Landtagswahl: SPD-Vize Stegner - Söder und Seehofer verhalten sich wie Wirtshausschläger
München - "Der CSU fehlt das Niveau für die Bundespolitik!" Sagte Ralf Stegner im ersten Teil des großen AZ-Interviews. Der Stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD sparte nicht mit Attacken gegen die Christ-Sozialen, insbesondere gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Bundesinnenminister Horst Seehofer.
Wie weit der SPD-Vize in seiner Attacke gegen die CSU-Bosse geht. Und was er zu den Schwierigkeiten der Mietpreisbremse in München zu sagen hat - lesen Sie hier den zweiten Teil des Interviews:
AZ: Herr Stegner, glauben Sie, dass Sie mit Ihrer Forderung nach einem Rücktritt des Verfassungsschutz-Präsidenten Maaßen beim Wähler punkten können?
RALF STEGNER: Das ist für uns keine taktische Frage. Der rechte Mob marschiert mit Hitlergruß durch die Straßen und ruft „Wir töten Euch alle“ und Herr Maaßen sagt, man müsse sich gegen linke Desinformation wehren. Ich weiß gar nicht, was man einnehmen muss, um zu einer solchen Einschätzung zu kommen. Das ist völlig absurd. Wir brauchen einen starken Staat, der zeigt, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Und wir erwarten von einem Bundesinnenminister, auch wenn der hier im CSU-Landtagswahlkampf irrlichtert, dass er das gefälligst durchsetzt. Die SPD ist die älteste demokratische Partei in Deutschland, sie steht zu dieser Demokratie und sie verharmlost nicht die Gefahren, die von rechts kommen.
"CSU übernahm Parolen der Rechten"
AZ: Die letzte bundespolitische Machtprobe hat der CSU ja gar nichts gebracht, sondern den Abwärtstrend befördert. Wenn sie jetzt Spin-Doctor der CSU wären, was würden Sie denen raten?
Es fällt mir relativ schwer, die Psyche von Herrn Seehofer zu verstehen und beratend zu helfen. Das ist auch nicht die Hauptpriorität der SPD, aber ich glaube, dass dies ein letztes Klammern an eigene Positionen ist in einem schon verlorenen Spiel. Man sieht ja, was sich in der CSU abspielt. Über Monate versuchten sie die Rechten dadurch zu bekämpfen, indem sie deren Parolen übernahmen. Der bayerische Ministerpräsident läuft sich derweil einen Wolf: Jeder Zentimeter Kabel, der irgendwo verlegt wird, wird PR-mäßig begleitet, aber in der Substanz passiert gar nichts. Ich komme aus Schleswig-Holstein, das ist ein Land das deutlich finanzschwächer ist als Bayern, da haben wir bis letztes Jahr regiert. Vergleichen Sie mal den Ausbau mit schnellem Internet zwischen den beiden Bundesländern. Wir liegen weit vor Bayern, weil wir uns darum gekümmert haben. Die CSU beschallt lieber permanent die Öffentlichkeit mit so interessanten Fragen, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht. Aber der Sachpolitik geschieht nichts.

AZ: Es gibt die sehr krude bayerische Verschwörungstheorie, dass Seehofer den ganzen Streit in Berlin inszeniert, um Söder maximal zu schädigen.
Dass die sich verhalten wie die Wirtshausschläger untereinander, das hat man schon häufiger gesehen. Manchmal hat man auch das Gefühl, der Hauptgegner der CSU sei Frau Merkel. Das ist für einen Sozialdemokraten schon interessant, wir sind eine mitfühlende Partei. Vielleicht sollte sich die Union in Zwietracht umbenennen, denn eine Union ist das nicht, was wir dort zu sehen bekommen. Das Problem daran ist nur: Wir können uns das in Deutschland gar nicht leisten. Schauen Sie sich doch nur um, was in der Welt alles passiert. In dieser Situation wird der größte Staat in Europa dadurch gelähmt, dass die Unionsparteien untereinander die Dinge nicht geregelt bekommen. Die Führungskraft von Frau Merkel lässt auch zu wünschen übrig. Die Sozialdemokratie ist der seriöse Teil der Bundesregierung. Wir versuchen unsere Arbeit zu machen, aber dieser Theaterdonner strahlt negativ auf uns ab. Die Gewinner sind die Rechtspopulisten.
"Leute, mault nicht über die SPD"
AZ: Auf Betreiben der SPD hat die Bundesregierung eine Mietpreisbremse eingeführt: 15 Prozent auf drei Jahre. Ich kenne niemanden, dessen Gehalt jedes Jahr um fünf Prozent erhöht wird. Erst jetzt im Wahlkampf kommt die SPD mit dem Vorschlag, das Ganze an die Inflation zu koppeln.
Man muss ehrlicherweise sagen: Mit 20,5 Prozent der Stimmen bei der letzten Bundestagswahl bekommen sie nicht hundert Prozent sozialdemokratische Inhalte. Und der Deal muss sein, wenn ich das so salopp sagen darf: Leute, mault nicht über die SPD, wenn ihr mehr Mietgerechigkeit haben wollt, sondern stärkt den Einfluss der SPD. Die erste Mietpreisbremse hatte keine Zähne, weil das mit der Union nicht zu machen war. Die will sie am liebsten wieder abschaffen, die FDP sowieso. In der Bundesrepublik setzen wir unsere Positionen soweit durch, wie es mit den Schwarzen geht. Das Ergebnis ist in Teilen sehr bescheiden. Wir formulieren aber klar, was wir für notwendig erachten. Wir glauben an die Stärkung des Mieterschutzes und mehr genossenschaftliches Wohnen. Und wir haben dazu konkrete Pläne – für die wir aber andere Mehrheiten brauchen – im Bund wie im Land.
AZ: München wird seit Jahrzehnten von der SPD regiert oder mitregiert. Hier sind die Mieten dennoch die höchsten im ganzen Land.
Gottseidank gibt es in München seit Jahrzehnten SPD-Oberbürgermeister, sonst hätten wir noch viel unsozialere Verhältnisse. Die Stadt tut alles in ihrer Macht stehende: Die Zielzahlen für den Wohnungsneubau wurden stark erhöht, das "München Modell" gilt für viele andere Städte als exemplarisch. Leider haben wir eine CSU, die seit Jahrzehnten die Staatsregierung stellt und die Städte bei diesen Problemen alleine lässt.
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