Auf in die Bruchteilzeit!
Beim Aschermittwoch der Kabarettisten in der Philharmonie werden die Töne wieder politischer: Den meisten Stoff lieferten Westerwelles Hartz-IV-Polemik und „Kriegsähnlichkeiten“
Angesichts der harten Zeiten müsse das Kabarett ernsthafter werden, hatte Christian Springer gefordert. Bei dem von ihm moderierten Aschermittwoch der Kabarettisten wollten alle sieben Künstler den Anspruch erfüllen. Thema des Tages war natürlich Guido Westerwelles Hartz-IV-Polemik, dicht dahinter rangierten der Begriff „kriegsähnlich“ und die gegelten Haare Guttenbergs, laut Helmut Schleich „der erste Minister seit 1945, der den Deutschen den Krieg erklärt“.
Christian Springer und seine Kunstfigur Fonsi nahmen sich den politischen Aschermittwoch vor. Westerwelle definiert mit dem Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg das Existenzminimum neu: zwei Heuschrecken und ein Wurm am Tag. Und Peter Ramsauer fährt auf Langlaufskiern in Wildbad Kreuth vor.
Steinmetz Helmut Schleich hat ein Problem: Wie meißelt man ein „kriegsähnliches“ Denkmal für in Afghanistan gefallene Soldaten? Weil sich der Staat sich die Bürger nicht mehr leisten kann, mosert der Franke Bernd Regenauer gegen die Rentner, die sich trotz ihren hohen Alters vermehren. Aus Teilzeit muss Bruchteilzeit werden, und der Bahn schlägt er eine radikale Fahrplanvereinfachung vor: „Im Laufe des Vormittags, vor Einbruch der Dämmerung, kann schon mal Abend werden.“
"Ich bin für Revolte"
Ruhrpott-Kumpel HG Butzko sorgt sich: „Was soll aus den Banken werden, wenn andereanfangen, mit Kriminellen Geschäfte zu machen?“ Er weiß: Geld geht wie Wasser den Weg des geringsten Widerstands – leider wohnt er am Fuß einer Talsperre. Für den Kölner Fatih Çevikkollu hat die SPD so viel Prozent wie eine Apfelschorle, und Westerwelle ist die Pippi Langstrumpf der FDP. Und Robert Griess vom Kölner Assi-Adel setzt sich als Proll-Vater handfest gegen Lehrer durch, die die Kinder anhand der Vornamen in Ober- und Unterschicht klassifizieren. „Ich bin für Revolte!“, droht er.
Lisa Fitz als einzige Frau verließ sich zunächst auf ihr Dauerthema Männer und den Luxus eines Pelzmantels, ehe sie den Ölbohrern in Afghanistan (und verspätet dem US-Ex-Verteidigungsminister Rumsfeld) auf den Fuß trat, den die auf der Pipeline haben.
Das Pasadena Roof Orchestra mit dem steppenden Sänger Duncan Galloway swingte fröhlich. Große Zustimmung erntete Springer am Ende für seinen ganz persönlichen Appell an den FDP-Chef: „Sie benutzen die Ärmsten der Armen für Ihre Propaganda. Wer ist der nächste, gegen den Sie das Volk aufhetzen? Sie sind Vizekanzler – da will ich jemand, der verantwortungsbewusst und menschlich ist. Sie sind beides nicht. Gehen Sie, Herr Weisterwelle! Wir kommen ohne Sie gut zurecht.“
Gabriella Lorenz