Auch in Landshut: Immer mehr Kinder sind Nichtschwimmer
Landshut - In Großstädten liegt die Wartezeit für Schwimmkurse bei bis zu zwei Jahren. Auch Kleinstädte haben mit einem Sturm auf die Kurse zu kämpfen - seit Corona wegen geschlossener Bäder die Lerner ausgebremst hat, werden nun die Kurse gestürmt.
Innerhalb weniger Tage (wie bei den Stadtwerken Landshut) oder auch Stunden sind sie oft ausgebucht - es gibt vielerorts Wartelisten. "Ohne Bad hatten wir einfach keine Chance, Kurse zu halten", sagt auch Christine Hauner, Vizepräsidentin des Schwimmclub 53 und Organisatorin der Schwimmkurse dort.
Ferienkurse bei Wind und Wetter
Im Sommer konnte der Club jetzt einige Kurse nachholen, auch in vier Grundschulen ging der Verein jüngst im Rahmen der Projektwoche "sicher schwimmen" und brachte hunderten Kindern das Schwimmen bei. Die Ferienkurse mussten bei Wind und Wetter abgehalten werden; nicht zwingend etwas für jeden. Dennoch gibt es Wartelisten.
"Wir haben zwei Jahre verloren", so Hauner. Sie versucht mit ihrem Team alles, um den Stau aufzulösen; über den Sommer könnte es vielleicht klappen, aber die Nachfrage ist immens. "Im September haben wir bereits wieder eine Warteliste, wir versuchen auch, noch mehr Kurse anzubieten", sagt die Schwimmtrainerin.
Immer mehr Kinder können nicht schwimmen
Was sie seit einiger Zeit beobachtet: Immer mehr Kinder können gar nicht mehr schwimmen, manche waren in der dritten Klasse noch nie in ihrem Leben im Wasser. Das sagt auch Rudi Richter.
Er hat seit den Neunzigern tausenden Kindern das Schwimmen beigebracht. Im Gespräch sagt er, dass seit 20 Jahren die Kurve immer stärker nach unten geht, was die Schwimmfähigkeiten der Jüngsten betrifft.
Die Gründe, die er nennt, sind vielfältig: weniger Unterricht in der Schule wegen geschlossener Schulbecken, grundsätzlich weniger Bewegung im Kindes- und Jugendalter, immer mehr Spaßbäder statt richtiger Schwimmbäder - und seit circa zehn Jahren auch das Internet mit Smartphone und Co.
Immer unsportlichere Kinder
"Früher hat man sich halt im Bad getroffen, jeder konnte schwimmen. Jetzt trifft man sich am Bildschirm", so Richter. Auch seien Kinder immer unsportlicher und einem immer höheren sozialen Druck ausgesetzt: Viele würden schon sehr jung darauf achten, wie sie aussehen - im Bad zeige sich das stark. "Dabei ist es so wichtig, schwimmen zu können", sagt Richter. Wer nicht schwimmen könne, werde schnell zum Außenseiter.
Auch viele Erwachsene können nicht mehr schwimmen
Hauner sagt, die Gesellschaft allgemein drehe sich gerade: Auch viele Erwachsene könnten nicht mehr schwimmen - ihre Kinder dann erst recht nicht. "Viele Eltern planschen nur im Wasser herum, aber das ist noch lang kein Schwimmen", so Hauner.
Ein Grundschulkind sollte, so die Trainerin, mindestens eine Grundschwimmart sicher beherrschen. Dabei gelte Brustschwimmen allgemein als die schwierigste Schwimmart überhaupt.
Tipp: Schwimmnudel statt Schwimmflügel
"Wenn ein Kind Rückenschwimmen kann, kann es gleiten und so im Wasser überleben", sagt Hauner. Ab vier Jahren beginnen die Kurse beim Schwimmclub. Wer seinen Kindern selbst die Angst vor Wasser nehmen und ihnen ein bisschen Schwimmen beibringen will, dem rät Hauner zu einer Schwimmnudel als Hilfsmittel - und nicht zu Schwimmflügeln.
Mit einer Schwimmnudel lerne das Kind, die Füße zu bewegen, könne sich festhalten, habe Sicherheit und man könne sie auch in Spiele für ein besseres Wassergefühl integrieren.
Rudi Richter rät Eltern, die gerade keinen Platz in einem Schwimmkurs bekommen haben, ihre Kinder an Wasser allgemein zu gewöhnen. Dazu gehöre einfach mal Luftanhalten, das ginge auch in einer Salatschüssel. "Wer Angst vor dem Kopf unter Wasser hat, wird nie richtig schwimmen lernen. Der hat dann nämlich immer Angst, mit dem Kopf unter Wasser zu kommen", so Richter.
Schwimmkurse sind manchen Familien zu teuer
Er findet es vor allem schade, dass auch viele Kinder aus ärmeren Familien nicht schwimmen könnten; weil den Familien das Geld für den Schwimmkurs fehle. Was sich Richter wünscht: Kostenlose Schwimmkurse der Kommunen, damit alle die Möglichkeit hätten, sich sicher im Wasser zu bewegen.
Schwimmen müsse man im Kindesalter lernen; ab ungefähr zehn Jahren sei "für immer Schluss", sich die richtige Technik ideal anzueignen. "Und schlechte Bewegungsmuster sind im Erwachsenenalter sehr schwer wieder abzutrainieren." Er rät Eltern dazu, auf erfahrene Schwimmlehrer zu setzen, auch im privaten Bereich.
Vielleicht, so Richter, könnten auch manche ihren Pool daheim zur Verfügung stellen, um Kindern Zugang zum Wasser zu ermöglichen, wenn Bäder wegen Corona-Auflagen keine Kurse anbieten dürften. Und Hauner rät Eltern, die Kinder auf die Warteliste setzen zu lassen, damit zum Beispiel der Schwimmclub überhaupt den Bedarf an Kursen ermitteln kann.
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