Kippen die Karlsruher Richter das Urteil gegen Benedikt Toth?

München – Wir kämpfen weiter“, sagt Peter Witting – und wirkt dabei reichlich geknickt. Seit Jahren setzt sich der Münchner Strafverteidiger für ein Wiederaufnahmeverfahren im Mordfall Charlotte Böhringer ein. Vor Kurzem bestätigte das Oberlandesgericht München die Entscheidung des Landgerichts Augsburg, kein neues Verfahren zuzulassen. Doch Peter Witting gibt sich nicht geschlagen: Er wird Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen.
Die reiche Parkhaus-Erbin Charlotte Böhringer († 59) war im Mai 2006 erschlagen in ihrem Penthouse gefunden worden. Im August 2008 verurteilte das Landgericht München I ihren Neffen Benedikt Toth wegen Mordes in einem umstrittenen Indizienprozess zu lebenslanger Haft und stellte zudem eine besondere Schwere der Schuld fest.
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Benedikt Toth bestreitet bis heute, seine Tante umgebracht zu haben. Auch seine Familie glaubt an die Unschuld des 40-Jährigen – und hat eine Belohnung von 250 000 Euro für Hinweise auf „den wahren Täter“ ausgesetzt.
Im Oktober 2012 reichte Toths Anwalt Peter Witting seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ein und forderte eine sofortige Haftunterbrechung. Darüber zu entscheiden hatte das Landgericht Augsburg.
Die Akten wanderten also in die Fuggerstadt. „Allerdings zusammen mit einer ausführlichen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft München I, die nach dem Gesetz als ursprüngliche Anklagebehörde von einer Mitwirkung im Wiederaufnahmeverfahren aus gutem Grund gerade ausgeschlossen wäre“, kritisiert Witting.
Die Ehefrau des Oberstaatsanwalts musste entscheiden
Die Behörde, die seit 2009 von Oberstaatsanwalt Manfred Nötzel geleitet wird, kommt in ihren Ausführungen zu dem Schluss, es liege kein Grund vor, den Fall noch einmal aufzurollen. Eine Einschätzung, der sich die Augsburger Richter Ende 2014 anschlossen.
Peter Witting legte Beschwerde ein – über die ausgerechnet der 3. Strafsenat am Münchner Oberlandesgericht zu entscheiden hatte, dessen Vorsitzende die Richterin Margarete Nötzel ist: die Ehefrau des gleichnamigen Oberstaatsanwalts.
Wieder wehrte sich der streitbare Jurist, stellte einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende und forderte, einen anderen Strafsenat mit der Entscheidung zu beauftragen oder das Verfahren gleich einem anderen Oberlandesgericht zu übertragen. Doch auch dieser Antrag wurde zurückgewiesen. Für den Verdacht der Befangenheit müssten „besondere gewichtige Gründe über das Bestehen der Ehe mit dem Behördenleiter der ermittlungsführenden Staatsanwaltschaft hinaus“ vorliegen, heißt es in der Begründung.
Witting ist immer noch fassungslos. Eine Ehefrau, die über Inhalte richtet, die ihren Mann betreffen, soll nicht befangen sein? „Diesen Punkt werden wir selbstverständlich in unserer Verfassungsbeschwerde aufgreifen“, kündigt der Rechtsanwalt an.
Was der Anwalt von Toth alles rügen will
Außerdem kritisiert er, dass über das Wiederaufnahmeverfahren rein nach Aktenlage entschieden wurde und die Zeugen, die er in seinem Antrag nennt, nicht angehört wurden. „Auch das werden wir rügen.“ Neben einigen anderen Punkten.
Die Argumentation der Gegenseite sei „durchgängig nach dem Motto gestrickt: ,Was nicht sein darf, das nicht sein kann’“, sagt Peter Witting. Ein Umstand, den er einfach nicht hinnehmen will.
Das Bundesverfassungsgericht ist seine letzte Chance.