Neues Projekt von Kulturveranstalter Till Hofmann: Kunst und Widerstände
München - Schon im vergangenen Sommer war Kulturveranstalter Till Hofmann einer der ersten, der statt zu lamentieren wieder Bühnen aufgestellt hat. Nun startet er neben dem Eulenspiegel Flying Circus eine weitere Kulturoffensive.
AZ: Herr Hofmann, in Vor-Corona-Zeiten fragte man sich ja, wie Sie das angestellt haben, mehr oder weniger gleichzeitig in Lustspielhaus, Vereinsheim und Lach- und Schießgesellschaft zu sein. Mittlerweile liegen Ihre verschiedenen Spielorte gehörig weit auseinander - und Sie sind trotzdem überall! Wie machen Sie das?
TILL HOFMANN: Mei, jetzt brauch' ich schon ein Radl.
Eulenspiegel Flying Circus im Innenhof des Deutschen Museums, Veranstaltungen in der Seidlvilla, im Garten der Katholischen Akademie, Zelt-Festival in Passau und nun auch noch "375 Hektar". Wissen Sie eigentlich abends noch, wer gerade wo was spielt?
Klar, steht alles im Kalender.
Digital oder old school?
In so einem klassischen Kalender von der Raiffeisenbank Waldkirchen. Langt völlig.
Die Idee hinter "375 Hektar"
Für "375 Hektar" haben Sie mal wieder jede Menge neue Open-Air-Spielstätten in der Stadt erschlossen. Was ist die Idee hinter diesem Festival?
Dass das mit einem größeren, wachsenden Kollektiv mal was wird. Deshalb ist da jetzt nur für den Anschub etwas mehr Energie nötig, und dann hoffe ich, dass es durch diesen ersten Versuch eine Eigendynamik bekommt, damit man im nächsten Jahr einfach Sommertheater in München machen kann.
Über die Idee "Bayern spielt" haben wir uns ja schon im vergangenen Jahr unterhalten. Es muss halt mal einer anfangen und sich auch an diese Gespräche mit den Behörden wagen. Wie war das?
Die "Bayern spielt"-Idee geht ja genau da hin, dass man öffentliche Räume bespielt, was ja auf dem Land schon wahnsinnig gut funktioniert hat. Aber die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung ist halt einfach nochmal eine andere Liga. Die haben eine bewundernswerte Hartnäckigkeit, Dinge auszusitzen und zu verhindern. Aber auch denen kann man zeigen, dass es auch ohne fette Schäden geht, dass da keine Party mit ein paar Hundert Leuten ist. Da muss man dann in der Stadt halt auch die Diskussion führen: Will man das? Oder will man, dass im Sommer einfach gar nix ist? Nach Tollwood ist ja in der Regel Sommerpause. Die staatlichen Theater haben eh alle Pause. Will man dem Rhythmus festhalten oder lässt man ein kleines Festival wachsen? Mit Sophie Becker von Spielart habe ich mich ein paar Mal getroffen; da ging es darum, auch internationale Gruppen einzuladen, was heuer coronabedingt zu kurzfristig und zu schwierig war. Aber es gibt nun einen breiteren Stock von Koproduktionsmöglichkeiten für die Zukunft.
Die 375 Hektar können noch wachsen, wenn die Behörden mitziehen
Für ein paar Spielstätten im hochheiligen Englischen Garten haben Sie aber doch eine Erlaubnis bekommen.
Die Verwaltung des Englischen Gartens hat, glaube ich, Angst vor Events, die Punk sind, wo es total abgeht. Aber es ist doch schön, wenn das TamsTheater in so einer eingewachsenen Wiese mit seinen Mitteln Theater behauptet, ohne großartige Bühnentechnik und vielen Dezibeln. Ein paar Plätze wurden ja genehmigt, aber da wäre schon noch Luft nach oben. Die 375 Hektar können noch wachsen, wenn die Behörden mitziehen. Zumal der Präsident der Schlösser- und Seenverwaltung, der Herr Schreiber, zugleich auch Vereinsvorsitzender der Theatergemeinde München ist.
Also dazu prädestiniert, Theater zu ermöglichen.
Er könnte genehmigen, durchführen, und ich würde es plakatieren für ihn.
Wir haben ja einen recht nassen Sommer hinter uns. Wie schaut die Bilanz Ihrer Open-Air-Veranstaltungen aus?
Gut, wir mussten nur wenig absagen, konnten den Zuschauern immer Ersatztermine anbieten. Interessant war eine Erfahrung vor zwei Wochen: Da war für ein Konzert von Dreiviertelblut abends Gewitter vorhergesagt, und wir haben die Leute angeschrieben, ob sie auch nachmittags kommen würden - es waren 300 Leute da! Es geht also doch - wenn man flexibel ist.
Der Herbst naht, die vierte Welle rollt - mit welchen Gefühlen schauen Sie auf das Ende der Open-Air-Saison? Wird es heuer einen Umzug ins Warme geben?
Es gibt noch keine Ansage der Politik, und ich könnte mir vorstellen, dass das bis zur Bundestagswahl auch so bleiben wird. Sollte es bei den bislang geltenden Abstandsregeln von 1,50 Metern bleiben, bekommen wir ins Lustspielhaus nur 70 Leute rein. Damit haben wir ja alle zu tun. Das Volkstheater öffnet bald: Da sind wahrscheinlich Tausende neugierig, und die wissen nicht, wie sie jetzt nach außen gehen können. Wir brauchen auch einen Werbevorlauf von ein paar Wochen. Und das Publikum kauft keine Karten, wenn es weiß, dass es vermutlich wieder verschoben wird. Es ist eine Unsicherheit da, da muss man sich jetzt rantasten. Einfach Geduld haben und mit Gelassenheit rangehen.
Festival vom 26. August bis 12. September, alle Termine unter 375hektar.de