Machtwort vom Münchner Bürgermeister: Überraschende Wende im Streit ums Bierverbot im Univiertel

Da schau her: OB Dieter Reiter (SPD) weilt im Urlaub, der Stadtrat befindet sich zu großen Teilen in den Sommerferien – und Münchens grüner Bürgermeister Dominik Krause haut auf den Tisch: "Das Bier-Verkaufsverbot ab 22 Uhr im Uni-Viertel wird bis auf Weiteres außer Vollzug gesetzt", lässt Krause am Dienstag um kurz vor 17 Uhr das Presseamt des Rathauses melden.
Das Wegbier-Verkaufsverbot des grün geführten Kreisverwaltungsreferats galt seit letztem Wochenende für fünf Späti-Kioske und eine Gaststätte (AZ berichtete). Das Ziel sei nun, "eine gute Lösung finden zu können, die die Interessen von Anwohner*innen wahrt und gleichzeitig Freiräume für junge Menschen erhält".
Bei den Kiosk-Betreibern rund um die Schellingstraße stieß die Entscheidung auf großen Jubel. "Das ist die beste Nachricht seit zwei Wochen, ich habe in den letzten Tagen nur Anwälte angerufen, Petitionen gestartet und die ganze Zeit gekämpft", sagt einer der betroffenen Späti-Betreiber, Nechirvan Albezihi, "ich werde heute wie ein Baby schlafen!"
Verbot außer Vollzug gesetzt
Krause lässt mitteilen: "Ich habe heute das KVR angewiesen, das Bier-Verkaufsverbot ab 22 Uhr für die fünf Kioske im Uni-Viertel außer Vollzug zu setzen. Junge Menschen brauchen in unserer Stadt Räume, wo sie sich aufhalten und feiern können, das gilt insbesondere für das Uni-Viertel. Junge Menschen sind besonders häufig von Armut betroffen, viele können sich Kneipen und Bars schlicht nicht leisten. Günstige Alternativen wie Kioske sind deshalb wichtig, um Gemeinschaft unabhängig vom Geldbeutel zu ermöglichen."
Faktisch bedeute das, dass "ab kommendem Freitag wieder nach 22 Uhr Flaschenbier bei den Kiosken gekauft werden kann". Auch das Verbot zum Verkauf von To-go-Alkohol ab 22 Uhr für die konzessionierte Gaststätte wird ab dann vorerst "außer Vollzug gesetzt“ – gemeint ist der Supermarkt-Kiosk Bites and Delights.
Allparteiliches Konfliktmanagement soll helfen
Gleichzeitig gelte, dass die Interessen der Anwohner "vollkommen berechtigt" seien. Krause: "Es ist inakzeptabel, wenn Bürgersteige mit Glasscherben übersät sind und Hinterhöfe und Hauseingänge als Toiletten missbraucht werden. Um dies zu verhindern, habe ich das Baureferat gebeten, die Straßenreinigung häufiger in den betroffenen Straßenzügen einzusetzen."
Aber auch die Kiosk-Betreiber stünden in der Pflicht, für Ruhe zu sorgen, "auch im weiteren Umgriff ihrer Kioske, etwa durch den Einsatz von Silencern", so Krause. Er habe auch das Sozialreferat gebeten, das Allparteiliche Konfliktmanagement (Akim) und die Moderation der Nacht (Mona) verstärkt im Uni-Viertel einzusetzen, um erneut zu versuchen, die Konflikte zu lösen.
Sollte sich allerdings "in den kommenden Wochen erweisen, dass die nächtlichen Belästigungen anhalten, werden wir das Bier-Verkaufsverbot für Kioske ab 22 Uhr wieder vollziehen müssen", so Krause.
CSU-OB-Kandidat reagiert kopfschüttelnd
Mit dem OB abgesprochen habe Krause seine Entscheidung nicht, teilt sein Sprecher auf AZ-Nachfrage mit, denn dieser sei "im Urlaub". Der CSU-OB-Kandidat Clemens Baumgärtner reagierte kopfschüttelnd auf die Krause-Entscheidung:
"Chaos bei den Grünen", sagte er auf AZ-Nachfrage. "Entweder ist das Verkaufsverbot des grün geführten KVR rechtmäßig ergangen, dann kann man es nicht per Handstreich aufheben. Oder es war nicht rechtmäßig." Für die Feiernden freue ihn die neue Entwicklung. "Für die Anwohner, die jetzt weiter Lärm haben, tut es mir leid."