Galerie der Künstler zeigt Kunst der Sinnlichkeit
München - Eine beunruhigende Idylle: Zwischen quietschbunten Hügeln und einer nicht näher bestimmbaren Hochhaus-Metropole wuchert so einiges, aber die Menschen fehlen.
In Josef Köstlbachers Weltlandschaft "Openworld" variieren Vorder- und Mittelgrund stilistisch, woraus eine gewisse Reibung entsteht. Auch die anderen Großformate - beide in Schwarzweiß - des Malers, der an der Münchner Akademie studiert hat, machen Eindruck - in kleinteiliger Fülle und unterschwellig apokalyptischer Wirkung. Köstlbacher ist einer der acht jungen Künstler, die derzeit in der Galerie der KünstlerInnen in der Ausstellung "Die ersten Jahre der Professionalität" ausstellen.
Wie die Erweiterung von Köstlbachers Malerei in die nächste Dimension wirkt der von Dana Greiner gestaltete Saal nebenan: Wandarbeiten, Skulpturen, Sound und Video - ein aufreizender Mixed-Media-Overkill für ein multitasking-gewohntes Publikum, dessen Aufmerksamkeitsspanne kaum mehr 12 Sekunden in einem einzigen Medium schafft.
Olga Golos: Bedrückend aktuelle Botschaften
Mit erheblich weniger Effekten arbeitet Olga Golos: Für ihre Diplom-Arbeit an der Akademie hatte sie 2017 die Wand-Installation "Transit" geschaffen. Nun ist diese zusammen mit ihrer aktuellen Serie "Missing" in der Galerie der Künstler zu sehen.

"Transit" ist bedrückend aktuell. Sie bezieht sich auf Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, und besteht aus mehreren Dutzend Fuß-Fragmenten aus Gips, die aus der Wand hervortreten: Mal sieht man eine Ferse, mal nur die Zehen. Daneben sind je ein Datum sowie Geo-Koordinaten geschrieben. Die Daten halten Ort und Zeit einer Etappe auf der Flucht fest.
Die Serie "Missing" wiederum umfasst elegante Objekte aus mattem weißen Plexiglas. Ihre Oberflächen erinnern an Weltkarten und sind von Pfeilen übersät, die Luftströme oder Flugrouten darzustellen scheinen. Golos abstrahiert die unheilvolle Dynamik der Zeitläufte und verwandelt sie in Zeichen. Weitere ihrer präzise gefertigten Falt-Skulpturen und Wand-Arbeiten stellt sie zeitgleich auch in der Galerie J.J. Heckenhauer aus.
Übermenschengroß: Anne Seilers unheimliche, gesichtslose Vogelscheuchen
Auch Max Haarichs mehrteiliges Arrangement, das um die utopische und real existierende Republik "Uzupis" kreist, ist nah an unserer verfahrenen Gegenwart: "Uzupis", deren ideeller Mitbürger Haarich 2017 wurde, wurde 1997 in Vilnius gegründet.
Eine inzwischen global vernetzte Community, deren Verfassung Selbstbestimmung und Freiheit des Individuums hochhält. Daneben wirkt die kinetische Raum-Installation "Trying Catching Falling" des Duos Pfeifer & Kreutzer, die wie eine freundliche Riesen-Spinne beim Schattenboxen aussieht, geradezu rührend spielerisch.
Übermenschengroß sind auch Anne Seilers unheimliche, gesichtslose Vogelscheuchen. Seiler, ebenfalls Absolventin der Akademie, nähte den Totem-artigen Puppen sonderbar-schicke Klamotten. Und ihre beiden Paare überdimensionierter Hippen, Schuh-Skulpturen aus Lindenholz, wirken wie Accessoires aus der Kleiderkammer des Schreckens.
Rettung vor zu viel Alptraum-Motiven bieten nebenan Hannes Heinrichs Bilder: Impressionistisch anmutende Großformate, deren klar analytische Gegenständlichkeit keinerlei malerische Sinnlichkeit einbüßt.
Bis 8. Mai, Galerie der KünstlerInnen (Maximilianstraße 42), Mi/Fr/Sa/So, 11-18, Do, 13-20 Uhr; Galerie J. J. Heckenhauer, bis 28. Mai, Do 15-18 / Sa 11-14 Uhr und nach Vereinbarung
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