Grüne fordern: Lasst Frauen oben ohne in Münchens Schwimmbädern baden
München - Was ist ein Busen am Körper einer Frau? Ein Geschlechtsorgan, das eine Frau unbedingt bedecken sollte? Oder ein Körperteil, wie ein Fuß oder ein Arm, bei dem es nichts gibt, für das man sich schämen sollte?
Clara Nitsche ist die neue stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen
Diese Frage sollte jede Frau für sich selbst beantworten, findet Clara Nitsche. Die 25-Jährige ist seit Kurzem die neue stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Münchner Stadtrat und bezeichnet sich selbst als Feministin. Als solche hält sie es für ungerecht, dass für Frauen andere Regeln als für Männer gelten - zumindest, was die Badekleidung betrifft. Wenn es eine Frau möchte, sollte sie (so wie ein Mann auch) ihre Brust beim Baden zeigen dürfen, fordert Nitsche. An der Isar, am See - aber eben auch im Schwimmbad.

Freibäder in München: Was ist "geeignete Badekleidung”?
Die Baderegeln in den Münchner Freibädern sind nämlich nicht eindeutig: Momentan heißt es in dem Regelwerk, dass der "Aufenthalt im Nassbereich" nur in "geeigneter Badekleidung” gestattet sei. So steht dort außerdem: Die Entscheidung, ob sich die Badekleidung eignet oder nicht, obliegt dem Personal.
Clara Nitsche will, dass dieser Passus geändert wird. Nicht der Bademeister sollte entscheiden, ob es in Ordnung ist, wenn eine Frau das Bikini-Oberteil weglässt - sondern die Frau selbst. "Grundsätzlich sollte eine Frau die gleichen Rechte haben wie Männer", sagt Nitsche. Und die dürfen ihre Brust schließlich auch im Schwimmbad zeigen, ohne erst mit dem Bademeister zu diskutieren. Nur die primären Geschlechtsorgane sollten beim Baden bedeckt werden müssen, findet die Stadträtin.
Göttingen: Oben-ohne-Bad am Wochenende erlaubt
Auch in anderen Städten gibt es gerade die Diskussion, wie viel Stoff beim Baden getragen werden sollte. In Göttingen dürfen alle Menschen seit diesem Jahr zumindest an den Wochenenden oberkörperfrei baden. Es handelt sich um einen Test, begrenzt bis August. Erkämpft hat das ein feministisches Bündnis mit dem Namen "Gleiche Brust für alle". Auch eine Petition haben die Aktivisten gestartet, um zu erwirken, dass die Kleiderordnungen bundesweit geändert werden. Überall dort, wo Männer ihren Oberkörper zeigen, sollten Frauen das auch dürfen, fordern sie. Zum Beispiel auf Baustellen, in Parks oder auf der Straße. Schließlich sei das Erste, was die meisten Kinder sehen, eine Brust. "Wie kann es dann sein, dass diese in der Öffentlichkeit als nicht-jugendfrei, als per se sexualisiert wahrgenommen wird?", fragen die Aktivsten.
Nitsche fordert Reform der Baderegeln
Auch Clara Nitsche geht die Wochenend-Regelung in Göttingen allerdings nicht weit genug: "Es ist eine Frage der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Und die nur an ein paar Tagen zu ermöglichen, finde ich seltsam", sagt Nitsche. Sie fordert deshalb eine grundsätzliche Reform der Baderegeln. Denn auch Nitsche ist davon überzeugt, dass Frauenbrüste nicht sexualisiert werden sollten.
Grüne und ÖDP wollten eine Reform der Baderegeln schon vor drei Jahren durchsetzen. Auslöser war damals, dass eine Frau an der Isar von einem privaten Sicherheitsdienst zum Anlegen ihres Bikini-Oberteils aufgefordert wurde. Schon damals hielten es die Grünen auch in Schwimmbädern für willkürlich, wenn der Bademeister die Macht hat, zu entscheiden, welche Kleidung angemessen ist. SPD, CSU und FDP sahen damals jedoch keinen Bedarf, etwas zu ändern. Denn Beschwerden gab es - zumindest damals - kaum.
An der Isar gibt es keine Oben-ohne-Kontrollen mehr
Diese AZ-Geschichte schlug vor drei Jahren Wellen: Fünf stämmige Männer mit rotem Shirt und dem Aufdruck "Sicherheitsdienst", hatten an einem sonnigen Juni-Freitagnachmittag an der Isar zwischen Reichenbach- und Wittelsbacherbrücke Frauen angesprochen, die ohne Bikini-Oberteil sonnenbadeten. Man sei von der Stadt beauftragt worden und fordere die Frauen auf, sich zu bedecken, hieß es. Die Männer gehörten einem privaten Sicherheitsdienst an, der für die Stadt unterwegs war.
Das führte zu großem Protest, der heutige Grünen-Fraktionschef Dominik Krause etwa schimpfte in der AZ: "Das Vorgehen des Sicherheitsdienstes ist ein Angriff auf die so häufig von allen beschworene Liberalität und Weltoffenheit der bayerischen Landeshauptstadt." Selbst CSU-Mann Manuel Pretzl, damals noch Zweiter Bürgermeister, sprach von einem "beklemmenden Gefühl", das solche Kontrollgeschichten bei ihm hinterließen.
Der Stadtrat sorgte schließlich für Klarheit: "Oben ohne zu baden und Sonnenbaden ist an der Isar offiziell erlaubt", heißt es heute ausdrücklich aus der Stadtverwaltung.

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