"Es ist irreführend": Mehrweggesetz soll Müll reduzieren – daran hakt es noch
München - Seit Beginn des Jahres sind Gastronomen verpflichtet, Essen und Trinken zum Mitnehmen auch in Mehrwegbehältern anzubieten. 120.000 Tonnen Wegwerfverpackungen werden laut der Deutschen Umwelthilfe (DUH) pro Jahr in Deutschland verkauft. Sie verstopfen die städtischen Mülleimer und landen häufig in Parks oder an der Isar. Angesichts des stetig steigenden To-go-Geschäfts klingt das Gesetz erst einmal nach einer guten Idee zur Müll-Reduktion.
Aber wie sieht es in der Praxis aus? Zunächst muss man vorwegnehmen, dass nicht alle Gastrobetriebe in der Pflicht sind. Betriebe, die kleiner sind als 80 Quadratmeter und weniger als fünf Mitarbeiter haben, sind von dem Gesetz ausgenommen. Außerdem gilt die Mehrweg-Pflicht nur, wenn es sich bei der angebotenen Einwegvariante um Kunststoffverpackungen handelt.
Neues Mehrweggesetz: Viele Gastrobetriebe bieten mittlerweile Alternativen an
Konkret heißt das: Imbisse, die ohnehin ausschließlich für das Mitnahme-Geschäft produzieren, können ihre Speisen und Getränke weiterhin nur in Einwegverpackungen anbieten. Und auch die großen Betriebe können ihr Essen weiter nur in Einwegverpackungen anbieten, solange diese nicht aus Kunststoff sind. Für Aluminium- und Pappe-Verpackungen muss keine Mehrweg-Alternative angeboten werden.
Trotzdem haben sich spätestens seit dem Gesetz viele Gastrobetriebe mit dem Thema auseinandergesetzt und bieten ihren Kunden eine Mehrwegalternative an. Beim Marktführer Recup / Rebowl sind allein im Januar deutschlandweit 6000 Betriebe neu dazugekommen. Insgesamt sind es 21.000 Ausgabestellen.
Die Nachfrage nach Mehrweg hält sich teilweise noch stark zurück
"Es ist aber noch viel Luft nach oben", sagt eine Sprecherin zur AZ, "deshalb hoffen wir stark auf eine Nachbesserung des Gesetzes, sodass sich Mehrweg noch flächendeckender etablieren kann." Auch wünscht man sich bei Recup / Rebowl ein Umdenken auf Verbraucherseite. Die Mehrwegquoten würden steigen, wenn Personen häufiger nach Mehrweg fragen und es der Einwegvariante vorziehen.
Michael Teodorescu ist Chefredakteur des Gastro-Branchenmagazins "first class" und Chef vom Dienst bei "24 Stunden Gastlichkeit". Auch er findet die Idee hinter dem Gesetz sinnvoll. Allerdings sei die Umsetzung für die Gastgeber nicht immer so einfach. "Zudem hält sich die Nachfrage seitens der Gäste, je nach Region, stark zurück". Das läge zum Teil allerdings auch an der mangelnden Kommunikation, die auf das Mehrweg-Angebot hinweist.
Kleine Betriebe kommen ihrer Verantwortung nach, größere Franchise-Ketten weniger
Aber nicht für jede Art von Betrieb sei das Gesetz ein Thema. Besonders große Franchise-Unternehmen täten sich mit der konsequenten Umsetzung schwer, obwohl sie einen bedeutenden Einfluss haben. Auf der anderen Seite kämen zum Beispiel kleine Cafés oder auch Bistros ihrer Verantwortung nach und weisen sogar aktiv auf das Angebot hin.
Teodorescu gibt zu bedenken, dass viele Gastronomiebetriebe nach wie vor mit den Auswirkungen der Pandemie, konstantem Fachkräftemangel und steigenden Preisen durch die Inflation beziehungsweise den Krieg zu kämpfen haben. "Manch einer will einfach nur Gastgeber sein und hat für die Mehrweg-Thematik gar keinen Kopf." Andere hingegen würden die Mehrwegpflicht gewissenhaft umsetzen.
Die Vielzahl der Anbieter ist für die Verbraucher irreführend
Deutlich reduziert hat sich der Einwegmüll seiner Meinung nach trotzdem nicht. Das sei oftmals auch eine Preis- oder Platzfrage bei den Wirten. Ein weiteres Problem: neben Recup / Rebowl gibt es noch weitere Anbieter von Mehrweggeschirr wie Relevo oder Vytal. "Und das ist nicht nur für den Gastgeber irreführend, sondern eben auch für den Gast", so Teodorescu.
Das schränkt die Rückgabemöglichkeiten ein. "Es braucht einheitliche Systeme", fordert der Gastro-Experte. Tatsächlich gebe es aber mittlerweile einige Mehrweg-Anbieter, die eine bundesweite Rückgabe in einer bestimmten Supermarkt-Kette ermöglichen. "Das soll und muss zukünftig ausgebaut werden", so Teodorescu.
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