"Geradezu ein Schnäppchen": Neue Superschule in München kostete 90 Millionen Euro
München - So viel Bildung auf einem Haufen hat die Stadt – vielleicht auch Bayern – selten gesehen. Grundschule, Tagesheim, Mittagsbetreuung, Haus für Kinder, Volkshochschule, Musikübungsräume, Städtische Sing- und Musikschule – und dazu die Städtische Schule der Phantasie – auf einer Fläche von fast 9.000 Quadratmetern.
Der Campus Aidenbachstraße ist schon seit Anfang des Jahres in Betrieb. Und es muss zeitlich ziemlich knapp gewesen sein. Als die Chefin des Gebäudekomplexes, Schulleiterin Monika Engelmayer, am Dienstagvormittag zur Einweihungsfeier die Bühne betrat, erzählte sie von einer Besichtigung im Sommer. "Als ich Ende August hier gewesen bin, war noch totale Baustelle", erinnert sie sich, "es war kaum zu glauben, dass wir zum 12. September einziehen."
Die Grundschule Zielstattstraße platzte aus allen Nähten und zog in die Aidenbachstraße
Dabei hatte Engelmayer gar keine Alternative. Sie ist eigentlich die Schuldirektorin der Grundschule Zielstattstraße, die inzwischen rückgebaut, abgerissen und jahrelang neugebaut wird. Dort war zum Schuljahresende 2022-2023 Schluss, die Schule platzte aus allen Nähten. Das zauberhafte Gebäude samt Kita mitten im Grünen, nahe dem Südpark, war vor fast 60 Jahren für je zwei erste Klassen aufgebaut worden. Zum Schulbeginn 2022 waren es fünf erste Klassen.
Die in München und Erlangen beheimateten Architekten Dittrich - Jakobs - Brennauer haben stattdessen an der Aidenbachstraße einen gelungenen Schulkomplex auferstehen lassen. Von außen erinnert er mit Blick von der Kreuzung an ein fünfstöckiges Schiff. Das Dach ist begrünt, fördert die Artenvielfalt, wie Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (Grüne) bei einem Grußwort betonte. Die Solaranlage könne im Optimalfall den kompletten Strombedarf decken.
Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) war zu Gast bei der Einweihung am Dienstag. Er lobte die Architektur, diese geballte Bildungskraft. Die etwa 90 Millionen Euro, die der Komplex gekostet hat, bezeichnete er als "geradezu ein Schnäppchen. Oft kosten solche Schulprojekte deutlich mehr als hundert Millionen", sagte der OB.

Ein Feuerwerk an Kunststücken und Suite italienne von Strawinsky
Die Grundschüler hatten für die Einweihung eine kleine Show vorbereitet. Erst sangen sie – an der Balustrade der lichtdurchfluteten Aula stehend – das herzliche Kinderlied "Hand in Hand". Eine Ode an die Gemeinschaft in der Vielfalt. Danach traten sie unten im Raum auf, zeigten ein Feuerwerk von Kunststücken.

Die Städtische Sing- und Musikschule spielte vor, mit einer talentierten jungen Geigerin und einer Pianistin, Suite italienne von Igor Strawinsky. Für die kommenden Münchner Rockstars ist auch etwas im Angebot. Im Keller des Gebäudes an der Aidenbachstraße sind zwölf seltene Proberäume, verwaltet vom Verein Klangraum.

Bleibt noch ein wenig Raum für Kritik, manches davon Jammern auf hohem Niveau – manches aber auch nicht. Ein wenig absurd wurde es, als Baureferentin Ehbauer sprach. Denn sie lobte vor allem die moderne Lüftungsanlage der Schulräume mit CO2-Sensoren.
Die hochgelobte Lüftungsanlage hat noch keinen Tag funktioniert
Wer aber mit dem Elternbeirat des Campus Aidenbachstrraße spricht, weiß, dass diese Anlage noch nie funktioniert hat. Der Alltag sieht so aus: Um genügend Frischluft abzubekommen, öffnen die meisten Klassen die Eingangstüren ihrer Räume.
Es gibt zwar schmale Kippfenster. Aber man kann sie nicht betätigen. Es sei inzwischen erlaubt, die Türen zu den balkonartigen Fluchtwegen zu öffnen. "Aber welcher Lehrer will schon riskieren, dass die Schüler über kurz oder lang auf diesen Fluchtwegen spielen", sagt die Mutter eines Drittklässlers. Die Türen bleiben also oft zu.
Eltern begleiten ihre Kinder bis zur Schule – aus Angst
Hinzu kommt die Verkehrssituation an der Kreuzung. Dort ist wohl auf Jahre hinweg noch Baustelle. Wo früher marode Bandproberäume standen, wird ein Stadtteilzentrum gebaut. Die Kreuzung hat teils acht Spuren. Grundschüler, die die Boschetsrieder Straße von Nord nach Süd queren möchten, können das meist nur in zwei Ampelphasen. Viele Eltern begleiten daher lieber ihre Kinder, statt sie alleine zu schicken, obwohl sie längst alleine gehen könnten. Sie haben Angst. Bis zu 20.000 Autos passieren hier die Schule täglich.

Der Elternbeirat bemängelt auch sehr die Platzierung der Tempo-30-Zone an einer einzigen Straßenseite. Sie beginnt an der Boschetsrieder Straße, kurz nach der Kreuzung stadteinwärts, "dort, wo kaum Schüler unterwegs sind", sagt eine Elternbeirätin. Sie hofft, dass seit einer kürzlichen Verkehrsgesetzesänderung auf Bundesebene bald rundherum Tempo 30 eingerichtet wird.
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