GBW-Verkauf: "Söder sucht ein Feigenblatt"

Der seltsame GBW-Deal der Staatsregierung bringt Volkmar Halbleib, den Haushalts-Experten der SPD, in Rage. Er wettert gegen die CSU und bedauert die Mieter.
Julia Lenders |
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Die GBW hält allein in München mehr als 10.000 Wohnungen, die – bisher – günstiger sind als Durchschnitts-Wohnungen.
dpa Die GBW hält allein in München mehr als 10.000 Wohnungen, die – bisher – günstiger sind als Durchschnitts-Wohnungen.

Der seltsame GBW-Deal der Staatsregierung bringt Volkmar Halbleib, den Haushalts-Experten der SPD, in Rage. Er wettert gegen die CSU und bedauert die Mieter.

 AZ: Der Freistaat will sich indirekt doch noch am Kauf der GBW-Wohnungen beteiligen, mit 50 Millionen Euro. Herr Halbleib, was macht Sie daran so böse?

VOLKMAR HALBLEIB: Das sind zwei Punkte. Der eine ist: Gestern hat EU-Wettbewerbskommissar Almunia nochmal klar bestätigt, dass der Freistaat Bayern sich am Bieterverfahren hätte beteiligen können - ohne Probleme mit der EU zu bekommen. Das hat die Staatsregierung immer anders dargestellt. Sie hat schlicht die Unwahrheit gesagt.

Jetzt steigt der Freistaat über seine Landesstiftung ja zumindest nachträglich ein.

Und genau das ist der zweite Punkt. Wir haben immer wieder gesagt, dass es vernünftig wäre, wenn die Landesstiftung sich an der GBW AG beteiligt. Schließlich sucht sie nach langfristigen Anlagestrategien. Was jetzt aber herausgekommen ist, ist bloß eine ganz kleine Minderheitsbeteiligung. Der maßgebliche Einfluss ist nicht mehr gewährleistet. Der Schwerpunkt liegt bei privaten Investoren mit starken Rendite-Erwartungen. Und das geht erfahrungsgemäß zu Lasten der Mieter.

Hätte der Freistaat aus Ihrer Sicht genauso gut ins kommunale Konsortium einsteigen können, das als Bieter ausgestochen wurde?

Das ist ein weiterer wunder Punkt. Es wäre ohne Probleme möglich gewesen, dass sich die Landesstiftung daran beteiligt, um die 32 000 Wohnungen in öffentlicher Hand zu halten. Dann stünde der Mieterschutz jetzt ganz vorne. Dieses vernünftige Konzept hatten wir rechtzeitig vorgeschlagen. Es ist von CSU und FDP aber immer wieder abgelehnt worden - vehement und mit unsinnigen Argumenten. Insbesondere Markus Söder hat das immer wieder lächerlich gemacht. Jetzt haben wir den Beweis: Es wäre gegangen.

Was meinen Sie: Warum hat der Freistaat sich nicht mit den Kommunen zusammen getan?

Man wollte der SPD schlicht nicht Recht geben. Seit zwei Jahren haben wir genau darüber diskutiert. Und dann erfahren wir im Haushaltsausschuss von dem plötzlichen Meinungswandel nicht einmal von der Staatsregierung selbst. Sondern über eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur. Das Ganze war eine rein parteipolitische Verweigerung. Was nun passiert, ist auf jeden Fall purer Populismus. Man versucht, eine GBW-Beteiligung zumindest für die Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen.

Hätte es überhaupt eine realistische Chance gegeben, dass die Wohnungen in öffentlicher Hand bleiben?

Natürlich – sowohl für den Freistaat selbst wie für die Landesstiftung. Dort ist der Ministerpräsident Stiftungsratsvorsitzender, der Finanzminister ist auch im Stiftungsrat – die hätten den Weg für eine Lösung frei machen können.

Der Unterschied zwischen dem Angebot der Kommunen und dem des Patrizia-Konsortiums lag aber bei mehr als 200 Millionen – da hätten die 50 Millionen von der Landesstiftung nicht gereicht.

Dann hätte sie eben noch 200 Millionen drauflegen müssen. Die Rendite beim kommunalen Konsortium wäre für die Landesstiftung zwar nicht so gut gewesen wie jetzt beim privaten Konsortium der Patrizia. Gleichwohl wäre sie verglichen mit den anderen Anlagen der Landesstiftung absolut auf Augenhöhe gewesen.

Aus den Reihen der CSU kommt der Vorwurf, die Kommunen hätten nicht genug geboten. Sogar von einem Alibi-Angebot ist die Rede.

Das war kein Pro-forma-Angebot. Die Kommunen haben genau den Buchwert geboten. Also das, was die GBW den Einschätzungen der Landesbank nach wert ist. Der höhere Preis, den die Patrizia geboten hat, kommt allein dadurch zustande, dass sie die Mieterrechte nicht so wahren wird wie ein kommunales Konsortium das getan hätte. Der Profit geht auf Kosten der Mieter. Und der Freistaat macht mit.

Wie lange geht die Schlammschlacht jetzt noch weiter?

Das ist keine Schlammschlacht. Die Staatsregierung hat einen Fehler gemacht. Jetzt haben wir einen privaten Investor - und der Finanzminister sucht ein Feigenblatt. Das funktioniert so aber nicht. Die Argumentation von Söder ist die: Wir brauchen die Beteiligung der Landesstiftung, damit der Mieterschutz gewährleistet ist. Wenn das stimmt, ist es mit der Sozialcharta wohl nicht weit her - und für die Mieter schaut’s düster aus. 

 

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