Im Herbst geht die Post ab

Union und FDP wollen das Steuerprivileg des gelben Riesen abschaffen. Die Konkurrenz stellt sich neu auf, und die Briefträger drohen mit Streik
von  Abendzeitung
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Union und FDP wollen das Steuerprivileg des gelben Riesen abschaffen. Die Konkurrenz stellt sich neu auf, und die Briefträger drohen mit Streik

MÜNCHEN Noch gibt sich Anton Hirtreiter von der Gewerkschaft Verdi friedfertig. „Unser Ziel ist es nicht, dass die Weihnachtsbriefe dieses Jahr nicht ankommen“, sagte er zur AZ. Trotzdem lässt Verdi in der laufenden Tarifrunde mit der Post die Muskeln spielen. Gestern wurde wieder verhandelt, zwei weitere Treffen sind geplant. Scheitern sie, wollen die Briefträger streiken – wennötig, auch im Advent.

Damit steht der Post steht ein heißer Herbst bevor: Während sich die Briefträger für einen Arbeitskampf im Weihnachtsgeschäft rüsten, wollen Union und FDP private Postfirmen besserstellen. Die Konkurrenz will den gelben Riesen ab dem neuen Jahr mit einem bundesweiten Unternehmensverbund, der „Mail Alliance“, angreifen.

In der Briefsparte macht die Post AG noch immer gute Gewinne, die aber bröckeln. Gründe sind die Wirtschaftsflaute und die zunehmende Nutzung von E-Mails. Der Gewinn der Briefsparte im ersten Halbjahr betrug 557 Millionen Euro, 32,2 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Sollen die Briefträger fürs gleiche Geld länger arbeiten?

Postchef Frank Appel zückt deswegen den Rotstift. Seine 80000 Briefträger will er künftig statt wie bisher 38,5 Stunden pro Woche 40 Stunden lang arbeiten lassen – ohne Lohnausgleich. Eine bereits vereinbarte Lohnerhöhung um drei Prozent für alle 130000 Tarifbeschäftigten will Appel aussetzen.

Seine wirksamste Drohung gegenüber den Beschäftigten: Er kann Teile der Briefzustellung an Fremdfirmen vergeben. In der Paketzustellung ist das bereits üblich, aber bisher durch eine Vereinbarung auf 880 Zustellbezirke begrenzt.

Die privaten Konkurrenten der Post hoffen derweil auf das Nürnberger Bundesverwaltungsgericht. Es soll Ende des Jahres entscheiden, ob die Mindestlohnregelung des Bundesarbeitsministeriums rechtens ist. Anfang 2008 setzte Berlin den Mindestlohn im Westen auf 9,80 Euro fest. Doch darüber wird seitdem vor Gericht gestritten. Zudem läuft die Mindestlohnverordnung 2010 aus – und ob Berlin sie erneuert, ist ziemlich fraglich.

Und das Mehrwertsteuerprivileg der Post wackelt. Noch muss der gelbe Riese, anders als die Konkurrenz, keine Mehrwertsteuer zahlen. Der Europäische Gerichtshof hat diese Ungleichbehandlung kritisiert, doch hat sich Berlin bisher mit einer Gesetzesänderung Zeit gelassen. Das dürfte sich ändern. Ein internes Koalitions-Papier spricht bereits davon, das Mehrwertsteuerprivileg zu kippen. sun

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