Berufung nach Wiesn-Attacke: Eklat vor Gericht

Eklat im Berufungsprozess um eine verhängnisvolle Weißbierglas-Attacke auf der Wiesn. Rechte missachtet, falsch ausgesagt? Verteidiger kritisiert die Ermittler und die Amtsrichterin.
von  John Schneider

München - Am Ende war Franz P. (34, Name geändert) den Tränen nah. Wie vom Donner gerührt stand er da und nahm das Urteil entgegen: Drei Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung.  Er hatte bei der Wiesn im vergangenen Jahr einen Mann mit einem Weißbierglas lebensgefährlich verletzt. Gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 14. März legte der Schausteller Berufung ein.

Der Fall: Auf der Wiesn-Straße 4 wurde Thomas K. (26) am 3. Oktober 2013 ein Weißbierglas in den Hals gerammt. Das zerbrochene Glas durchtrennte die Schlagader. Dass er nicht gestorben ist, hat der 26-Jährige einem schnell reagierenden Polizisten zu verdanken. Der drückte nach der Attacke die Halsschlagader zu, um den Blutverlust zu stoppen. Das Opfer überlebte, leidet aber bis heute.

Die rechte Hand des Ex-Feuerwehrmanns ist schwach – eine bleibende Behinderung. Auch mit der großen Narbe am Hals muss er leben.

Aber auch Franz P. fühlt sich als Opfer. Sein neuer Verteidiger Kolja Prieß kritisierte, dass das Schweigerecht seines Mandanten nach der Festnahme nicht respektiert worden sei. Obwohl dieser zu verstehen gegeben habe, nichts ohne Anwalt sagen zu wollen, sei er am Tag nach dem Geschehen zur Vernehmung abgeholt worden. Auch der Kontakt zum Anwalt seiner Wahl sei behindert worden. Prieß möchte außerdem ein Gutachten zum Zustand des Weißbierglases. Es sei klar, begründete er den Antrag, dass ein stark gebrauchtes Glas auf der Wiesn schneller breche als andere.

Außerdem will der Hamburger Anwalt herausfinden, ob sein damals stark angetrunkener Mandant tatsächlich wusste, was er tat, oder ob er seinem Kontrahenten, der ihn an der Schulter angefasst hatte, lediglich eine Watschn verpassen wollte.

Als die Richterin im Zeugenstand aussagte, dass Franz P. sehr wohl gesagt habe, ihm sei bewusst gewesen, dass er bei seinem Schlag ein Glas in der Hand hielt, kam es zum Eklat. Prieß entdeckte hier einen Widerspruch zum Protokoll der ersten Hauptverhandlung. Sogar eine Vereidigung der Richterin stand im Raum, weil der Verteidiger eine zumindest fahrlässige Falschaussage erkannt haben wollte.

Der Prozess wird fortgesetzt.

 

 

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