Das erste alkoholfreie Festival Deutschlands steigt in München

Anfang September soll das "Freyheit Festival“ im Pineapple Park zeigen, was die alkoholfreie Branche neben Bier und Wein zu bieten hat. Was Gäste erwartet, welche drei Männer hinter der neuartigen Messe stecken und wie sie den Hype um Augustiner bewerten. Die AZ hat mit ihnen gesprochen.
von  Rosemarie Vielreicher
Weil sie von oben aussieht wie eine aufgeschnittene Ananas, hat Michi Kern die Paketposthalle in Pineapple Park umbenannt.
Weil sie von oben aussieht wie eine aufgeschnittene Ananas, hat Michi Kern die Paketposthalle in Pineapple Park umbenannt. © ruf

Die Wiesn steht bei vielen Münchnern schon dick im Kalender. Zwei Wochen vorher stellen drei Männer ein totales Kontrastprogramm auf die Beine: Im Pineapple Park in der Arnulfstraße (Alte Paketposthalle) wird am Samstag, 6. September, das „Freyheit Festival“ stattfinden.

Maßkrüge voller Bier? Alkoholleichen? Brummschädel? All das wird es hier nicht geben. Einzig im Fokus - und im Glas: alkoholfreie Getränke. Den Machern zufolge ist es das erste alkoholfreie Festival dieser Art in Deutschland.

Alkoholfrei – ein Trend, der boomt. Beispiel Bier. Der Deutsche Brauerbund stellt fest: In 20 Jahren hat sich die produzierte Menge an alkoholfreiem Bier und alkoholfreien Biermischgetränken von 329 Millionen Liter (2004) auf rund 700 Millionen Liter (2024) mehr als verdoppelt.

Bei Wein gibt es ebenfalls eine Kurve nach oben, allerdings noch auf geringerem Niveau: Der Anteil auf dem Gesamtmarkt wird in der Weinmarktanalyse für 2024 auf etwa 1,5 Prozent geschätzt.

Livemusik, verschiedene Marken: Was Gäste auf der Veranstaltung erwartet

Die große Bühne für Genuss ohne Promille wollen nun Moritz Zyrewitz (41), Alexander Gottschalk (42) und Christian Hiery (37) Anfang September in München bieten. Es soll eine Plattform zum Austausch werden. Ausdrücklich wünschen sie sich, dass auch eingefleischte Biertrinker vorbeischauen und sich überraschen lassen.

Was erwartet Besucherinnen und Besucher? Sie sollen alle gängigen Kategorien durchprobieren können: von alkoholfreiem Bier, Wein, Spirituosen bis hin zu Kombucha (fermentierter Tee) und Proxies - dazu später mehr.

Weil sie von oben aussieht wie eine aufgeschnittene Ananas, hat Michi Kern die Paketposthalle in Pineapple Park umbenannt.
Weil sie von oben aussieht wie eine aufgeschnittene Ananas, hat Michi Kern die Paketposthalle in Pineapple Park umbenannt. © ruf

Bisher konnten sie über 25 teils internationale Marken für die Veranstaltung gewinnen - wie zum Beispiel Mondino (Bitter-Aperitif), Franz von Fein (Aperitifs) oder Senzo (Weine). Sie sind offen für weitere Unternehmen, die sich in diesem Rahmen zeigen wollen.

Dazu sollen Cocktails gemixt werden und Masterclasses für Anregungen sorgen. Plus: Streetfood und Livemusik fürs Festival-Feeling.

Gottschalk (Podcast „Pinot Pixel“) wohnt seit 15 Jahren im Großraum München. Er berät Unternehmen in der Getränkeindustrie, mit Fokus auf Alkoholfrei.

Alexander Gottschalk betreibt unter anderem den Podcast "Pinot Pixel".
Alexander Gottschalk betreibt unter anderem den Podcast "Pinot Pixel". © Alexander Gottschalk

Hiery (37) stammt aus einer Winzerfamilie aus der Pfalz. „Ich bin mit dem Weinbau groß geworden.“ Er hat sich in anderen Richtungen umgeschaut, hat sich dann aber zum Sommelier weiterentwickelt. Jetzt veranstaltet er in München Wein-events und -tastings („Rebensache“).

Der Dritte im Bunde ist der Münchner Zyrewitz, Gründer und Ideengeber der Gentle Wine GmbH sowie Co-Founder von Kolonne Null.

Deswegen findet die Messe in München statt

Die AZ hat exklusiv mit den Ideengebern gesprochen. Warum ist München fürs Freyheit Festival geeignet? Sind die Menschen hier alkoholfrei-affin? Der erste Grund für die Standort-Wahl ist simpel: Sie alle drei leben in der Gegend.

Gottschalk sagt zudem: „München und generell Bayern sind Bier-Hochkultur. Zusätzlich hat München einen hohen Pro-Kopf-Wein-Verbrauch. Selbst auf dem Oktoberfest gibt es ein Weinzelt. Genau das macht es perfekt für die Messe.“

Er glaubt, dass die Menschen rund um München neugierig und gegenüber Innovationen offen seien. Dennoch gebe es im südlichen deutschsprachigen Raum bisher wenige Angebote, alkoholfreie Produkte zu probieren.

Stammt aus einer Winzerfamilie: Christian Hiery
Stammt aus einer Winzerfamilie: Christian Hiery © Christian Hiery.

