Küppers schlägt Barbara Mundel vor

Barbara Mundel gilt als Favoritin für die Nachfolge von Matthias Lilienthal an den Kammerspielen
Robert Braunmüller |
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Es wäre ein Déjà-vu. Als Barbara Mundel Intendantin in Freiburg war, wurde sie stets an Andreas Beck vom benachbarten Theater Basel gemessen. Diese Konstellation könnte sich nun auf noch engerem Raum wiederholen: Beck leitet ab September 2019 das Residenztheater, Barbara Mundel soll ein Jahr später die Münchner Kammerspiele übernehmen, wenn es nach dem Rathaus geht.

Nach AZ-Informationen der will Kulturreferent Hans-Georg Küppers dem Stadtrat die gebürtige Hildesheimerin als Nachfolgerin für den glücklosen Matthias Lilienthal vorschlagen. Dem Vernehmen nach hätten sich Oberbürgermeister Dieter Reiter und SPD-Fraktionschef Alexander Reissl auf Mundel geeinigt.

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Dass die Personalie durchsickerte, ehe gestern nachmittag die übrigen Fraktionen des Stadtrats informiert wurden, ärgerte die Grünen ein bisschen. Mundel ist aber im Moment noch nicht einmal designierte Intendantin. Erst am Montag diskutieren die Fraktionen über den Vorschlag, ehe voraussichtlich am 11. Oktober der Kulturausschuss berät. Das heutige Stimmungsbild bei SPD und CSU verspricht aber ein reibungsloses Verfahren.

Gelobt, aber ungeliebt

Die 59-jährige Dramaturgin und Regisseurin kennt München und das Haus an der Maximilianstraße seit vielen Jahren. Mundel studierte an der Münchner Uni und arbeitete als Regieassistentin am Staatsschauspiel. Später, im letzten Jahr der Intendanz von Franz Baumbauer, war sie Chefdramaturgin der Kammerspiele.

Davor gehörte sie von 1995 bis 1999 zum Leitungsteam der Berliner Volksbühne unter Frank Castorf. Danach leitete sie das Luzerner Theaters, wo sie als „gelobte, ungeliebte Fremde“ galt. Eine Berufung zur Intendantin der Kölner Oper scheiterte 2005 im letzten Moment am damaligen Kölner Oberbürgermeister.

Von 2006 bis 2017 leitete Mundel das Stadttheater Freiburg, zuletzt wirkte sie als Dramaturgin der Ruhrtriennale. Dieses Festival stand zuletzt wegen des Streits um das Engagement von Künstlern in der Kritik, die der israelkritischen bis antisemitischen BDS-Bewegung nahestehen. Auch über dieses Thema scheint man im Rathaus mit Mundel gesprochen zu haben, ihre Antworten sollen die Kulturpolitiker überzeugt haben.

Das ganz große Prickeln löst der Vorschlag des Kulturreferenten vorerst nicht aus. Mundel gilt eher als Expertin für Musiktheater. Freiburger Beobachter konstatierten eine Mischung aus Blutleere und Aktionismus, auch von gelegentlichen organisatorischen Defiziten wird berichtet. Überregional wurde das Theater in ihrer Ära kaum wahrgenommen – zu stark war die übermächtige Konkurrenz in Basel. „Vielfach hatte man das Gefühl, dass das Haus sich in übermotivierten Tagungen und Sitzkreisen verlor“, schrieb eine örtliche Zeitung zu ihrem Abschied.

Unter lauter Platzhirschen

Das alles muss für München nichts heissen. Eine Rückkehr zum klassischen Text- und Dramentheater wäre mit Mundelnicht zu erwarten. Sie steht für ein kommunikatives Stadttheater, das gesellschaftlich und politisch Partei ergreift. Sozusagen ein weiblicher, durch Baumbauer gebändigter Lilienthal, der hoffentlich nicht – wie das Original – auf Widerstände bockig reagiert.

Etwas netter formuliert es Küppers in einer Pressemitteilung: Mundel stehe „für eine umsichtige Öffnung des Stadttheaters, was Inhalte, Formate und Zielgruppen angeht.“ Sie werde „an die traditionsreiche und stets nach vorne gerichtete Linie der Münchner Kammerspiele anknüpfen.

Ein Spaziergang wird diese Intendanz ohnehin für keinen: Lilienthal hat trotz interessanter Ansätze bis zu einer Auslastung von 63 Prozent leergespielt, ehe ihm die CSU das Vertrauen entzog und er selbst als beleidigte Leberwurst für eine Verlängerung des Vertrags nicht mehr zur Verfügung stand.

Wenn alles klappt, könnte sich der Kulturreferent allerdings mit einem Coup und einer Baustelle weniger in den Ruhestand verabschieden. Mit Mundel wären die Kammerspiele die erste Münchner Groß-Bühne unter weiblicher Leitung. Das ist in einer Branche voller Platzhirsche und Groß-Egos nicht zu verachten.    

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