Karstadt-Aus: "Alle waren da, nur der Münchner Oberbürgermeister nicht"

"Kein Engagement, kein Wort des Bedauerns": Verdi und Betriebsrat werfen Dieter Reiter (SPD) Desinteresse vor für die 250 Mitarbeiter, die ihre Arbeit verlieren. Der OB schießt zurück.
Nina Job
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Eine Frau betritt eine Karstadt-Filiale.
Eine Frau betritt eine Karstadt-Filiale. © Peter Kneffel/dpa

München - Eine Woche und einen Tag ist es her, dass die Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) zwischen Stachus und Hauptbahnhof erfahren haben, dass ihre Filiale schließen soll. Immobilienmilliardär René Benko und seine Signa wollen den Standort ersatzlos streichen.

Andere Stadtchefs haben Schließung abwenden können

Zu dem geplanten Umzug in das denkmalgeschützte Hermann-Tietz-Haus (früher Hertie) am Hauptbahnhof soll es nicht mehr kommen. Signa will das Gebäude, das derzeit saniert wird, offenbar anders nutzen.

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Insgesamt 250 Mitarbeiter – davon mindestens 70 Prozent Frauen, die in Teilzeit arbeiten – werden sich eine neue Arbeit suchen müssen. Auffallend: Während in anderen Städten, in denen ebenfalls Filialen auf der Streichliste stehen, Bürgermeister für den Erhalt kämpfen - und in zwei bayerischen Städten bereits Erfolg hatten - bleibt die Münchner Stadtspitze sehr zurückhaltend. "Andere setzen sich ein, München macht gar nichts", kritisiert Betriebsratschef Eduard Wölbitsch (60). "Von unserem Oberbürgermeister kommt kein Bedauern, kein gar nichts", sagt er.

Wölbitsch: "Alle waren da, nur der Münchner Oberbürgermeister nicht"

Besonders geärgert hat er sich über OB Dieter Reiter (SPD) am vergangenen Freitag: Da hatte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu einer Videokonferenz geladen, bei der es um die Zukunftschancen für die acht bayerischen Kaufhäuser auf der Streichliste ging: die Filialen am Hauptbahnhof in München, in Coburg, in Nürnberg-Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Regensburg-Neupfarrplatz, Rosenheim, Schweinfurt und Kempten. Teilnehmer waren Galeria-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, Galeria-Chef Miguel Müllenbach, Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte.

Zudem waren alle Bürgermeister eingeladen. "Alle waren da, nur der Münchner Oberbürgermeister nicht", sagt Eduard Wölbitsch. Hubert Thiermeyer von Verdi ergänzt: "Alle haben über ihre Anstrengungen berichtet – nur für München: völlige Leerstelle! Wir waren entsetzt."

Reiter wehrt sich: "Es geht mir ausschließlich um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter"

Dieter Reiter hatte sich durch Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) vertreten lassen. Dieser habe in der Konferenz mitgeteilt, dass er derzeit nichts sagen könne. "Alle setzen sich ein, nur München macht gar nichts", schimpft Betriebsrat Wölbitsch.

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Auf AZ-Anfrage zu der Kritik und warum er nicht teilgenommen hatte, reagierte Dieter Reiter am Montag scharf. "Im Gegensatz zur weder qualifizierten noch irgendwie sachlich zutreffenden Wortmeldung von Herrn Wölbitsch und Verdi geht es mir ausschließlich um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Galeria Kaufhof", teilte er mit. Er habe sich schon bei früheren Schließungsentscheidungen, die getroffen wurden, "in mehreren Gesprächen bei mir im Büro ganz persönlich für Verlängerung von Arbeitsverhältnissen und vernünftige Sozialpläne eingesetzt".

Gibt es noch eine kleine Hoffnung für die Filiale am Hauptbahnhof?

Über seine Terminplanung werde er auch künftig selber entscheiden. Im Übrigen habe für Verdi ja auch nicht der Bundesvorsitzende teilgenommen. Wie das Wirtschaftsministerium der AZ am Montag auf Anfrage mitteilte, scheint es noch eine kleine Hoffnung zu geben für die Filiale am Hauptbahnhof. Ein Ministeriumssprecher: "Seitens der Vertreter von Galeria wurde gesagt, dass noch weitere Gespräche mit Signa als Eigentümer der Filiale am Hauptbahnhof stattfinden, so dass zumindest derzeit die Schließung noch nicht endgültig festzustehen scheint."

Verdi-Mann Thiermeyer: "Wir fordern den Oberbürgermeister dringend dazu auf, sich für den Standort in München stark zu machen. Das hat dieses Traditionshaus verdient!"

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19 Kommentare
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  • Kritischer Beobachter am 21.03.2023 16:00 Uhr / Bewertung:

    Reiter hat völlig richtig gehandelt. Was sollen Gespräche mit den Abgesandten eines Immobilienspekulanten, der nie eine Kaufhauskette führen wollte. Auch das Kuschelgebaren von Verdi ist eher empörend. Warum streiken die Mitarbeiter nicht, das würde Benko jeden Tag viel Geld kosten. So darf er darauf spekulieren, dass er für die gnädige Verlängerung der Schließung um ein paar Monate wieder viel Steuergelder abgreifen kann. Im Übrigen: Jeder der 250 Mitarbeiter/innen wird umgehend einen besser bezahlten Job am überhitzten Münchner Arbeitsmarkt finden.

  • SL am 22.03.2023 07:53 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Kritischer Beobachter

    "Jeder der 250 Mitarbeiter wird umgehend einen besser bezahlten Job auf dem überhitzten Münchner Arbeitsmarkt finden". Na da schaun wir mal oder glauben Sie diese kommen alle im ÖD unter?

  • AllesBesser am 21.03.2023 13:57 Uhr / Bewertung:

    Es tut mir wirklich leid um jeden Arbeitsplatz, der da verloren geht. Aber das ist ist eine Stadt mit 1,6 Mio. Menschen. Wenn davon 250 Arbeitsplätze verloren gehen, ist das sehr bedauerlich, erfordert aber eben nicht die Anwesenheit des Bürgermeisters. Für die anderen genannten Orte haben die Kaufhäuser eine viel höhere Bedeutung. Sowohl bezogen auf das Wirtschaftsleben der Regionen, wie auch auf die Arbeitsmarktsituation. Da ist es klar, dass sich die Bürgermeister deutlich mehr reinhängen.

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