BMW Open: So soll das neue Tennis-Stadion in München aussehen

München - Unter der gelbweißen Markise trinken ein paar Damen Aperol Spritz. Von weiter hinten hört man das Plong, Plong, Plong der Tennisbälle. Die AZ ist zu Besuch beim MTTC Iphitos, einem Tennisverein am Rand des Englischen Gartens mit einem Clubhaus, das mit seinen weißen Fensterläden und der goldenen Uhr über der Terrasse nach einer alten Villa aussieht. Ein Rasensprenkler spritzt Wasser auf saftig-grünes Gras. Es läuft loungige Musik. Die meisten tragen weiß.
Gut drei Wochen zuvor fanden auf dem Gelände die BMW-Open statt, ein Tennisturnier, bei dem Alexander Zverev eine halbe Million, ein Luxus-Auto und eine Lederhose gewann. Für das Turnier wurden Tribünen aufgebaut. Jeden Tag seien die Spiele ausverkauft gewesen, sagt Fabian Tross, der Vorsitzende von Iphitos. 70.000 Zuschauer seien insgesamt gekommen. Jetzt sind die Tribünen wieder weg, die Plätze sind fast alle wieder für den normalen Vereinsbetrieb hergerichtet.
Der Verein sollte das berühmte Turnier verlieren
Das Turnier wird auf dem Platz schon seit fast 100 Jahren gespielt. Aber der Verein hätte es beinahe verloren, so erzählt es Tross. Dazu muss man wissen: Bis jetzt waren die BMW Open eher ein kleines Turnier. „Im Fußball wären wir die Zweite Bundesliga gewesen“, sagt Tross. Der Sieger erhielt immer 250 Weltranglisten-Punkte. Bei großen Turnieren gibt es viermal so viele.
Das Präsidium des Tennisweltverbandes ATP entschied sich, dass es nur noch größere Turniere geben sollte – mit mehr Punkten, mehr Preisgeld, mehr Zuschauern, „in wunderschönen Städten, in großen Stadien“, so drückt es Tross aus. „Uns wurde gesagt, es würde sich lohnen, dass wir uns um ein 500er Turnier bewerben.“
Also: Um ein Turnier, bei dem der Sieger 500 Weltranglistenpunkte bekommt und bei dem es um 2,5 Millionen Preisgeld geht. Doch dafür habe es eine Voraussetzung gegeben: Der Verein muss ein neues Stadion bauen.

Dieses Jahr reichte ein temporäres, das nach dem Turnier wieder abgebaut werden konnte. Auch für zwei weitere Jahre macht der Tennisweltverband eine Ausnahme. Doch spätestens 2028 muss ein neues Stadion stehen – mit Plätzen für bis zu 7000 Zuschauer und mit einem Dach, das sich über das Spielfeld fahren lässt, wenn es regnet. Die Planungen dafür laufen.
Wenn man heute vom Clubhaus nach rechts abbiegt, kommt man zum alten Center Court. Auf den blauen Schalensitzen haben 3000 Zuschauer Platz. Dieses Stadion will der Verein zurückbauen und dafür drei neue Tennisplätze schaffen.
Nach dem Stadion-Bau gibt es weniger Tennisplätze
Unterm Strich wird es nach dem Stadion-Neubau aber trotzdem weniger Tennisplätze in München geben. Denn das neue Stadion – samt Fitnessstudio im Keller und VIP-Lounge – kommt zum größten Teil auf ein Gelände, das bis jetzt noch gar nicht zum Verein gehörte.
Direkt an Iphitos grenzen fünf Plätze des Sportvereins Studentenstadt Freimann (SVSF), die für den Stadion-Neubau weichen müssen. Der Freistaat ist Eigentümer der Flächen. Und der habe ihnen bereits gekündigt, sagt Christian Krause, der Chef des Studentclubs am Telefon. Schimpfen will er darüber nicht. „Es ist schade“, sagt er nur.
Denn zwar gibt es mit Iphitos eine Vereinbarung, dass Vereinsmitglieder, die in der Studentenstadt leben, zum gleichen Preis wie jetzt später bei Iphitos spielen dürfen. Allerdings leben laut Krause 140 Vereinsmitglieder nicht in der Studentenstadt. Die müssen sich einen neuen Verein suchen. „Aber alle Münchner Tennisclubs haben einen Aufnahmestopp“, sagt Krause. Auch bei Iphitos gibt es eine Warteliste.
„Tennis als Breitensport hat eben keine Lobby“
Christian Krause will sich bald mit den Grünen und der Linken treffen. Denn ganz hat er die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Stadt irgendwo Ersatzflächen findet. „Bisher hat die Stadt aber immer gesagt, dass sie nichts für uns tun kann“, sagt der Vereinschef. „Tennis als Breitensport hat in München eben keine Lobby.“
Profi-Tennis schon: Eine Mehrheit des Stadtrats stimmte nicht nur dafür, dass Iphitos ein neues Stadion bauen darf. Grüne, CSU, SPD und FDP beschlossen auch, dass die Stadt den Bau mit 8,6 Millionen Euro bezuschusst. Insgesamt sollen die Baukosten bei rund 25 Millionen Euro liegen. Der Freistaat übernimmt die Hälfte. OB Dieter Reiter (SPD) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warben für den Zuschuss.
Kritik gab es trotzdem: Die Linke beschwerte sich sogar bei der Regierung von Oberbayern. Denn eigentlich ist das Geld aus der kommunalen Sportförderung für den Breitensport gedacht. Erfolg hatte Die Linke nicht – obwohl es nach dem Stadion-Bau zwei Tennisplätze weniger am Englischen Garten für Hobby-Sportler geben wird.
Das Stadion soll Teil einer Olympia-Bewerbung sein
Vereinschef Tross findet trotzdem, dass sich das Ganze lohnt: „Sonst hätten wir das Turnier verloren.“ Gerade Kinder brauchen aus seiner Sicht solche „Leuchtturm-Events“, „die großen Vorbilder“. „Als Boris Becker und Steffi Graf groß waren, wollten alle Tennisspielen“, meint er. Und: Das neue Stadion solle Teil einer Münchner Olympia-Bewerbung sein. Allerdings: Bei den letzten Spielen in Paris konnten am Center Court 15.000 Menschen zuschauen – also mehr als doppelt so viele wie in das neue Münchner Stadion passen sollen. Olympia ist also noch weit weg.
Bis dahin wird das Stadion bloß eine Woche im Jahr für die BMW Open verwendet werden. „Die restlichen 51 Wochen sind wir ein ganz normaler Verein“, sagt Tross. Der Zuschuss der Stadt werde auch dafür verwendet, das Gelände barrierefrei zu machen, Umkleiden und Sanitäranlagen zu erneuern. Normal wird eine Mitgliedschaft bei Iphitos für die meisten trotzdem nicht sein: 80 Euro kostet der Mitgliedsbeitrag pro Monat. So viel wie für ein gutes Fitnessstudio, findet Tross.
Am Donnerstag, 15. Mai, können sich Interessierte ab 19 Uhr im Gymnasium Neufreimann, Ungererstraße 191, über die Planungen informieren.