Problem Pfingsten: Deshalb will Bayern die Sommerferien nicht verschieben
Schwesterparteifreund hin, Ländersolidarität her – bei manchen Themen sind die Bayern kompromisslos. Zum Beispiel in der aufgebrandeten Debatte um eine Veränderung der sommerlichen Schulferientermine. Angezettelt hat sie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mit der Beschwerde, man wolle auch einmal einen späten Termin etwa von Anfang August bis Mitte September haben.
Doch der ist seit Jahrzehnten Besitzstand der beiden südlichen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern. Zumindest der Freistaat will daran auf keinen Fall etwas ändern. Und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) steht mit seinem strikten Nein zu einer Änderung keineswegs allein da.
Späte Sommerferien in Bayern wegen Pfingstferien
Die Ferienzeiträume bis einschließlich des Schuljahres 2029/2030 sind bereits festgelegt. Wüsts Forderungen sind also ein Langzeitprojekt, aber dennoch einigermaßen aussichtslos. Seinem bayerischen Amtskollegen ist die Angelegenheit eine schroffe Abfuhr wert: An Feiertagen und Ferienterminen werde man nicht rütteln. Natürlich ist auch seine Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) dieser Ansicht: Man werde "bei den Sommerferien weiterhin bei der bisherigen Regelung bleiben", ließ sie wissen.

Der ursprüngliche Grund für den späten bayerischen Sommerferientermin, nämlich die Mithilfe der schulpflichtigen Kinder bei der Ernte, zählt freilich nicht mehr – wohl aber der sonstige Ferienkalender.
Der sieht in Bayern (und Baden-Württemberg) 14-tägige Pfingstferien vor, die es im Norden Deutschlands nicht gibt. An den Pfingstferien "werden wir auch festhalten", unterstreicht die Kultusministerin. Würde Bayern mit Nordrhein-Westfalen die Sommerferientermine tauschen, lägen zwischen Pfingst- und Sommerferien gerade einmal drei Wochen.
Söder: Bayerische Ferienordnung in der DNA verankert
Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) Simone Fleischmann findet zwar die schroffe "Basta-Politik" Söders nicht gut, kann die Ablehnung aber nachvollziehen. Aus pädagogischen Gründen müsse ein gewisser "Rhythmus" beibehalten werden. Wenn die bayerischen Sommerferien vorgezogen würden, dann müsse man an die gesamte Ferienstruktur ran.
Da ginge es auch an das Eingemachte, nämlich an die christlichen Feiertage. Pfingsten ferienmäßig zu einem Ein-Tages-Ereignis abzuwerten, wie dies in Nordrhein-Westfalen der Fall ist, kommt für die bayerische Staatsregierung nicht infrage. Obendrein würde durch Manipulationen an der – laut Söder "in der DNA verankerten" – bayerischen Ferienordnung der gesamte Kalender ins Rutschen kommen.
Elternverband: "Befürworter des rollierenden Systems sind uns nicht bekannt"
Alle Jahre wieder tauche aus dem Sommerloch dieses Thema auf, stöhnt Martin Löwe, Sprecher des Bayerischen Elternverbands (BEV). Womöglich solle mit dieser Diskussion "von wirklichen Problemen des Bildungssystems abgelenkt werden".
Die BEV-Mitglieder plädierten für die Beibehaltung der bisherigen Regelung, die eine gleichmäßige Rhythmisierung der Lern- und Erholungsphasen beinhalte. Kritisiert werde zwar vereinzelt, dass die bayerischen Schüler in den heißesten Wochen des Jahres, nämlich im Juli, die Schulbank drücken müssten.
"Angesichts des Klimawandels verschiebt sich diese Phase allerdings immer früher ins Jahr, sodass dieses Argument wenig schlüssig erscheint", so Löwe: "Befürworter des rollierenden Systems auch für Bayern sind uns unter unseren Mitgliedern nicht bekannt."
Pfingsten mehr als nur ein freier Tag
Das Pfingst-Problem sieht auch der Chef der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag Holger Grießhammer. Weil bei einer Vorverlegung der Sommerpause Pfingst- und Sommerferien fast unmittelbar aufeinanderfolgten, "sehen wir eine Verschiebung eher kritisch". Zudem, so der Sozialdemokrat, sollte doch die Dauer des Schuljahres immer in etwa gleich sein.

Wie Grießhammer wünscht sich die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Gabriele Triebel, von der Staatsregierung mehr Dialog und Gesprächsbereitschaft gegenüber den anderen Bundesländern, weist aber auch auf die Pfingstferien hin: "Sie spielen eine wichtige Rolle für Familien, Schulen und die Tourismusbranche und setzen enge zeitliche Grenzen für einen früheren Sommerferienbeginn."
Die bayerische Ferienordnung orientiere sich "im Unterschied zu den norddeutschen Ländern" an verschiedenen christlichen Feiertagen, betont der Freie-Wähler-Bildungspolitiker Martin Brunnhuber, und kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: "Wir sehen daher keinen Anlass, an der bisherigen Festlegung etwas zu ändern."
Holetschek (CSU): "Bildungssystem in NRW hat gerade andere Probleme als Ferienzeiten"
Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Klaus Holetschek geht zum Gegenangriff über: "Das Bildungssystem in NRW hat gerade andere Probleme als Ferienzeiten", stichelt er und verweist auf die bayerischen "Pfingstferien, die sich zusammen mit Fronleichnam auf die christliche Tradition" stützten.
Hendrik Wüst sollte der bisherigen Ordnung auch etwas Positives abgewinnen können: "Die Pfingstferien nutzen viele Bayern für Urlaube in anderen Bundesländern, wo die Sommersaison noch nicht in vollem Gange ist – und kurbeln damit den dortigen Tourismus an."

Bildung ist generell Sache der Bundesländer. Ihre Ferientermine legen sie selbst fest. Bei den Sommerferien gibt es aber langfristig geltende Vereinbarungen, die in zähen Verhandlungen festgezurrt werden.
Kern ist ein "rollierendes System", das auf ein Abkommen von 1964 zurückgeht. Demnach sollen die Sommerferien regional gestaffelt werden, etwa um Staus oder knappe Unterkünfte zu vermeiden.