Nach illegaler Oktoberfest-Party - Kritik an Landshuter Gesundheitsamt
Landshut - Nach der Oktoberfest-Party vom 3. Oktober in Bodenkirchen hat es heftige Kritik am Organisator und seinen Feiergästen gegeben. Bei 20 von ihnen stellte das Gesundheitsamt Corona-Infektionen fest. Nun wird die Behörde selbst mit heftigen Vorwürfen konfrontiert.
Ein Unternehmer aus der Region sprach gegenüber unserer Zeitung von einer "desaströsen und stümperhaften Arbeit" des Amtes. Das sei der eigentliche Skandal in Sachen Oktoberfest. Das Gesundheitsamt soll die N
achforschungen in Bezug auf die Infektionsketten im Zusammenhang mit dem Fest vom 3. Oktober nicht professionell erledigt haben.
Dem Unternehmer aus der Region zufolge ist einer seiner Mitarbeiter, der an dem Fest teilgenommen hatte, am Mittwoch, 14. Oktober, vom Gesundheitsamt dazu aufgefordert worden, sich in Quarantäne zu begeben. Seine Frau und er hatten da offenbar schon einen Termin bei der Teststation in Landshut verabredet, der am Freitag, 16. Oktober war.
Der Arbeitgeber wirft dem Gesundheitsamt Schikane vor
Der Unternehmer: "Am Freitag wurden sie darüber informiert, dass sie sich am Samstag im Gesundheitsamt testen lassen müssen. Am Samstag lagen für beide die negativen Testergebnisse der Tests von der Teststation vor." Diese Tests sollen aber für ungültig erklärt worden sein. "Dann wurden beide am Samstag erneut getestet, diesmal beim Gesundheitsamt. Sie mussten bis Mittwoch, 21. Oktober, in Quarantäne bleiben." Der besagte Arbeitgeber spricht von Schikane: Zwei Teilnehmer, die am selben Tisch bei der Oktoberfest-Party gesessen hätten, seien am 16. Oktober immer noch nicht vom Gesundheitsamt benachrichtigt worden. Nur der eine von beiden sei in Quarantäne geschickt worden. Aber erst, nachdem er sich von sich aus beim Gesundheitsamt gemeldet gehabt habe. Der andere sei - trotz mehrfacher Versuche - telefonisch nicht durchgekommen. Schließlich habe er sich beim Gesundheitsamt Mühldorf testen lassen.
Das Landratsamt weist die Vorwürfe vehement zurück: "Die Quarantäne wird nicht durch einen negativen Test aufgehoben." Ob sich jemand infiziert habe, könne sich auch erst nach einigen Tagen herausstellen, deshalb gebe es auch Quarantäne-Fristen. Zudem sei es üblich, dass bei Kontaktpersonen der Kategorie I mehrere Tests durchgeführt würden. "Welche Zeitspanne zwischen Test und Testergebnis liegt, hängt, wie überall auf der Welt, von den Labor-Kapazitäten ab." Dass es nicht so zügig läuft, wie gewünscht sei klar, denn: "Verzögerungen gibt es natürlich durch die Masse der Fälle im Landkreis Landshut, in Bayern, im ganzen Land."
144 Partyteilnehmer inzwischen dem Landratsamt bekannt
Überdies hätten die Behörden-Mitarbeiter bei der Nachverfolgung von Kontakten vielfach mit lückenhaften und/oder nicht stimmigen Informationen zu tun. Dem Landratsamt seien inzwischen 144 Teilnehmer der Party namentlich bekannt. Wenn jemand telefonisch nicht durchkomme, sei dies kein Wunder, heißt es in der Stellungnahme des Landratsamts, "weil die Mitarbeiter der CTT-Teams (Contract-Tracing-Teams, Kontakt-Nachverfolgungs-Teams) oft pausenlos telefonieren". Seit Monaten sei bekannt, dass das Gesundheitsamt auf die Möglichkeit verweise, eine E-Mail an die Adresse ctt@landkreis-landshut.de mit der Bitte um Rückruf zu senden. Überdies zitiert das Landratsamt aus einer Antwort auf eine BR-Anfrage, wonach am Gesundheitsamt "viele, die an der Bewältigung der Corona-Krise bei uns arbeiten, am Anschlag arbeiten und manchmal darüber hinaus".
Besagter Arbeitgeber sagt, es sei verständlich, wenn positiv Getestete in Quarantäne müssen. Er könne jedoch nicht nachvollziehen, warum dies für Menschen mit negativem Testergebnis gelten solle. Vielen Branchen gehe es schlecht, da müssten doch wenigstens die negativ Getesteten zur Arbeit gehen dürfen. Bei dieser Forderung scheinen das Landratsamt und der Arbeitgeber sich zumindest einig zu sein. Landrat Peter Dreier (FW) fordere bereits von der Landes- und Bundespolitik "eine Verkürzung der Quarantäne-Dauer für Kontaktpersonen unter qualifizierten Auflagen".
Landratsamt: "Niemals solche Behauptungen aufgestellt"
Die Vorkommnisse rund um das Oktoberfest bleiben indes weiterhin undurchsichtig: Dass die bei ersten Untersuchungen festgestellten 20 Infektionen im Zusammenhang mit dem Bodenkirchener "Oktoberfest" - 14 Personen mit Wohnsitz im Landkreis Landshut, sechs Personen mit Wohnsitz im Landkreis Mühldorf - 100-prozentig bei dem Fest erfolgt sind, sei von niemandem behauptet worden, sagte das Landratsamt Landshut am Freitag.
Angesichts des Zeitraums, in dem das Festereignis absichtsvoll vertuscht worden sein könnte, sei natürlich alles Mögliche "denkbar". Das alles ändere aber nichts an der Verantwortungslosigkeit des Handelns der Veranstalter, so das Landratsamt am Freitag. "Tatsache ist, dass sich, wie man inzwischen weiß, weit über 20 Personen, die auf dem Oktoberfest zu Gast waren, mit dem Corona-Virus infiziert haben, wo und wie auch immer."
In der Pressemitteilung des Landratsamts vom 23. Oktober war zudem die Rede davon, dass der Hauptorganisator "kurz nach Bekanntwerden der nicht genehmigten Feier mindestens zwei Fernseh-Teams Interviews gegeben und sie über das Hofgelände geführt hat, obwohl er unter Quarantäne gestanden hat".
Wann der Hauptorganisator vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt wurde, dazu wollte das Landratsamt am Freitag keinen Kommentar abgeben. Zu dem Vorwurf, dass das Gesundheitsamt "stümperhaft und desaströs" arbeite, jedoch schon: "Der Vorwurf ist dermaßen unqualifiziert. Wirklich an den Fakten interessierte Personen mögen die Ausführungen des Landratsamts bedenken und seriöse Darstellungen in klassischen Medien lesen."
- Themen:
- Covid-19
- Oktoberfest