Mordfall Hanna: Zu 97 Prozent Pornos auf Handy des Angeklagten Sebastian T.

Im Eiskeller-Mordfall um Hanna aus Aschau hat der Angeklagte extrem viele Sex-Videos auf dem Handy. Diente eines gar als Vorbild für seine mutmaßliche Tat? Oder ist das vielleicht sogar normal? Was der Gutachter dazu meint.
Heidi Geyer |
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Auf dem Handy des Angeklagten waren so viele Pornoseiten geöffnet, dass es kaum andere Inhalte gab.
Auf dem Handy des Angeklagten waren so viele Pornoseiten geöffnet, dass es kaum andere Inhalte gab. © Foto: imago

Traunstein/Aschau - Es ist mucksmäuschenstill im Landgericht Traunstein. Die Vorhänge sind zugezogen, das Licht ist aus. Kinoatmosphäre sozusagen. Aber auf der Leinwand läuft ein Streifen, der vermutlich fast allen Menschen im Saal sehr unangenehm ist. "Cute Russian Blonde strangled and fucked", übersetzt "Hübsches russisches Mädchen, erwürgt und gef..." lautet der Titel des knapp 20-minütigen Films.

Prozess im Mordfall Hanna: Der Angeklagte schaut nur kurz hoch

Der Angeklagte Sebastian T. (22) soll das Video am 30. September 2022 über die Seite brutalsex.net auf seinem Handy angeschaut haben. Er soll nur wenige Tage später, am 3. Oktober 2022, die 23-jährige Hanna aus Aschau im Chiemgau überfallen und dann in den Bärbach gestoßen haben. Die junge Frau, die gerade vom Club Eiskeller auf dem Heimweg war, ertrank.

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War das Video etwa die Blaupause für den Überfall mehrere Tage später? Die Frage kann man sich stellen. Denn im Video wird dargestellt, wie eine sehr dünne, blonde junge Frau, die sich auf einer Wiese aufhält, von einem Mann mit Sturmmaske zuerst beobachtet und dann überfallen wird. Dort wird sie lange mit einer Art Gürtel gewürgt, bis der Schriftzug "Game Over" erscheint. Mit der scheinbar leblosen jungen Frau vollzieht der Maskierte schließlich noch den sexuellen Akt.

Auch wenn der Film dilettantisch ist und noch nicht mal besonders brutal wirkt, sondern stellenweise eher kurios: Hanna wurde aus Sicht der Staatsanwaltschaft ebenfalls aus sexuellen Motiven überfallen und gewürgt. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass ein sexueller Übergriff stattgefunden hat.

Hannas Eltern verlassen Saal – Verteidigung von Sebastian T. wollte nicht, dass das Video gezeigt wird

Hannas Eltern, die als Nebenkläger auftreten, haben den Gerichtssaal während des Videos verlassen. Der Angeklagte bleibt, schaut nach unten auf den Tisch. Nur in den Szenen der Vergewaltigung blickt er kurz auf die Leinwand. Seine Familie, die wie an jedem Verhandlungstag zahlreich erschienen ist, macht ihren Unmut darüber kund, dass das Video überhaupt gezeigt wird.

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Wahlverteidigerin Regina Rick wollte nicht, dass es gezeigt wird. "Es lässt sich nicht klären, ob er es angeschaut hat", sagt Pflichtverteidiger Jürgen Baumgärtl. In der Tat ist das so, wie ein digitaler Forensiker der Polizei aussagt. Es gehe lediglich um "vom Betriebssystem protokollierte angezeigte Webseiten", die aber nicht darauf schließen lassen, ob ein Video bewusst geöffnet wurde oder ob es überhaupt angesehen wurde. Selbst der psychiatrische Sachverständige Rainer Huppert hätte auf das Video verzichtet und verweist auf den hohen Pornokonsum unter Heranwachsenden.

"Exorbitanter Anstieg" an Pornoseiten

Dass auf dem Handy des Angeklagten im Zeitraum von knapp zwei Monaten aber 3198 Webseiten mit zu 97 Prozent pornografischen Inhalten aufgerufen nachweisbar waren, verwundert dann doch. Zumal sich diese wenige Tage vor dem Mord extrem häufen. Für den Polizeibeamten ist das "exorbitant" – zumal insgesamt viele der Einträge mit Gewalt, Vergewaltigung und dem Wort "gezwungen" in Verbindung stehen.

Ist das noch ein altersüblicher Konsum von Pornografie oder schon bedenklich? Dazu wird am Freitag in einer Woche mehr zu erfahren sein, wenn Huppert sein Gutachten präsentiert.

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  • Der wahre tscharlie am 12.12.2023 18:18 Uhr / Bewertung:

    "Ist das noch ein altersüblicher Konsum von Pornografie oder schon bedenklich?"
    Eher bedenklich, würde ich sagen.
    Aber es ist ein grundsätzliches Problem, dass Millionen von Gewaltpornos frei zugänglich sind.

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