Am Stachus ins Gleis gestoßen: "Er hat mein Leben kaputtgemacht"

Ein psychisch Kranker hält sein Opfer für den Teufel und will es auf Befehl Gottes umbringen.
John Schneider
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Der Täter und sein Anwalt.
Der Täter und sein Anwalt. © dvl

München - Es sind unglaubliche, erschreckende Szenen, die die Kameras am Stachus festgehalten haben. Am 28. November 2021 zerrt ein kräftiger Mann sein körperlich deutlich unterlegenes Opfer Karim D. (38, Name geändert) die Rolltreppe runter zur S-Bahn und stößt es ins Gleis.

S-Bahn kann nicht mehr bremsen

Eine einfahrende S-Bahn kann nicht mehr rechtzeitig halten und erfasst den 38-Jährigen. Der Lokführer der S-Bahn erleidet einen Schock. Das Opfer überlebt den Zusammenstoß mit der Bahn, zieht sich aber eine Kopfplatzwunde zu. Schlimmer noch: Das linke Bein unterhalb des Knies muss amputiert werden.

Der Täter weiß heute: "Ich war krank." Laut Antragsschrift – Staatsanwältin Johanna Heidrich fordert, den Mann dauerhaft in der Psychiatrie unterzubringen – war bei Omar G. eine Form der paranoiden Schizophrenie bereits 2016 festgestellt worden. Doch dank der Behandlung brach die Krankheit zunächst nicht wieder aus. Bis Omar G. (42) im Oktober 2021 seine antipsychotischen Medikamente nicht mehr einnahm. Sein Zustand verschlechterte sich rasch, dazu kamen Probleme am Arbeitsplatz und Schlafstörungen. Er entwickelte die Vorstellung, "fremde Kräfte" würden ihn mit Drogen betäuben, sein Handy hacken und ihn vergewaltigen.

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Opfer: "Ich kannte ihn nicht"

Sein Mandant will dazu selber aussagen, sagt Anwalt Ömer Sahinci am Montag beim Prozessauftakt. Und der erklärt: "Ich war ein Prophet, der den Teufel umbringen muss. Gott hat das gesagt." Der Teufel war nach seiner Vorstellung in sein Opfer gefahren. Nachdem er den Mann ins Gleis gestoßen hatte, habe er sich sogar noch überzeugen wollen, dass "der Teufel" tot sei. Die Polizisten, die ihn festnehmen wollten, waren in seinen Augen Teufelsanbeter.

Am Nachmittag kommt dann das 38-jährige Opfer zu Wort. Und es wird emotional. Karim D. beklagt mit lauter Stimme, was man ihm angetan habe und zeigt immer wieder auf den Beschuldigten. "Er hat mein Leben kaputtgemacht", sagt der 38-Jährige. Seine Anwältin Michaela Landgraf legt ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. Das wirkt.

"Ich kannte ihn nicht", erklärt der 38-Jährige danach. Und er habe auch keine Ahnung gehabt, was der Mann, der ihn schimpfend auf den Bahnsteig zog, mit ihm vorhatte. Bis es zu spät war.

Der Prozess dauert an.

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