Vegane Wurst verboten? So reagieren Hersteller in München auf die neue EU-Entscheidung
Warum nennt sich die Hafermilch „Haferdrink“? Und wissen Verbraucher überhaupt, welche Produkte vegan sind und welche nicht? Seit der Entscheidung des Europäischen Parlaments, dass Begriffe wie "Steak", "Burger" oder "Wurst" künftig ausschließlich für Fleischprodukte verwendet werden dürfen, stehen diese Fragen wieder im Fokus.
Das Ziel der EU-Entscheidung: Verbraucherinnen und Verbraucher vor möglichen Verwechslungen zu schützen. Bevor der Beschluss in Kraft tritt, muss er allerdings noch von den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission bestätigt werden.
Beim „Pressday Plantbased“ im Kustermann am Viktualienmarkt haben zwölf Hersteller pflanzlicher Alternativen ihre neuesten Produkte vorgestellt. Die AZ hat die Gelegenheit genutzt und nachgefragt, wie die Branche auf die Entscheidung reagiert und welche Trends den Veggie-Markt derzeit prägen.
Münchner Unternehmer: „Diese Verordnung ist einfach nur Schwachsinn“
Martin Grellner, Gründer und Geschäftsführer des Münchner Schokoladenherstellers "Djoon" hat eine klare Meinung zu der Entscheidung des EU-Parlaments: "Diese Verordnung ist einfach nur Schwachsinn", sagt Grellner der AZ. Seine Pralinen, Lebkuchen und Tafeln sind bio, ohne Zuckerzusatz – und vegan.

Zwar betrifft ihn die aktuelle Entscheidung nicht direkt, doch er kennt die Problematik genau: Seine Schokolade darf laut EU-Vorgaben etwa gar nicht als „Schokolade“ bezeichnet werden. „Denn Schokolade muss Zucker enthalten“, erklärt er. Da Djoon mit Datteln süßt, nennt er seine Produkte „Kakaobuttertafeln“. Fragen wie: Was darf Schokolade heißen und was Milch – damit habe jeder Hersteller pflanzlicher Alternativen zu tun, sagt Grellner.
Kartoffelmilch aus Schweden: „Dug“ kämpft mit EU-Vorgaben
"Milch" steht auch nicht auf den Tetrapacks des ersten und einzigen "Kartoffeldrinks"mit dem Namen "Dug". Nach EU-Gesetzgebung ist der Begriff „Milch“ ausschließlich Produkten tierischen Ursprungs vorbehalten. Dabei will "Dug" eine pflanzliche Alternative zur Kuhmilch sein.

Seit rund einem Jahr gibt es die "Kartoffelmilch" des schwedischen Unternehmens "Veg of Lund" in Deutschland. Aber: „Wir haben einfach nicht die gleichen Voraussetzungen“, kritisiert Geschäftsführerin Helene Nielsen. So werde ihr Produkt in Deutschland etwa mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt – Kuhmilch hingegen nur mit sieben.
Immerhin: Die öffentliche Aufmerksamkeit sei seit dem EU-Beschluss enorm gestiegen. „Wir haben noch nie so viel Presse bekommen wie in den letzten Wochen“, sagt Nielsen. Sie vermutet, die starke Fleischlobby habe maßgeblich Einfluss auf die Entscheidung genommen.
Vegane Produkte im Aufwind – auch in Bayern
Trotz der offenen Fragen rund um die Bezeichnungsregeln wächst der Markt für pflanzliche Alternativen weiter. „Der vegane Markt hat sich von einer Nische zu einer festen Größe entwickelt“, sagt Selina Griechbaum, Brand Managerin bei der Traditionsmolkerei "Zott" aus dem schwäbischen Mertingen (Landkreis Donau-Ries).
Seit 2022 bietet das Unternehmen mit „Pure Joy“ eine eigene vegane Produktlinie an – und sieht darin großes Potenzial. „Der vegane Markt wächst überproportional im Vergleich zum klassischen Milchsegment“, so Griechbaum.

Wie die neuen Regeln am Ende konkret aussehen werden, ist noch offen. Klar ist nur: Der Streit um Begriffe wird den Wandel hin zu pflanzlichen Produkten wohl kaum aufhalten.