Nockherberg: Was geschah, als die Kameras aus waren
München - Auf einmal hat er seine Laune wiedergefunden: „Eine Sternstunde? Das wäre unterbelichtet. Mir fehlt der Superlativ!“ Horst Seehofer gibt sich begeistert – und das kaum eine Stunde nach dem Fernsehinterview, in dem er bloß gemeint hat: „Passt scho.“
Seehofer, der Launische. Ist er während und nach der Rede Luise Kinsehers als Bavaria am Mittwochabend auf dem Nockherberg noch sichtlich grantig, kann er nach dem Singspiel schon wieder grinsen. Das geht nicht allen in seiner Partei so. In der CSU ist man teils nicht recht glücklich. Denn bei der Rede und im Singspiel kommt die Partei nicht gut weg.
Dass das Ganze aber erstmal großartig war – künstlerisch, musikalisch und so – das sagen alle. Dass man heuer aber doch empfindlicher auf das Derblecken reagiert, zeigen schon die Stummen, etwa Marcel Huber. Der Chef der Staatskanzlei sitzt während des Interviewtrubels mit verschränkten Armen an seinem Platz, schaut ein bisserl gequält und meint bald, dass er es jetzt dann packt.
Daran denkt Barbara Stamm nicht. Die Landtagspräsidentin von der CSU wird deutlich. „Ich bin entsetzt und verletzt“, sagt sie. „Das ist natürlich Kabarett, das muss überspitzen – aber das ist nicht Bayern.“ Die Rede der Mama Bavaria findet Stamm gar „frauenfeindlich“. Sie droht deshalb damit, den Nockherberg im kommenden Jahr zu boykottieren.
Das will Markus Söder nicht, aber auch er ist grantig. Ihn hat es heuer oft getroffen. Sonst mag er das, heuer ist er dünnhäutig. „Witze über Krankheiten zu machen, das geht nicht!“, raunzt er Kinseher im Vorbeigehen zu. Die hatte ihm in ihrer Rede eine „moralische Legasthenie“ attestiert.
Söder, der sonst selbst nicht so zimperlich ist, gibt sich an diesem Abend betont korrekt. Der Kinseherin verdirbt er die Laune damit nicht, sie wird von ihrem Partner Friedrich Ani getröstet: „Wenn die sich ärgern, hast du alles richtig gemacht.“
Und selbst beim Ausrichter Paulaner bleibt man gelassen: „Die ärgern sich noch bis übermorgen – und nächstes Jahr wollen dann doch alle wieder eine Einladung“, glaubt Brauerei-Chef Andreas Steinfatt. Er beruhigt auch Luise Kinseher mit einer Quasi-Zusage: „Du warst klasse. Ich Freude mich schon aufs nächste Jahr mit dir.“
Durchsetzen will sich der Grant eh nicht, auch nicht bei der CSU. Zu den letzten Gästen gehören Innenminister Joachim Herrmann und Ilse Aigner. Sie genießt den Abend am Tisch der schauspielernden Brückner-Brüder, und als nach einem Spontanauftritt der Goaßlschnoiza aus dem Singspiel einer der Trachtler zu ihr kommt, den Arm um sie legt und auf sie einredet – da lässt sie es auch geschehen.
Schauspielerin Brigitte Hobmeier schnappt sich einen anderen Goaßlschnoiza und lässt sich das Schnalzen mit der Peitsche zeigen. Und Singspiel-Autor Thomas Lienenlüke freut sich Tränen in die Augen. Dreißig Versionen hat er von dem Stück geschrieben, mordsaufgeregt war er im Vorfeld – jetzt fällt die Anspannung ab und er lässt sich von Kabarettist Christian Springer loben und lange in den Arm nehmen.
In der Nähe sitzt Christian Ude. Der Ex-OB ist ein wenig durch den Saal getigert, nachdem die Genossen der Landtags-SPD recht früh gegangen waren. Jetzt sitzt er bei seinem früheren Double Uli Bauer und ratscht entspannt.
Kurz kommt das Gerücht auf, das Team um Marcus Rosenmüller höre jetzt auf am Nockherberg. Gerd Baumann, Komponist der Singspiel-Musik, sagt aber, da gebe es keinen Plan: „Jetzt sind wir erstmal alle platt nach den anstrengenden Tagen.“ Man setze sich in ein paar Wochen mit dem ganzen Team zusammen und überlege, wie es nächstes Jahr in den Plan passe.
Als der Saal dichtgemacht wird, verlegt sich die Party ins Eiswerk der Paulaner-Brauerei. Dort feiern die Nockherberg-Macher mit Promis und Gästen bis halb sieben in der Früh. Und das gewohnt ausgelassen. Die Nockherberg-Band spielt noch einmal die Stücke aus dem Singspiel nach. Diesmal teils mit der Original-Wirtschaftsministerin am Mikrofon. Nach dem Ausschlafen wird Singspiel-Komponist Gerd Baumann anerkennend sagen: „Die Ilse Aigner hat fantastisch gesungen.“