400 Menschen am Gärtnerplatz: Demo für Geflüchtete aus Sierra Leone
München - Die Temperaturen sind vor allem nachts frostig. Trotzdem protestieren Geflüchtete aus Sierra Leone seit Wochen für ein Bleiberecht und gegen Arbeitsverbote. Auslöser war eine Demonstration von knapp 200 Geflüchteten aus ganz Deutschland. Sie waren zur Ausländerbehörde gezogen, hatten dort einen Pavillon aufgestellt und Tag und Nacht protestiert, ein Dauer-Protestcamp. Inzwischen demonstrieren knapp 30 Geflüchtete, hauptsächlich aus Sierra Leone, seit Wochen in der Kälte auf dem Königsplatz (AZ berichtete).
Sie fordern ein Bleiberecht und ein Ende der Arbeitsverbote. Am Samstag sind 400 Menschen in Solidarität mit ihren Forderungen auf die Straße gegangen. Mehr als 30 Organisationen hatten dazu aufgerufen, darunter Verdi, der Bayerische Flüchtlingsrat und Fridays for Future.
Anhörungen durch Behördenvertreter aus Sierra Leone
„Es gibt keinen Ort mehr, an den wir gehen können“, sagt Amad, einer der Demonstranten. In das Zimmer in Fürstenfeldbruck, in dem er bislang gewohnt hat, kann er nicht mehr zurück. Ende November hatte er dorthin einen Brief bekommen: Er möge sich innerhalb von einer Woche bei der Unterkunftsleitung melden, sonst werde sein Zimmer neu vergeben. Aber Amad war nicht da. Als er schließlich nach Hause kam, war sein Zimmer neu vergeben. „Wir fordern nicht viel, nur die grundlegendsten Menschenrechte“, sagt er. „Dieser Protest ist meine letzte Hoffnung, gehört zu werden.“
Ursprünglich hatte sich der Protest gegen die „Anhörungen zur Identitätsklärung“ gerichtet. Behördenvertreter aus Sierra Leone wollten herausfinden, welcher der Geflüchteten ursprünglich aus Sierra Leone kommen. Die Protestierenden fürchteten, dass die Anhörungen dazu dienen sollten, sie im Anschluss abzuschieben.
Demonstrantin: "Ich kann die Abhängigkeit nicht mehr ertragen"
Die Anhörungen sind vorbei, aber die Angst ist geblieben. Viele fürchten, dass die Regierung in Sierra Leone sie verfolgt, wenn sie zurückkehren. Über ihren Protest ist auch in afrikanischen Zeitungen berichtet worden. Schlechte Presse für den Staat. Deshalb wurden die Namen aller Beteiligten in diesem Artikel geändert.
„Wir werden so lange hierbleiben, bis etwas passiert“, sagt Adama. In den letzten Wochen war sie immer wieder krank, und half sich notdürftig mit Medikamenten. „Ich kann die Abhängigkeit nicht mehr ertragen“, sagt sie. „Weil ich keine Arbeitserlaubnis habe, bin ich immer abhängig von anderen. Manchmal muss ich meine Freunde um Geld anbetteln. Meine Freunde!“
Ihr treten Tränen in die Augen. Das Ende der Arbeitsverbote ist neben dem Bleiberecht die Kernforderung des Protests. „Ich habe Angst vor der Kälte der nächsten Wochen“, sagt Adama. „Aber bleiben werde ich trotzdem, auf jeden Fall.“ Ein Zurück gebe es nicht.
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