Diesel-Fahrverbot: Weitere Ausnahmen? Stadtrat entscheidet am Mittwoch über SPD-Antrag

Autos mit einer Abgasnorm Euro-4 dürfen ab dem 1.2. nicht mehr in die Innenstadt fahren. Die SPD fordert weitere Ausnahmen. Das könnte die Vereinbarung gefährden. Auch die ersten Klagen gehen ein.
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Die ersten Schilder, die auf das Diesel-Fahrverbot hinweisen, stehen schon seit ein paar Wochen. Die SPDfordert jedoch weitere Ausnahmen.
Die ersten Schilder, die auf das Diesel-Fahrverbot hinweisen, stehen schon seit ein paar Wochen. Die SPDfordert jedoch weitere Ausnahmen. © Foto: imago/Sven Simon

München - Ab Mittwoch dürfen ältere Diesel nicht mehr in die Münchner Innenstadt und auf dem Mittleren Ring fahren. Denn das Fahrverbot für Autos mit einer Abgasnorm von Euro-4 und schlechter tritt nun in Kraft.

In München werden seit Jahren die Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschritten. Die Deutsche Umwelthilfe hatte deshalb gegen die Stadt geklagt. Um hohe Strafzahlungen abzuwenden, hatte sich die Stadt mit der Organisation auf einen Kompromiss geeinigt. So hatte die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) das Verbot stets erklärt.

Diesel-Fahrverbot: Kompromiss in Gefahr

Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass dieser Kompromiss in Gefahr ist. Denn die SPD fordert weitere Ausnahmen. Lieferverkehr und Anwohner dürfen, ohne dass sie einen extra Antrag stellen müssen, weiterhin mit ihrem Euro-4-Diesel in der Innenstadt fahren.

Die SPD fordert nun in einem Dringlichkeitsantrag, über den der Stadtrat am Mittwoch entscheidet, dass auch Schichtdienstleistende sowie Sozial- und Pflegedienste pauschal eine Fahrerlaubnis erhalten. Eigentlich sollten diese Gruppen beim Kreisverwaltungsreferat dafür einen Antrag stellen müssen.

Zudem beauftragte der Stadtrat die Verwaltung bereits im Dezember, zu prüfen, ob auch eine Ausnahme für den Heckenstallertunnel und den Luise-Kiesselbach-Tunnel geschaffen werden kann. Das ist gescheitert, wie das Umweltreferat mitteilt.

Umwelthilfe: "Mehr Ausnahmen können wir nicht akzeptieren"

Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch betont: "Wir haben einen Vertrag abgeschlossen." Dieser enthalte bereits Kompromisse, zwei Jahre sei darüber verhandelt worden. "Weitere Ausnahmen können wir nicht akzeptieren. Wir können es uns nicht gefallen lassen, wenn Vereinbarungen einseitig wesentlich verändert werden."

Er wolle nun die Abstimmung am Mittwoch im Stadtrat abwarten und dann schnell eine Entscheidung fällen, ob seine Organisation doch juristisch gegen die Stadt vorgeht. Schließlich müsse er sich auch die Frage stellen, was von dem Verbot überhaupt noch übrig bleibt.

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Grüne wollen SPD-Antrag nicht mittragen

Die Grünen wollen aufgrund dieser Aussicht den Antrag der SPD nicht mittragen, kündigt Stadtrat Florian Roth an. Seine Fraktion wolle die Einigung mit der Umwelthilfe nicht gefährden. Allerdings wollen auch die Grünen, dass Schichtdienstleistende keine großen bürokratischen Hürden meistern müssen, um an eine Fahrerlaubnis zu kommen. Die Grünen wollen deshalb, dass Unternehmen für ihre Mitarbeiter gesammelt eine Genehmigung beantragen können.

Einig sind sich Grüne und SPD darin, dass die Gebühren für solche Anträge von 200 Euro auf 50 Euro sinken sollen.

Wie die Abstimmung über die Ausnahmen ausgeht, hängt nun von der CSU ab. Doch die will sich erst kurz vor der Abstimmung festlegen.

CSU kein Freund des Dieselverbots in München

Klar ist aber: Ein Freund des Dieselverbots ist die CSU nicht. Der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper hat mit dem Autoclub "Mobil in Deutschland" aufgerufen, gegen das Verbot zu klagen.

Am Mittwoch will Anwalt Claus-Peter Martens, der in Berlin erfolgreich gegen Dieselverbote vorging, die ersten Klagen einreichen (AZ berichtete). Martens sieht große Chancen, dass er auch in München Erfolg hat. Aus seiner Sicht ist das Verbot nicht verhältnismäßig, da die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nur an zwei Stellen überschritten würden. Gleichzeitig sinken die Werte in München seit Jahren – auch ohne Verbot.

KVR schafft neue Stelle für Anträge

Martens erwartet zudem einen hohen bürokratischen Aufwand für die Stadt. Er glaubt, dass etwa die Hälfte der 70.000 betroffenen Dieselfahrer nun eine Ausnahmegenehmigung beantragen wird.

Tatsächlich hat die Stadt extra, um die Anträge zu bearbeiten, 29 neue Stellen im KVR geschaffen. Bisher gingen laut Pressestelle 2.000 Anträge für eine Ausnahme ein.

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4 Kommentare
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  • 30 in Bayern am 01.02.2023 07:57 Uhr / Bewertung:

    Brannekämper und "Mobil in Deutschland" da hat sich ja wieder eine Rückwärtsfraktion gefunden.

  • Rosinerl am 31.01.2023 20:32 Uhr / Bewertung:

    Ich wüsste nur zu gerne, was dieser Abmahnverein überhaupt zu melden hat. Er ist in keiner Art und Weise demokratisch legitimiert, um sich überhaupt an der Gesetzgebung zu beteiligen. Weder per Vertrag noch per direkter Gesetzgebung. Dass sich unsere Stadtregierung auf einen solchen Kuhhandel einlässt, zeigt, dass sie das Prinzip der Demokratie nicht verstanden hat, wonach nicht Interessenverbände, sondern die Parlamentarier für politische Entscheidungen zuständig sind.

  • Eljas am 31.01.2023 19:14 Uhr / Bewertung:

    Bei solchen Dingen sollten die Münchner per Bürgerentscheid selbst bestimmen können, wie es mit den Diesel-Kfz der Bürger weitergehen soll. Es kann ja wohl nicht sein, dass sich ein Grüppchen Möchte-Gern-Ideologen hervortun und all die Dieselbesitzer, die ja sogar vom Staat bei Kauf unterstützt wurden nun in ihrer Mobilität kastriert werden sollen. - Die stinkende, von dauernden Ausfällen gezeichnete SBahn stellt nur auf dem Papier eine Alternative dar. Ebenso die hoch gelobte Fahrradkultur ist bei einer überalternden Generation kein Ersatz.

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