Nach 12 Jahren: Münchner FDP-Stadtrat Michael Mattar hört auf
München - Pragmatisch, wenig ideologisch und auf die Vernunft setzend: Was FDP-Fraktionschef Michael Mattar (66) über seinen Nachfolger Jörg Hoffmann sagt, trifft durchaus auch auf ihn selbst zu. Im Stadtrat blieb er bei Debatten in der hitzigsten Phase des Wahlkampfes streitschlichtend und sachlich.
Gründlichste Vorbereitung auf die Sitzungen war bei Mattar schon immer eine Selbstverständlichkeit. "40 Stunden pro Woche kommen da schon zusammen", sagt er. Was ihm definitiv für das Verständnis helfe, sei seine langjährige Erfahrung. Zwölf Jahre lang war Mattar im Stadtrat, von Anfang an Fraktionschef.
Mattar: "Der Stil im Stadtrat ist anders geworden"
Jetzt will er sich von diesem Amt verabschieden. Nur pro forma tritt er auf Listenplatz elf der FDP-Liste an. Mattar sagt: "Wir haben neben Jörg Hoffmann als OB-Kandidat auch viele junge Bewerberinnen, denen ich die Chance geben möchte." Er meint damit unter anderem Dagmar Föst-Reich (Listenplatz 4) und Jennifer Kaiser-Steiner (Listenplatz 5).
Nach zwölf Jahren im Stadtrat analysiert Mattar nun: "Der Stil im Stadtrat ist anders geworden." Was er damit meint: "Man weiß nicht mehr, wie Abstimmungen ausgehen – die SPD ist häufiger auf der Seite von Grünen und Linken, statt auf der ihres Bündnispartners, der CSU." Vor allem sei das auch bei dem entscheidenden Thema der Wahl der Fall: beim Verkehr. Hier findet Mattar: "Der Fokus wird zu stark auf das Rad gelegt. Unsere größten Verkehrsprobleme in der Stadt kommen durch die Versäumnisse im ÖPNV-Ausbau."
Die Stadt soll Erbbaurecht und Mietkauf kombinieren
Auch mit den wohnungspolitischen Schwerpunkten rechnet Mattar ab. Denn Ankäufe in Erhaltungssatzungsgebieten, mit denen OB Dieter Reiter und seine SPD gerne werben, sieht er nicht als den richtigen Weg im Kampf gegen die Wohnungsnot an. "Ankäufe können im Ausnahmefall richtig sein. Aber wie in den letzten 20 Monaten dafür rund 400 Millionen Euro auszugeben, ist eine reine Steuergeldverschwendung", schimpft Mattar.
Er fordert stattdessen: Die Stadt soll Erbbaurecht und Mietkauf kombinieren. "Vor allem für Familien mittleren Einkommens eine gute Chance, zu Eigentum zu kommen", findet Mattar.
Doch auch Mehrverdiener sollten seiner Meinung nach nicht aus der Stadt vertrieben werden – im Gegenteil. "Große Unternehmen mit gutbezahlten Jobs wie Google und Amazon sind wichtig für München als Wirtschaftsstandort", findet der FDPler. Sein Rat: Die Mitarbeiter solle man lieber nicht in Bestandsgebiete drängen, sondern lieber in Luxuswohnungen unterbringen. Mattar: "Warum nicht an der Paketposthalle, in den 155-Meter Türmen?"
Mattar: "In spätestens zwei Jahren wird es ein Sparprogramm geben"
Während seines Blickes in die Zukunft bereitet Mattar noch ein ganz anderes Thema Sorgen: die städtischen Finanzen. Bis 2023 wird die Stadt zirka 4,3 Milliarden Euro Schulden haben. Mattar prognostiziert: "In spätestens zwei Jahren wird es ein Sparprogramm geben." Denn all die großen geplanten Investitionen, etwa im U-Bahn-Bau, seien im aktuellen Haushalt noch gar nicht abgebildet.
Selbst wenn Mattar nicht mehr im Stadtrat sein wird, will er sich trotzdem nicht ganz zurückziehen, sondern seinen FDP-Kollegen mit seiner Erfahrung zur Seite stehen. Doch bevor er das tut, will er erst einmal ausgiebig reisen: etwa durch Südamerika – sein Lebensgefährte ist Kubaner. Nur eins könnte den Reiseträumen im Weg stehen.
Mattar: "Sollte ich doch noch bei der Wahl nach vorne gehäufelt werden, trete ich das Amt natürlich an – aber nicht mehr für die kompletten sechs Jahre."
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