Rechtsstreit in Nürnberg: Dicke Luft bei der Bayern-AfD
Bisher flogen die Fetzen nur hinter den Kulissen, jetzt bekriegen sich AfD-Funktionäre sogar vor dem Landgericht Nürnberg.
Angekurbelt hat das Verfahren Christian Stahl aus Regensburg. Er ist Rechtsanwalt, steht beim AfD-Landesverband hoch im Kurs und führt den Vorsitz des parteiintern mächtigen Schiedsgerichts. Derzeit fühlt er sich jedoch auch noch massiv in seiner Ehre verletzt. Dafür macht er Partei-"Freund" Martin Sichert verantwortlich, den AfD-Vorsitzenden aus Nürnberg. Ihn und die Schriftführerin des Kreisverbandes Nürnberg-Nord hat er verklagt.
Stein des Anstoßes sind ein Rundbrief und ein Facebook-Eintrag der beiden. Es geht um diesen Satz: "Ob das Urteil auch so ausgefallen ist, weil der Landesvorstand über den Konvent dem Vorsitzenden des Landesschiedsgerichts einen Auftrag in Höhe von 140 000 Euro verschaffen will, entzieht sich unserer Kenntnis."
Was ist da gelaufen? Petr Bystron, Bayern-Chef der AfD und damit das, was Martin Sichert gern geworden wäre, will sich zu dem Vorgang nicht konkret äußern, tritt jedoch kräftig auf die Bremse: "In einer basisdemorkatisch geführten Partei wie der AfD, in der alles mit Mehrheiten abgestimmt und angenommen werden muss, kann man fast gar nichts tricksen." Bystrons Stellvertreter, Werner Meier, stellt einen schriftlichen Antrag von AfD-Mitgliedern an den Bundeskonvent der Partei zur Verfügung.
Ein Schnelles Ende im Gerichtsstreit ist nicht in Sicht
Im Kern geht es darum, dass zur Erhöhung der juristischen Schlagkraft der AfD eine spezifische Anwaltskanzlei dringend notwendig sei, aber einer Anschubfinanzierung von 140.000 Euro aus der Partei-Bundeskasse bedürfe. Wie dem Antrag zu entnehmen ist, wurde auch schon ein geeigneter Jurist für den Aufbau und die Leitung der neuen Kanzlei gefunden: Christian Stahl. Der Regensburger Rechtsanwalt ist auf Sichert und die Schriftführerin stocksauer, weil sie ihn mit dem Rundbrief und dem Facebook-Post "in die Nähe von Korruption" gerückt hätten.
"Diese Vorwürfe sind völlig haltlos", erklärt er der AZ. Martin Sichert wiederum hält die Aufregung des Anwalts für völlig überflüssig, weil er nur vom Recht der freien Meinungsäußerung in einem juristisch vertretbaren Rahmen Gebrauch gemacht habe. Die angespannte Gemütslage bei der AfD, speziell bei Martin Sichert, wurde durch die Trennung des Kreisverbandes Nürnberg in Nord und Süd ausgelöst. Die Aufteilung in zwei Kreisverbände, die einen Verlust seiner "Macht" nach sich zog, erfolgte wenig transparent. Für ihn ist die Lage völlig klar: "Die Trennung entspricht nicht den Parteistatuten und ist rechtswidrig."
Solche Äußerungen lösen im AfD-Landesvorstand wenig Begeisterung aus – und auch nicht beim Ehrengericht. Bei dem Parteigremium unter Vorsitz von Stahl landete nämlich die Beschwerde Sicherts gegen die Trennung – und wurde abgelehnt. Ein schnelles Ende ist im Streit vor dem Nürnberger Landgericht nicht in Sicht, obwohl die Beklagten die Behauptungen nicht wiederholen werden. Die Kosten des Verfahrens soll einer Entscheidung des Landgerichts zufolge Anwalt Stahl bezahlen. Für ihn, wie er erklärte, komme das nicht in Frage und er werde gegen diese Entscheidung vorgehen.
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