Den Alkoholfrei-Pionieren ist wichtig hervorzuheben: „Bei Alkoholfrei geht es nicht um Verzicht, sondern um eine coole Alternative.“ Hiery ist überzeugt: „Genuss braucht keinen Alkohol.“ Und: „Jeder Beitrag für seine eigene Gesundheit ist ein guter Beitrag.“

Traditionsbrauerei Augustiner schafft den "Big Bang"

Die meiste Aufmerksamkeit fürs alkoholfreie Bier bekommt in München eindeutig Augustiner. Gottschalk sagt: „Ich erinnere mich an einen Geburtstag im vergangenen Juni, da ist es gehandelt worden wie flüssiges Gold.“

Während Münchner immer häufiger alkoholfreies Bier bestellen, lassen sich die Touristen weiterhin das gute Münchner Bier schmecken.
Während Münchner immer häufiger alkoholfreies Bier bestellen, lassen sich die Touristen weiterhin das gute Münchner Bier schmecken. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber (www.imago-images.de)

Hiery fügt an: „Sie haben es gut hinbekommen, viel später als andere Biermarken ein Produkt auf den Markt zu bringen und einen echten ‚Big Bang’ zu erzeugen.“

Der Ansturm auf die Marke ist für die Branche durchaus nützlich, so Gottschalk. „Es ist die traditionelle Brauerei und die machen plötzlich alkoholfrei. Das zeigt die Power. Ich glaube, dass heute keine Brauerei mehr daran vorbeikommt, ein alkoholfreies Bier anzubieten.“

Hat die Marke Kolonne Null mitgegründet: Moritz Zyrewitz.
Hat die Marke Kolonne Null mitgegründet: Moritz Zyrewitz. © Moritz Zyrewitz

Bei Wein ist noch Luft nach oben. Zyrewitz sagt klar: „Der alkoholfreie Wein ist noch nicht so weit, wie er sein kann.“ Aber: „In den vergangenen vier, fünf Jahren hat es sehr starke Verbesserungen gegeben.“ Auch Gottschalk zufolge hat sich die Qualität in den letzten Jahren stark gesteigert.

Warum alkoholfreies Bier gegenüber Wein einen Vorsprung hat

Er zeigt zudem einen Widerspruch auf: „Bier ist der Platzhirsch, obwohl die Entalkoholisierung von Wein schon 1907 von Carl Jung erfunden worden ist. Es hat sich nur 80 Jahre niemand dafür interessiert.“

Längst gibt es auch alkoholfreien Wein. (Archivbild)
Längst gibt es auch alkoholfreien Wein. (Archivbild) © Oliver Berg/dpa/dpa-tmn

Er erklärt sich das auch damit, dass es in der Herstellung einfacher und schneller funktioniere, bei Bier von fünf Volumenprozent auf 0,5 zu verringern, als bei Wein ausgehend von zwölf bis 15 Volumenprozent.

Was viele über Alkoholfrei nicht wissen

Alkoholfrei bedeutet nämlich nicht zwingend 0,0 Promille, sondern maximal 0,5 Volumenprozent. Beim Wein gilt zudem: „Wenn man von alkoholfreiem Wein redet, muss es zuvor per Gesetz ein Wein gewesen sein.“ Über bestimmte Verfahren werde der Alkohol im Nachgang entzogen, erklärt Gottschalk. Zum Beispiel durch Umkehrosmose, ein Filterprozess.

Weitere Möglichkeiten: die Vakuumdestillation oder diese in Kombination mit Aromarückgewinnung. Hierbei werde der extrahierte Alkohol nochmal getrennt und die Aromen zurück ins Produkt geführt.

Beim Bier gebe es mehrere Verfahren: Das Entziehen wie beim Wein, das Angären und Stoppen bei 0,5 Volumenprozent oder auch spezielle Hefen, die wenig bis keinen Alkohol erzeugten. Dies sei jedoch noch eine sehr junge Technologie.

Welche Trends sehen sie gerade auf dem Markt? Gottschalk nennt „Proxies“ – das sind Getränke als alkoholfreie Alternativen, die aber nicht durch die Entalkoholisierung von Wein entstanden sind, sondern von vornherein nie Alkohol enthielten. „Viele wissen nicht, dass man eine Fermentation oder Destillation auch ohne Alkohol machen kann und Geschmack, Mundgefühl und Aromenwelt danach vergleichbar sind.“

Was man unter "Proxies" versteht

Über den Großen Teich geschaut, nennen sie noch „Functional Drinks“ mit CBD und Pilzen. Das habe sich auf dem deutschen Markt aber noch nicht etabliert.

Bleibt die Frage: Wie viel sollte Genießern ein alkoholfreier Wein wert sein? Gute, balancierte Produkte bekomme man schon für rund zehn Euro. Hochwertige, als Speisebegleitung geeignete Getränke ab 15 Euro.

Gewinnspiel: Drei x zwei Tickets

Die AZ verlost drei Mal zwei Tickets für das „Freyheit Festival“ am 6. September. So machen Sie mit: Rufen Sie bis Mittwoch, 30. Juli, 12 Uhr, unsere Hotline 01378 420-167 (50 Cent/Anruf) an oder schreiben Sie eine E-Mail an gewinnen@abendzeitung.de (Stichwort: alkoholfreie Messe). Die Gewinner erhalten die Tickets per E-Mail.

Ihre personenbezogenen Daten werden ausschließlich für die Abwicklung dieses Gewinnspiels verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Nach Ermittlung der Gewinner und deren Benachrichtigung werden die Daten gelöscht.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.