Klo, Blut, Fäkalien: Kritik zum Feuchtgebiete-Film
Es gibt viele Erfolgsbücher, die als unverfilmbar galten, bevor die doch Beute des Kinos wurden. Aber bei wenigen war es so deutlich, warum es eigentlich nicht geht, wie bei Charlotte Roches Bestseller „Feuchtgebiete“. Ein Buch, das in seiner Beschreibung von Hämorrhoiden, Analfissuren, Körpersekreten und Ausscheidungen (und der speziellen Verwendung von Avocadokernen) so explizit und detailliert ist, dass es nicht allen 2,5 Millionen Buchkäufern gelang, das Ende der Geschichte zu erreichen. Leinwandträume sehen definitiv anders aus.
Dabei übersahen manche, dass hinter der Provokation und der Selbstzerstörung der Protagonistin Helen Memel tiefer Seelenschmerz steckt. Sie aus der unglücklichen und später geschiedenen Ehe ihre Eltern nicht verdrängen kann: Den missglückten Selbstmordversuch der Mutter, die ihren kleinen Sohn mit in den Tod genommen hätte.
Feuchtegbiete: Der Umtausch-Bestseller
Wie aber geht der junge Regisseur David Wnendt mit dem Buch um? Er zeigt alles, was die Ekelgrenze des Zuschauers (und die Schamgrenze des mitfinanzierenden ZDF) gerade noch zulässt - schon dafür gebührt Schauspielerin Carla Juri eine Tapferkeitsmedaille. Aber unter all den Klo- und Krankenhausszenen, zwischen Blut und Fäkalien erstickt die familiäre Geschichte. Das ist schade, denn immer wenn die Mutter (Meret Becker) und der Vater (Axel Milberg) mit ins Spiel kommen, wird deutlich, dass „Feuchtgebiete“ in intelligenterer und weniger auf vermeintlichen Tabubruch zielender Umsetzung ein bewegender Film hätte werden können.
AZ-Kritik: So eklig ist der Feuchtgebiete-Film
Wnendt und sein Drehbuch-Co-Autor aber schaffen es nicht, den Zuschauer emotional zu binden, es sind sehr lange und langweilige 109 Kinominuten, auch wenn Edgar Selges Visiten als Professor Notz hinreißend sind.
Ästhetisch scheint Wnendt ein Art deutsches „Trainspotting“ vorgeschwebt zu haben, doch ob seine Erfindung von Mikropilzlandschaften und mit Technoklängen unterlegten Drogentrips auch jenen fernen Kultstatus erreichen, scheint schwer vorstellbar. Auch Roches zweiter Bestseller „Schoßgebete“ wird bereits verfilmt. Man kann nur hoffen, dass es Regisseur Sönke Wortmann besser gelingt als Wnendt, die emotionale Seite der Geschichte zu retten und nicht auf die Sogkraft des „Skandals“ zu bauen.
Feuchtgebiete startet bundesweit am 22. August