Comic erklärt Klimawandel: Jeder kann einen Beitrag leisten

Christophe Blain hat gemeinsam mit dem Energie-Experten Jean-Marc Jancovici ein Comic verfasst, das anschaulich und humorvoll erklärt, wie sich der Klimawandel bremsen lässt.
Birgit Holzer |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Alle Formen der Energiegewinnung werden von den Autoren auf Vor-und Nachteile geprüft.
Alle Formen der Energiegewinnung werden von den Autoren auf Vor-und Nachteile geprüft. © Reprodukt Verlag

Was wäre, wenn die immense Herausforderung des Klimawandels umfassend, lebendig und sogar amüsant erklärt würde? Wenn ein Problem fassbar gemacht würde, das alle betrifft, aber zugleich derart komplex und bedrohlich erscheint, dass manche es lieber weit von sich wegschieben? Genau das hat der französische Comicautor Christophe Blain versucht, gemeinsam mit dem Energie- und Klimaexperten Jean-Marc Jancovici. Sie veranschaulichen, welche Hebel betätigt werden sollten, um die Klimaerwärmung und ihre drohenden Auswirkungen zumindest zu begrenzen.

Der Comiczeichner Christophe Blain.
Der Comiczeichner Christophe Blain. © Foto: Dargaud

Menschheit ist auf Überleben programmiert

"Welt ohne Ende" heißt ihr Gemeinschaftswerk, das nun auf Deutsch erscheint. Mit mehr als 300.000 verkauften Exemplaren ist es in Frankreich ein großer Erfolg. Der Titel sei "ironisch und widersprüchlich", sagt Blain im Gespräch. Einerseits spiele er auf die gefährliche Vorstellung von einem Wachstum ohne Ende an, andererseits auf das Ende der Welt - an das er persönlich nicht glaube: Die Menschheit werde nicht verschwinden, weil sie auf Überleben programmiert sei. Sie könne aber auch nicht unter denselben Bedingungen weitermachen. "Damit die Welt kein Ende findet, müssen wir jetzt handeln", sagt er und klingt dabei wie einer der Verfasser des soeben veröffentlichten Weltklima-Berichts.

Handeln, das hieß im Fall von Blain: zeichnen. Um zu erklären, zu informieren, vor allem um aufzurütteln. Sein Bruder habe ihn 2018, kurz nach einer sommerlichen Hitzewelle, auf den renommierten Universitätsprofessor Jancovici aufmerksam gemacht und ihn regelrecht bedrängt, ihm ein gemeinsames Projekt vorzuschlagen. "Ich habe ungefähr eine halbe Sekunde überlegt, bevor ich zusagte", erzählt Jancovici.

Der "Iron Man" in "Welt ohne Ende".
Der "Iron Man" in "Welt ohne Ende". © Foto: Reprodukt Verlag

Jancovici wollte Erkenntnisse schon lange mit breiter Öffentlichkeit teilen

"Viele Menschen unterschätzen noch immer das Ausmaß des Klimaproblems, seine systemische Seite und die Tatsache, dass es kein Entrinnen gibt." Die Klimaschutzziele zu erreichen und dabei nichts an der aktuellen Lebensweise zu ändern, sei unmöglich. Seit längerem habe er nach einer Möglichkeit gesucht, seine Erkenntnisse über seine Universitäts-Konferenzen hinaus mit einem breiteren Publikum mitzuteilen. Da kam die Anfrage von Blain, Autor mehrerer Erwachsenen-Comics. Sein preisgekröntes Werk "Quai d'Orsay" über das französische Außenministerium ist auch verfilmt worden.

In dem Buch gelingt es beiden, vermeintlich trockene und knifflige Zusammenhänge humorvoll und unterhaltsam darzustellen. Mutter Natur tritt als große, nackte Frau mit üppiger roter Haarmähne auf, die Energie erscheint in Form einer Iron-Man-Figur. Diese könne "superhoch und superschnell, superweit sehen, supertief bohren", sie müsse niemals frieren oder schwitzen, heißt es.

Auch unseren unstillbaren Durst nach Öl thematisieren Blain und Jancovici in ihrem Comic
Auch unseren unstillbaren Durst nach Öl thematisieren Blain und Jancovici in ihrem Comic © Reprodukt Verlag

Natürlich habe all das seinen Preis - von rund fünf Prozent des Einkommens eines jeden einzelnen, erklärt die Jancovici-Figur gegenüber Blain. Dieser Dialog stellt das Gerüst der Erzählung dar. Wie entsteht Energie und welche Auswirkungen hat ihre Erzeugung auf die Erwärmung der Erde? Was sind Treibhausgase und wie entwickeln sie sich? Sind steigende Temperaturen überhaupt so schlimm?

"Es wird mehr und mehr unplanbare Schläge geben"

Nun ja, erwidert Jean-Marc Jancovici: "Einige Grad mehr in 20.000 Jahren haben das Antlitz der Erde umgekrempelt. Was werden einige Grad mehr in einem Jahrhundert bewirken?" Er gibt die Antwort selbst: Orkane, Waldbrände, Dürreperioden, welche Hungersnöte und Völkerwanderungen auslösen. Die einzige echte Gewissheit laute: Überraschungen stehen bevor. "Mit der Zeit und der zunehmenden Destabilisierung wird es mehr und mehr Schläge geben, die wir nicht kommen sehen werden", sagt der Fachmann.

Jeder könne einen Beitrag leisten, das Schlimmste zu verhindern. Von der strikten Reduzierung der Auto- und Flugzeug-Nutzung über eine bessere Isolation der Wohnungen bis hin zu einem bewussteren Einkaufen, bei dem Kunden auf regionale Herstellung achten und weniger Fleisch essen. "Es gibt nicht die eine große Methode, die wir ein- für allemal anwenden können", sagt der 51-jährige Blain. Es gehe nur Schritt für Schritt.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Fokus des Comics: Vergleich verschiedener Energiegewinnungsformen 

Das Hauptaugenmerk des Buchs liegt auf den Grundlagen der verschiedenen Produktionsweisen von Energie und deren Trägern: Der jeweilige Ausstoß und Nutzungsgrad eines Kernkraft-, Kohle-, Gas- und Wasserkraftwerks werden einander gegenübergestellt, der Unterschied zwischen steuerbarer und abhängiger Produktion beschrieben. Hier zeigt sich Jancovici als Anhänger der Atomkraft als extrem konzentrierte Energie. "Wind- und Sonnenenergie genießen einen sympathischen Ruf, weil sie ihre Energie aus dem schöpfen, was am natürlichsten erscheint." Dabei bräuchten sie viel Platz, zerstörten landwirtschaftlich genutzte Böden, beeinträchtigten das Leben bestimmter Tierarten, etwa der Fledermäuse.

Deutsche Angst vor Kernkraft ist "disproportional"

In der Folge erklärt Jancovici, warum in französischen Atomkraftwerken Katastrophen wie in Tschernobyl und Fukushima nicht eintreten könnten. Die Reaktion der Deutschen sei tausendfach tödlicher als alle nuklearen Unfälle zusammengenommen. Hätten sie anstelle von Kohlekraftwerken ihre AKWs behalten, hätten sie bis Ende 2021 so viel CO2 vermieden, wie die gesamten Emissionen ihres Landes für ein Jahr, heißt es. Christophe Blain ist sich bewusst, dass diese Thesen in Deutschland anecken können. Doch die dortige Angst vor der Kernkraft sei "disproportional", sagt er.

Christophe Blain, Jean-Marc Jancovici: "Welt ohne Ende" (Reprodukt-Verlag, 39 Euro)

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.