen fährt“, sagt Michael Borio, „sind das schon manchmal Bilder des Grauens“. Aber daheim gibt’s dann viel zu erzählen.

Australier

Die Gäste aus Down Under haben weniger die Münchner Mädels im Visier, als das gesellige Kräftemessen unter Männern. „Australier sind keine großen Anbandler. Die bleiben am liebsten im Rudel unter sich und haben Gaudi beim Wettkämpfen und Wetttrinken“, sagt Borio. „Wer stellt sich besser an am Toboggan? Wer schafft mehr Maßn, wer ext sein Bier schneller, wer kann seinen Arm samt Maß länger ausgestreckt halten?“

Für diese Männergaudi legen – gerade die jungen - Australier ihre Europe-Trips gern so, dass der München-Stopp in die Wiesnzeit fällt. Ihr Lieblingszelt? „Das Hofbräu, weil‘s da Stehbereiche gibt“, erzählt Gästeführer Peter Neißendorfer, „Aussies haben gern ein bissl Bewegungsfreiheit beim Feiern“.

„Neuerdings“, sagt er, „steht aber leider in immer mehr Guide-Books die Oide Wiesn als Geheimtipp, weshalb sich die australischen Wettkampftrinker auch dort immer mehr einfinden.“

Briten

Ähnlich die Besucher aus dem Vereinigten Königreich: Vornehm-britische Zurückhaltung legen sie vor den Toren der Wiesn ab und suchen vor allem eins: den direkten Weg ins nächste Bierzelt. Wo sie, weit weg von daheim, fröhlich mitsingen, mitprosten und bar aller Hemmungen ihr Innerstes nach außen kehren.

„Briten vertragen ja viel“, sagt Experte Neißendorfer. „Das geht aber nicht immer gut aus. Vor allem die britischen Mädels schlagen gern über die Stränge.“ Dass sich die Gäste von der Insel nebenbei den Rest von München anschauen – „kommt eher selten vor“.

Amerikaner

Ganz anders treten die Gäste aus Übersee auf. Sie staunen über bayerische Kultur und Tradition, die Wiesn bewegt – wenn überhaupt – nur am Rande. „Amerikanische Gäste sind im Durchschnitt älter. Viele sind früher in München als GIs stationiert gewesen und kommen wieder, um zu sehen, wie sich die Stadt verändert hat. Auf dem Oktoberfest ist es vielen einfach zu laut, zu voll und zu trubelig.“

Wenn überhaupt, zieht es die Amis auf die ruhige, Oide Wiesn. „Viele kommen mittags“, sagt Neißendorfer, „nach dem Besuch in der Gedenkstätte in Dachau. Bevor es abends laut wird, sind sie schon wieder im Hotel oder bei einer Abendöffnung in der Pinakothek.“

Franzosen

Bier statt Wein trinken? Mit Menschenmassen auf Bänken stehen? Mit wildfremden Leuten schunkeln? Ist den Gästen aus Frankreich „ziemlich suspekt“, sagt der Münchner Franzosen-Führer Yves Vatin-Perignon. „Franzosen kommen deshalb fast nur im Rahmen einer Kulturreise zur Wiesn und erwarten eine schreckliche Veranstaltung.“ Bis sie dann da sind! „Dann sind sie völlig überrascht, wie freundlich es zugeht, dass die Wiesn gar kein großes Schlägereifest ist.“

Dann lassen auch sie sich mitreißen von der Woge im Bierzelt, heben die Krüge und feiern. „Allerdings nur so viel, dass sie es pünktlich ins Bett schaffen. Weil’s am nächsten Tag ja weitergeht ins Deutsche Museum, in die BMW Welt oder ins Lenbachhaus.“

Spanier

Diese Geschäftsreisen lieben sie: „Viele der iberischen Wiesngäste kommen auf Einladung von Siemens, Bosch, BMW oder MAN zur Wiesn und kombinieren den Besuch mit einer Werksbesichtigung“, erzählt Spanier-Führerin Ursula Franz. „Spanier sind hingerissen von der ausgelassenen Stimmung in den Bierzelten und sind auch das Trinken gewöhnt. Aber sie können sich gut kontrollieren, essen ordentlich vor der ersten Maß und kommen in lustigem aber manierlichem Zustand ins Hotel zurück.“

Japaner

„Sie vertragen kein Bier, und sie mögen keine unübersichtlichen Menschenmassen, in denen sie ihre Gruppe verlieren könnten“, sagt Japaner-Führerin Mihoko Rautenberg. Weshalb Japaner die Wiesn eher mit Vorsicht genießen. „Sie trinken höchstens eine Maß, schon deshalb, weil sie Rücksicht auf ihre Mitreisenden nehmen und sich schämen würden, wenn sie sich daneben benehmen, verlaufen oder sich nicht mehr zurechtfinden würden.“

Auch wilde Fahrgeschäfte locken Japaner eher weniger. Ihr Highlight: das Riesenrad. Von da oben bringt man schließlich die besten Wiesn-Fotos mit nach Hause.

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