Vegane Wurst verboten? So reagieren Hersteller in München auf die neue EU-Entscheidung

Künftig dürfen Begriffe wie „Wurst“ oder „Schnitzel“ nur noch für Fleischprodukte verwendet werden. Das Thema sorgt auch in München für Diskussionen. Beim „Pressday Plantbased“ am Viktualienmarkt stellen Hersteller pflanzlicher Alternativen ihre Produkte vor – und üben deutliche Kritik.
Niclas Vaccalluzzo
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Die Supermärkte sind voll von veganen Alternativen zu tierischen Produkten. Das EU-Parlament will, dass Begriffe wie „Wurst“, „Steak“ oder „Schnitzel“ künftig nur noch für Fleischprodukte verwendet werden dürfen. Das sorgt für Diskussionen in der Branche.
Die Supermärkte sind voll von veganen Alternativen zu tierischen Produkten. Das EU-Parlament will, dass Begriffe wie „Wurst“, „Steak“ oder „Schnitzel“ künftig nur noch für Fleischprodukte verwendet werden dürfen. Das sorgt für Diskussionen in der Branche. © dpa/Kaufland

Warum nennt sich die Hafermilch „Haferdrink“? Und wissen Verbraucher überhaupt, welche Produkte vegan sind und welche nicht? Seit der Entscheidung des Europäischen Parlaments, dass Begriffe wie "Steak", "Burger" oder "Wurst" künftig ausschließlich für Fleischprodukte verwendet werden dürfen, stehen diese Fragen wieder im Fokus.

Das Ziel der EU-Entscheidung: Verbraucherinnen und Verbraucher vor möglichen Verwechslungen zu schützen. Bevor der Beschluss in Kraft tritt, muss er allerdings noch von den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission bestätigt werden.

Beim „Pressday Plantbased“ im Kustermann am Viktualienmarkt haben zwölf Hersteller pflanzlicher Alternativen ihre neuesten Produkte vorgestellt. Die AZ hat die Gelegenheit genutzt und nachgefragt, wie die Branche auf die Entscheidung reagiert und welche Trends den Veggie-Markt derzeit prägen.

Münchner Unternehmer: „Diese Verordnung ist einfach nur Schwachsinn“

Martin Grellner, Gründer und Geschäftsführer des Münchner Schokoladenherstellers "Djoon" hat eine klare Meinung zu der Entscheidung des EU-Parlaments: "Diese Verordnung ist einfach nur Schwachsinn", sagt Grellner der AZ. Seine Pralinen, Lebkuchen und Tafeln sind bio, ohne Zuckerzusatz – und vegan.

Martin Grellner, Gründer und Geschäftsführer des Münchner Schokoladenherstellers "Djoon" hat eine klare Meinung zu der Entscheidung des EU-Parlaments.
Martin Grellner, Gründer und Geschäftsführer des Münchner Schokoladenherstellers "Djoon" hat eine klare Meinung zu der Entscheidung des EU-Parlaments. © Ben Sagmeister

Zwar betrifft ihn die aktuelle Entscheidung nicht direkt, doch er kennt die Problematik genau: Seine Schokolade darf laut EU-Vorgaben etwa gar nicht als „Schokolade“ bezeichnet werden. „Denn Schokolade muss Zucker enthalten“, erklärt er. Da Djoon mit Datteln süßt, nennt er seine Produkte „Kakaobuttertafeln“. Fragen wie: Was darf Schokolade heißen und was Milch – damit habe jeder Hersteller pflanzlicher Alternativen zu tun, sagt Grellner.

Kartoffelmilch aus Schweden: „Dug“ kämpft mit EU-Vorgaben

"Milch" steht auch nicht auf den Tetrapacks des ersten und einzigen "Kartoffeldrinks"mit dem Namen "Dug". Nach EU-Gesetzgebung ist der Begriff „Milch“ ausschließlich Produkten tierischen Ursprungs vorbehalten. Dabei will "Dug" eine pflanzliche Alternative zur Kuhmilch sein.

Helene Nielsen, Geschäftsführerin von "Veg of Lund" vermutet die starke Fleischlobby hinter der EU-Entscheidung. Neben ihr: Mitarbeiter Thorsten Lehmann.
Helene Nielsen, Geschäftsführerin von "Veg of Lund" vermutet die starke Fleischlobby hinter der EU-Entscheidung. Neben ihr: Mitarbeiter Thorsten Lehmann. © Ben Sagmeister

Seit rund einem Jahr gibt es die "Kartoffelmilch" des schwedischen Unternehmens "Veg of Lund" in Deutschland. Aber: „Wir haben einfach nicht die gleichen Voraussetzungen“, kritisiert Geschäftsführerin Helene Nielsen. So werde ihr Produkt in Deutschland etwa mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt – Kuhmilch hingegen nur mit sieben.

Immerhin: Die öffentliche Aufmerksamkeit sei seit dem EU-Beschluss enorm gestiegen. „Wir haben noch nie so viel Presse bekommen wie in den letzten Wochen“, sagt Nielsen. Sie vermutet, die starke Fleischlobby habe maßgeblich Einfluss auf die Entscheidung genommen.

Vegane Produkte im Aufwind – auch in Bayern

Trotz der offenen Fragen rund um die Bezeichnungsregeln wächst der Markt für pflanzliche Alternativen weiter. „Der vegane Markt hat sich von einer Nische zu einer festen Größe entwickelt“, sagt Selina Griechbaum, Brand Managerin bei der Traditionsmolkerei "Zott" aus dem schwäbischen Mertingen (Landkreis Donau-Ries).

Seit 2022 bietet das Unternehmen mit „Pure Joy“ eine eigene vegane Produktlinie an – und sieht darin großes Potenzial. „Der vegane Markt wächst überproportional im Vergleich zum klassischen Milchsegment“, so Griechbaum.

Die Traditionsmolkerei Zott stellt an ihrem Stand ihre veganen Joghurts vor. Seit 2022 hat das Unternehmen eine vegane Produktlinie. Auf dem Foto: v.l. Selina Griechbaum, Sandra Gottschalker und Dominika Langenbucher.
Die Traditionsmolkerei Zott stellt an ihrem Stand ihre veganen Joghurts vor. Seit 2022 hat das Unternehmen eine vegane Produktlinie. Auf dem Foto: v.l. Selina Griechbaum, Sandra Gottschalker und Dominika Langenbucher. © Ben Sagmeister

Wie die neuen Regeln am Ende konkret aussehen werden, ist noch offen. Klar ist nur: Der Streit um Begriffe wird den Wandel hin zu pflanzlichen Produkten wohl kaum aufhalten.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.