Steuern runter?
Seine Schulden zahlen oder die Wirtschaft ankurbeln? Georg Thanscheidt, Vize-Chefredakteur, über die steigenden Einnahmen des Staats
Mehr Geld! Politiker aller Couleur freuen sich über die Nachrichten der Steuerschätzer: Die anziehende Konjunktur sorgt dafür, dass die Steuereinnahmen steigen. Mit 1565 Milliarden Euro hatte der Fiskus bis Ende 2012 gerechnet – nun sind es wohl 62 Milliarden mehr, ein Plus von vier Prozent. Die SPD sieht das als Ergebnis ihrer Politik, die jetzige Regierungskoalition hält es für ihr Verdienst – und in der CSU und FDP werden wieder Stimmen laut, diese Mehreinnahmen für Steuersenkungen zu verwenden.
Aber wie sinnvoll ist das? Um das zu beantworten, hilft vielleicht eine buchhalterische Analogie: Stellen Sie sich vor, Sie verdienen 2160 Euro netto imMonat. In der Vergangenheit haben Sie etwas über Ihre Verhältnisse gelebt, so dass Sie im Monat 370 Euro Zinsen für laufende Kredite zahlen müssen. Damit nicht genug: Die laufenden Kosten wachsen Ihnen weiterhin über den Kopf, so dass Sie einen weiteren Kredit über 800 Euro aufnehmen müssen.
In dieser Situation kündigt Ihnen Ihr Chef eine Gehaltserhöhung an – um 80 Euro auf 2240 Euro imMonat. Was tun Sie mit dem Geld? Verringern Sie Ihre Kreditsumme? Zahlen Sie Schulden zurück? Oder sagen Sie Ihrem Chef: Behalt dein Geld und kurble damit die Wirtschaft an?
Diese Summen entsprechen den Eckdaten des Bundeshaushalts, der heuer mit Steuereinnahmen in Höhe von 216 Milliarden gerechnet hatte. Schäuble und Merkel wollen die Mehreinnahmen zur Haushaltskonsolidierung verwenden, FDP und CSU meinen, auf das Geld verzichten zu können.