Kritik an Plänen Reiches für neue kleine Solaranlagen

Die Wirtschaftsministerin stellt die Förderung für neue private Solaranlagen infrage. Dagegen regt sich Protest.
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Wirtschaftsministerin Reiche hatte die Förderung von Ökostrom aus privaten Photovoltaikanlagen zuletzt infrage gestellt.
Wirtschaftsministerin Reiche hatte die Förderung von Ökostrom aus privaten Photovoltaikanlagen zuletzt infrage gestellt. © Philipp Schulze/dpa
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Berlin

Die Pläne von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zum Aus der staatlichen Förderung für neue kleine Solaranlagen stoßen auf Kritik. Der Bundesverband Solarwirtschaft erklärte, die Umsetzung eines derartigen Vorhabens würde die Klimaziele gefährden und die Branche mit ihren rund 150.000 Beschäftigten stark schädigen. Es brauche verlässliche Investitionsbedingungen. Dazu zähle auch eine Förderung für Solarstrom, der nicht selbst verbraucht werden könne. In der SPD wurde vor einer Verunsicherung gewarnt.

Die Grünen riefen zu Protesten auf. "Die Freunde der dezentralen Energiewende in Bürgerhand müssen jetzt aufstehen. Egal ob Kommunen, Unternehmen, Landwirte und Klimaschützer - Reiches Politik hat viele Verlierer" warnte der stellvertretende Grünen-Chef Sven Giegold in der "Augsburger Allgemeinen". Photovoltaikanlagen auf Dächern seien die umweltfreundlichste Form, um Energie zu erzeugen.

Reiches Pläne

Neue, kleine PV-Anlagen rechneten sich schon heute im Markt und bedürften keiner Förderung, sagte Reiche der "Augsburger Allgemeinen". Die Preise für Anlagen und Speicher seien deutlich gesunken. An der Einspeisevergütung für bestehende Solaranlagen will die CDU-Politikerin mit Hinweis auf den Bestandsschutz aber nichts ändern. Reiche sagte der Zeitung weiter, die Vielzahl von nicht steuerbaren, kleinen Solaranlagen speise unkontrolliert ein und setze das Netz unter Stress. "Deshalb sollten PV-Anlagen mit Stromspeichern verbunden und steuerbar sein, am Markt teilnehmen und ihren Strom vermarkten."

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte am Montag, die Förderung der Erneuerbaren werde kontinuierlich angesehen und reformiert. "Das war auch in der Vergangenheit immer so und ist Teil einer verantwortlichen Förderpolitik." Der große wirtschaftliche Vorteil von Dach-Solaranlagen liege heute nicht mehr in der Förderung, sondern im Eigenverbrauch, bei dem der Strom deutlich günstiger sei, als wenn er vom Versorger bezogen werde.

Der Boom der Solarenergie in Deutschland erschwert zunehmend die Steuerung der Stromnetze, wie bereits vor einem Jahr eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben hatte. Dies könne in Stromnetzen zu zeitweisen Engpässen führen. PV-Strom müsse effizient in das Stromsystem integriert werden.

SPD skeptisch

Aus SPD-Fraktionskreisen hieß es, in der gegenwärtigen Situation sei es nicht sinnvoll, unnötig Verunsicherung im Energiemarkt in Bezug auf das langfristige Engagement der Bundesregierung für die Energiewende zu verstärken - unabhängig davon, ob solche Forderungen tatsächlich politisch umgesetzt würden. Zugleich hieß es, wenn bestimmte Technologien auch mit weniger Förderung wirtschaftlich tragfähig sein sollten, könne es sinnvoll sein, Mittel auf andere Bereiche zu konzentrieren, etwa den Hochlauf von Wasserstofftechnologien. 

Verband kritisiert Reiche

Statt "schädliche Debatten" über eine Drosselung des Energiewende-Tempos bei der Photovoltaik zu führen, sollte die Bundesregierung anstehende Aufgaben der Energiewende konsequent angehen, forderte der Bundesverband Solarwirtschaft. Er nannte den weiteren Ausbau der Photovoltaik, einen schnelleren Ausbau von Speichern und Netzen sowie eine Integration des erzeugten Sonnenstroms ins Stromsystem.

Nach einer Umfrage unter Solarinstallateuren würden sich lediglich vier von zehn Kunden ohne eine Förderung noch eine Solarstromanlage im Heimsegment anschaffen, so der Verband. 

Förderung variiert

Wer Solarstrom auf seinem Dach erzeugt und in das Netz einspeist, erhält 20 Jahre lang pro Kilowattstunde einen festen Betrag. Dieser variiert nach Größe der Anlage, Art der Einspeisung und Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Kleine, neu installierte PV-Anlagen, die zur Eigenversorgung und Überschusseinspeisung betrieben werden, erhalten bei Inbetriebnahme seit Anfang August laut Branchenverband folgende Vergütungssätze in der festen Einspeisevergütung - für Anlagenleistungen bis 10 Kilowatt 7,86 Cent je eingespeister Kilowattstunde, für 10 bis 40 Kilowatt 6,80 Cent je Kilowattstunde. Die sogenannte Einspeisevergütung – also der Betrag, den man für ins Netz eingespeisten Solarstrom erhält – wird halbjährlich um ein Prozent gesenkt. Die letzte Kürzung erfolgte zum 1. August.

Reiche will Kurswechsel

Energieministerin Reiche strebt generell einen Kurswechsel bei der Energiewende an. Die Kosten müssten runter, sagte sie Mitte Juli der Deutschen Presse-Agentur. Sie hatte bereits vorgeschlagen, dass sich Betreiber von Ökostrom-Anlagen künftig an der Finanzierung des Stromnetzausbaus beteiligen sollen. Es brauche mehr Steuerbarkeit, um die Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien aus Wind und Sonne ausgleichen zu können. Ende des Sommers will Reiche einen "Realitätscheck" zur Energiewende vorlegen. Mit Spannung wird erwartet, welche konkreten Schlussfolgerungen Reiche daraus zieht. 

Reiches Amtsvorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Die erneuerbaren Energien sollen eine Schlüsselrolle spielen, damit Klimaziele erreicht werden. Der Ausbau der Stromnetze hält aber nicht Schritt. Wegen fehlender Netze müssen erneuerbare Anlagen immer wieder gedrosselt werden. Ausgleichsmaßnahmen gegen Netzengpässe kosten viel Geld.

Hinweis: Diese Meldung ist Teil eines automatisierten Angebots der nach strengen journalistischen Regeln arbeitenden Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie wird von der AZ-Onlineredaktion nicht bearbeitet oder geprüft. Fragen und Hinweise bitte an feedback@az-muenchen.de

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