Kunstspaziergang im Petuelpark: Immer dem Cowboy nach
München - Richtig fette Torten liegen im Schaufenster: mit Buttercreme und Sahne, Marzipan und zentimeterdicker Schokoglasur. Doch leider: alles Fake! Alexandra Ranners süße Versuchungen bestehen aus Plastik. Zur aktuellen Situation passt das ganz gut, denn das Café Ludwig, an dessen Außenwand die Kuchenvitrine Besucher anlockt, ist Corona-bedingt geschlossen.
Der dreistöckige Kubus bildet das Zentrum des Petuelparks. Hier trifft man sich normal auf einen Espresso und kann währenddessen den dreiteiligen Sternennebel der Amerikanerin Kiki Smith bewundern - sie wurde vor etwa zwei Jahren im Haus der Kunst und in der Pinakothek der Moderne mit großen Ausstellungen gewürdigt. Nun muss man sich mit "to go"-Kaffee begnügen. Das ist aber zu verschmerzen, denn draußen hat man gleich noch mehr Kunst im Blick.
Petuelpark: Lärmfrei zwischen Schwabing und Milbertshofen spazieren
Auf nicht einmal acht Hektar Fläche sind Werke von zwölf Künstlerinnen und Künstlern verteilt. Die Konzentration dürfte in keinem Münchner Park so hoch sein. Und dass direkt unter den Grünflächen die Autos durchrauschen, muss man schon wissen. Seit der Eröffnung im Jahr 2004 spaziert man quasi lärmfrei zwischen Schwabing und Milbertshofen.
Das Konzept des Kunstprojekts hat der Bildhauer Stephan Huber (u. a. Regal mit Bergspitzen vor der Neuen Messe) ausgetüftelt, wobei Spielplätze und Sportwiesen ganz selbstverständlich dazu gehören. Genauso sind Ruheparzellen wie etwa die rosarote Rosenpergola (Aribert von Ostrowski) im unteren Bereich oder der von hohen Hecken eingefasste "Hortus Conclusus" (Rodney Graham) von Künstlern gestaltet.
Wo hat Harald Klingelhöller ein "Rhetorisches Wäldchen" installiert?
Der Rückzug ist zum Leitmotiv des Parks geworden, man kann besonders im "Paradiesgärtlein" zwischen den Hecken gut abschalten. Und wer sich zufällig um 16.15 Uhr dort aufhält, hört den Kinks-Hit "I'm On An Island" in der Version der Rodney Graham Band". Wer dennoch lieber doziert oder einen Vortrag halten möchte, für den hat Harald Klingelhöller gleich nebenan ein "Rhetorisches Wäldchen" installiert.
Die Rednerpulte sind aus schwarzem und weißem Granit gefertigt, und auf Knopfdruck spenden sie außerdem Trinkwasser - im Sommer dann wieder. Auch Bogomir Eckers Periskop ist mit Blick auf den Winter bereits stillgelegt. Eigentlich kann man durch seinen Kasten auf den Verkehr im Tunnel schauen, also "aus der Idylle hinab ins Inferno", wie er sagt. Das wäre ebenso ein Grund, wieder herzukommen.
Nur der kleine Cowboy reitet unverdrossen weiter. Und auf jeden Fall gewinnt er mit seinem schwer bepackten Maulesel den Sympathiepreis der Besucher. Für die Bildhauerin Pia Stadtbäumer steht "Go!", so der Titel, für die Statussymbole unserer Zeit. Vor 15 Jahren gab's noch kein Smartphone, wenigstens ist der Bursche nicht auch noch dauernd online. Stattdessen dreht er sich um die eigene Achse, er kommt also doch nicht zur Ruhe.
Holzschnitthafte Madonna mit Kind am Biedersteiner Kanal
Auf einer kleinen Lichtung am nordwestlichen Ende des Petuelparks steht ein achteckiger Pavillon und damit eine klassische Gartenarchitektur. Raimund Kummer stellt das menschliche Innenleben zur Schau, wie das konkret aussieht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Man könnte aber auch frech von grünen Monstergurken sprechen.
Wer weiter gen Westen zieht, erspäht am Biedersteiner Kanal, der durch den Park fließt, eine eher holzschnitthafte Madonna mit Kind. Hans van Houwelingen hat eine Skulptur aus dem 15. Jahrhundert kopiert. Und - welch Wunder - aus der Hand des Jesusknaben fließt im Sommer Wasser. Wenn es dunkel wird, entwickelt der Park seine wahre Magie. Denn die von Dietmar Tanterl gestalteten 70 Edelstahl- stelen sind mit Scheinwerfern ausgestattet, die faszinierende Farben übers Gelände legen.
Mit der U-Bahn bis Petuelpark oder Milbertshofen, oder mit dem Bus 142, Haltestelle Barlachstraße.