Kunstminister auf dünnem Eis: Das Salz auf der Breze der bayerischen Hochkultur
München - Auf bairisch jemanden auf einen "Breznsalzer" zu nennen, grenzt an eine Beleidigung: Damit ist eine geistig wenig bewegliche Person gemeint. Insofern bewegte sich Bayerns Kunstminister Markus Blume auf dünnem Eis, als er in seiner Begrüßung auf der Terrasse des Hauses der Kunst die in der Pandemie durch die Schließung von Spielstätten stark gebeutelte Freie Szene als "Salz auf der Breze" lobte.
Was natürlich vor allem nett gemeint war: Ohne Salz schmeckt die Breze nicht. Und dass manchmal zu viel Salz auf der Breze ist, passt angesichts der Überproduktion im Frühsommer auch ganz gut. Weshalb wir in Zukunft die Körner - mit Gedanken an die Freie Szene - achtsamer von der Breze kratzen wollen.
Ministerpräsident Söder lobt Minister Blume als "großes politisches Talent"
Blume hatte gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten Markus Söder zu einer "Kultur-Sommer-Lounge" geladen: einem zwanglosen Termin für Künstler und Kulturpolitiker auf der Terrasse des Hauses der Kunst. Gedacht war es als Stimmungsaufheller nach der Corona-Zeit, in der sich berechtigter und unberechtigter Ärger angestaut hatte - vor allem bei den von Spielstättenschließungen betroffenen darstellenden Künstlern zwischen Klassik, Pop, Schauspiel und Kabarett.
Söder lobte seinen Minister als "großes politisches Talent". In seiner Begrüßung kündigte er an, dass er Schließungen und Lockdowns im kommenden Herbst vermeiden wolle. Ihm sei bewusst, dass sich der Kulturbereich gegenüber der Gastronomie und dem Fußball in den letzten zwei Jahren vernachlässigt gefühlt habe.
Der Ministerpräsident übte in diesem Punkt vorsichtige Selbstkritik, betonte aber auch, dass mit Hilfen nicht gespart worden sei. Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Kommunen, die ihr Engagement trotz staatlicher Ausgleichszahlungen zurückgefahren hätten.
Haus der Kunst: Ausstellung "Nebel Leben" zieht auch museumsunwillige Leute an
In einem Nebensatz bezeichnete Söder die antisemitischen Vorfälle auf der Documenta in Kassel als inakzeptabel. Konkrete Aussagen zu aktuellen Projekten wie zum Stand der seit Jahren überfälligen Sanierung des Hauses der Kunst vermied der Ministerpräsident. Er stellte allerdings klar, dass ihm Investitionen in Köpfe gleich so wichtig sind wie die in Beton.
Andrea Lissoni, der künstlerische Geschäftsführer des Hauses der Kunst, betonte seinen Öffnungswillen für alle Schichten und Altersgruppen. Mit Fujiko Nakayas "Nebel Leben" hat er noch bis Ende des Monats eine Attraktion im Programm, die auch eher museumsunwillige Leute anzieht.
Die Sache mit dem Salz auf der Breze trägt eine tiefere Wahrheit in sich: Tatsächlich war die Förderung der Freien Szene in Bayern bisher kein Schwerpunkt der auf Institutionen wie Museen und Theater konzentrierten staatlichen Kulturpolitik. Schon vor der Pandemie setzte unter Blumes Vorgänger Bernd Sibler hier ein Bewusstseinswandel ein, der nun nicht mehr unumkehrbar scheint. Und das ist auch gut so: Salzlose Brezen sind fad.