Thomas E. Bauer würde den Neubau mit Aktien finanzieren

Bürgerbewegung statt Klassikdämmerung: Eine Debatte des Werkbunds und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in der Residenz
Robert Braunmüller |
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Von Blaibach lernen, heißt siegen lernen. Auch in diesem Dorf im Landkreis Cham wurde zehn Jahre über einen Konzertsaal gestritten. Aber nun steht er da, als Beton-Kristall in seiner minimalistischen Pracht. Ein Vorbild für München, findet der Bariton Thomas E. Bauer, der das Projekt im Bayerischen Wald maßgeblich betrieben hat.

Bauer war als Joker zu einer nichtöffentlichen Veranstaltung des Deutschen Werkbunds in den Räumen der Bayerischen Akademie der Schönen Künste am Montag abend eingeladen. Der Künstler findet, dass sich die Bürger, die einen Konzertsaal-Neubau wollen, mit vereinten Kräften kämpfen sollten. Ihm schwebt die Gründung einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft vor, bei der sich jedermann auch mit kleineren Beträgen beteiligen kann. Der Zoologische Garten sei im Berlin des 19. Jahrhunderts auf ähnliche Weise finanziert worden.

Aus der Mitte der Gesellschaft

Der Staat habe in Blaibach gefödert und beraten, aber nicht selbst gebaut. Auch in München müsse die Initiative aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Konzertbesucher, Künstler und Orchester sollten endlich an einen Tisch. Gemeinsam werde man mehr erreichen, und wenn ein namhafter Betrag beisammen sei, könne sich der Staat einer weiteren Förderung nicht mehr verschließen.

Kunstminister Ludwig Spaenle sagte dazu nicht nein. Immerhin. Bauer schlug außerdem vor, die Standortdebatte eine Weile ruhen zu lassen. Da widersprach ihm BR-Intendant Ulrich Wilhelm vorsichtig: Die Großspender wollten nach seiner Erfahrung wissen, wo gebaut werde. Eine gewöhnlich gut informierte Person meinte hinterher, die von Bauer vorgeschlagene Idee einer gemeinnützigen AG sei schon geprüft und aus juristischen Gründen verworfen worden. Eigentlich schade. Die Wiedervorlage sollte erlaubt sein.

Die Gasteig-Sanierung als Götterdämmerung der Klassik?

Der Dirigent Mariss Jansons wirkte genervt. Er wolle endlich Taten sehen. Dafür gab es viel Beifall. Wer wie Spaenle oder der städtische Kulturreferent Hans-Georg Küppers auf die Regeln demokratischer Willensbildung des Haushaltsrechts verwies, erntete Murren. Manchmal bekommt man den Eindruck, der Bildungsbürger würde lieber in Putins Russland, am Persischen Golf oder in China leben, wo ohne Mitsprache der Bevölkerung ruckzuck die Bagger anrollen.

Dieter Koppe vom Werkbund traf die herrschende Stimmung am besten: Er rechnete vor, dass Neubau samt Sanierung der bestehenden Säle nur 40 Millionen Euro teurer sei als die von Horst Seehofer und Dieter Reiter anvisierte „Zwillingslösung“ eines Gasteig-Umbaus samt Ertüchtigung des Herkulessaals. Und der Ausweich-Spielort für die Umbauphase dann wäre auch schon da. Der Differenzbetrag soll von Spendern aus der Wirtschaft kommen.

Wenig Vertrauen ins Publikum

Die Gasteig-Sanierung götterdämmerte als Drohung durch die Debatte. Angeblich würden in Ausweichspielstätten die Abonnenten davonlaufen. Das widerspricht den ständigen Beteuerungen, wie interessiert, treu und aufgeschlossen das hiesige Publikum sei. Warum sollte es hasenfüßig ausbleiben, nur weil das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in einer akustisch optimierten Fabrikhalle spielt? Und dass es auch Räume für Jazz, Pop und Weltmusik braucht, kam in der sehr abendländisch geführten Debatte nicht vor.

Viele Spatzen pfeifen bereits von den Dächern, dass die ominöse Arbeitsgruppe in ein, zwei Monaten die ungeliebte Zwillingslösung verwerfen wird. Dann wird wieder der Kongresssaal ins Spiel gebracht werden. Der Schwarze Peter läge beim Deutschen Museum, dem das Geld für die Sanierung des Baus ausgegangen ist. Wie’s da nach Jahren des Leerstands drin aussieht, ist übrigens ein Geheimnis: Das Museum lässt die Presse nicht rein.

Wer weiß? Vielleicht legt der Osterhase einen Konzertsaal. Zwei Wochen Ferien tun dieser Debatte gut. Alles ist mehrfach nun schon von allen gesagt worden.   

 

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