"Habe nicht mehr damit gerechnet" – 30 Jahre später steht sein Christbaum am Marienplatz
Mit einem Rascheln plustern sich die Äste auf, als die Männer die Plastikschnüre durchschneiden, die sie dicht an den Stamm gepresst haben. Hier am Marienplatz darf die 24 Meter hohe Fichte in den kommenden Wochen ihre volle Pracht zeigen.
Vor 30 Jahren schrieb der Tiroler Almwirt Andreas Hörhager (49) an die Stadt München, weil er ihr einen Baum zur Weihnachtszeit stiften wollte (AZ berichtete). "Ich hab nicht mehr damit gerechnet", sagt er am Donnerstag beim Aufbau, bei dem er selbst mit anpackt.
Neuer Christbaum schmückt den Marienplatz
Um 3 Uhr nachts machte sich der Tieflader auf den 110 Kilometer langen Weg von Ellmau nach München, beladen mit der laut Hörhager 4,8 Tonnen schweren Fichte. Als er in der Innenstadt einrollt, ist es über München noch dunkel.

Straßenlaternen und zwei Scheinwerfer am Frachter beleuchten den Platz. Um Punkt sechs Uhr fährt die Berufsfeuerwehr vor – es kann losgehen. Nachdem die Fichte von allen Schnüren und Halterungen befreit ist, liegt ihr Glück in den Händen des Kranführers.
Sanft zieht er den Baum hoch, bis er senkrecht in der Luft hängt. In Millimeterarbeit tastet sich der Mann im Führerhäuschen vor.

Auch einige Passanten schauen zu. Einer von ihnen ist Lothar Metzger: "Ich wohne schon 50 Jahre hier. Aber das Christbaumaufstellen hab ich noch nie gesehen", sagt er und blickt mit einem Lächeln hinauf.
Für einen weiteren Besucher ist es heuer das erste Mal: Christian Scharpf (SPD) hat gerade seine erste Wiesn als Wirtschaftsreferent hinter sich gebracht. Die Christbaumaufstellung sei "ein untrügliches Zeichen dafür, dass bald die Weihnachtszeit beginnt", sagt er und schaut ebenfalls gebannt nach oben.

Leicht schwankend erreicht der Koloss das Loch im Boden. Mitarbeiter des Baureferats haben zuvor eine Bodenplatte entfernt. Die Fichte wird auf Anweisung des Baumstifters noch einmal auf ihre Schokoladenseite gedreht, dann verschwindet sie in der Vertiefung. Andreas Hörhager ist erleichtert: "Ich bin froh, dass er steht."

Ein bisserl karger wirkt der Baum im Vergleich zu seinem Vorgänger, doch die Fichte ist auch kein junger Hüpfer mehr: Ihr Stifter zählte 87 Jahresringe an ihrem Stamm. Damit wäre sie fast doppelt so alt wie der Christbaum von 2024.
Genug Zweige fallen bei der Aufstellung trotzdem zu Boden, sodass sich einige Münchner ein paar mitnehmen können – kleine Andenken an den Riesen, der nun stolz vor dem Rathaus steht.
Erleuchtet wird er am Montag, den 24. November um 17 Uhr zur Eröffnung des Christkindlmarkts.
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