Wenn Bauern mauern
MÜNCHEN - Bayerns Agrarminister Helmut Brunner will die Empfänger von EU-Subventionen nicht nennen. Auch Landwirte kritisieren die Geheimniskrämerei, denn das meiste Geld geht sowieso an Konzerne
Transparenz? Ohne uns. Beim Geld hört die Offenheit auf, geht’s nach Bayerns Agrarminister Helmut Brunner. Europaweit veröffentlichen die EU-Staaten auf Betreiben Brüssels die Empfänger von EU-Agrarsubventionen – immerhin 5,4 Milliarden Euro im Jahr. Seit gestern sind auch die deutschen Daten online – mit Ausnahme Bayerns: Als einziges Bundesland widersetzt sich der Freistaat der Anweisung der EU-Kommission.
Das Ministerium hofft auf den EuGH. Unter www.agrar-fischerei-zahlungen.de ist jetzt einsehbar, welcher Landwirt, welche Kommune und welche Firma Agrarzahlungen bekommt, inklusive der Höhe der jeweiligen Beträge. Für die Lieferung der Zahlen ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernähung zuständig. Die Behörde wiederum bezieht die Daten von den Bundesländern.
In der Liste finden sich auch bayerische Empfänger. „Diese Betriebe bekommen ihre Zahlungen aber über andere Bundesländer“, sagte ein Ministeriumssprecher zur AZ. Bayern würde bei seiner Haltung bleiben und hoffe, vor dem Europäischen Gerichtshof Recht zu bekommen.
700000 Euro Strafe pro Tag?
Offiziell hatten die Bundesländer bis zum 30. April Zeit, der Bundesanstalt die Namen der begünstigten Bauern, Kommunen oder Firmen zu nennen. Alle 26 Empfänger-Länder der EU außer Deutschland hätten bisher die Daten vollständig geliefert, hieß es am Dienstag. Die EU-Kommission leitete mittlerweile ein Verfahren ein. Es könnte den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Dem Freistaat drohen dem Vernehmen nach für jeden Tag, an dem München mauert, 700000 Euro Strafe.
Der deutsche Bauernverband ist trotzdem für die Nachrichten-Blockade. Der Verband fürchtet eine Neid-Kampagne und fordert, dass wenn schon, dann auch die Subventionen für andere Wirtschaftszweige veröffentlicht werden müssten.
34,6 Millionen Euro für Südzucker
SPD und Grüne sind gegenteiliger Meinung. Auch unter Landwirten ist die Haltung des Bauernverbandes umstritten. Unmut regt sich unter anderem bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Deren Mitglieder mutmaßen zum Teil: Die Funktionäre um Bauernpräsident Gerd Sonnleitner wollen nur davon ablenken, dass die EU-Zahlungen mit dem Zutun des Bauernverbands vor allem an Agrarfabriken und Lebensmittel-Konzerne ausgezahlt werden. Mit anderen Worten: Das meiste Geld fließe mit Billigung des Bauernverbandes an Großkopferte, für Familienbetriebe bleibe wenig übrig.
Tatsächlich steht an Platz eins der Liste die Südzucker AG aus Baden-Württemberg. Das Großunternehmen bekam im vergangenen Jahr 2,6 Millionen Euro direkte Beihilfen sowie knapp 32 Millionen Euro sonstige Subventionen. Auf Platz zwei liegt mit gut zehn Millionen Euro das Land Schleswig-Holstein. sun