"Innerlich sind die Pferde schweißgebadet": Reitstopp für die Polizei?

Die berittene Polizei ist ein Steckenpferd von Bayerns Regierungschef. Doch es gibt Kritik am Einsatz der Vierbeiner – zu gefährlich. Was sagt der Innenminister?
Ralf Müller |
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Polizisten begleiten den Georgiritt von Traunstein nach Ettendorf.
Polizisten begleiten den Georgiritt von Traunstein nach Ettendorf. © Uwe Lein/dpa

Auch hoch zu Ross sollte Bayerns Polizei Flagge zeigen. Auf 200 Pferde, stationiert in fünf Großstädten, sollte die bayerische Reiterstaffel nach dem Willen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aufgerüstet werden. Doch seit der Ankündigung im Jahr 2018 ist die Truppe der berittenen Landespolizei immer weiter geschrumpft. Jetzt sieht sich der Staat als Pferdehalter auch noch zunehmend kritischen Anmerkungen der Tierschützer ausgesetzt.

Ein "Kapitel von Söders Showpolitik" nannte damals der Vorsitzende der Freien Wähler im Landtag Hubert Aiwanger Söders Reiterstaffel-Pläne. Im Koalitionsvertrag der Freien Wähler mit der CSU wurden die berittenen Ambitionen auf 100 Tiere eingedampft.

Derzeit sind laut bayerischem Innenministerium 60 Pferde im Einsatz, verteilt auf die Standorte München, Nürnberg und Rosenheim. Die Corona-Pandemie habe den Aufbau gebremst, heißt es zur Begründung. Die Kosten überstiegen dennoch die Erwartungen.

Offener Brief an Joachim Herrmann: "Stopp des Einsatzes von Polizeipferden"

Jetzt sind die Polizeipferde auch noch in die Kritik geraten. Genau genommen nicht sie, sondern deren Halter, der Freistaat Bayern. Fahrt aufgenommen hat die Diskussion um den Einsatz von Polizeipferden bei Demonstrationen und anderen Großveranstaltungen wie Fußballspielen in Bayern seit den Vorfällen am 27. September, als es in Nürnberg wegen eines Aufzugs einer rechtsextremen Gruppe und linken Gegendemonstranten zu Tumulten kam.

Dabei kamen auch Tiere der Reiterstaffel Nürnberg zum Einsatz. Videoaufnahmen hätten ein anscheinend verletztes Pferd gezeigt, das weiter im Einsatz geblieben sei.

"Mehrere friedliche Teilnehmende" seien verletzt worden, beschwerten sich dieser Tage die Nürnberger Grünen und schlossen sich einem offenen Brief an die Polizeiführung, Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Oberbürgermeister Marcus König (CSU) an, in dem ein "Stopp des Einsatzes von Polizeipferden bei Demonstrationen" gefordert wurde.

Kritik von den Grünen in Nürnberg

Die Geschehnisse vom 27. September seien ein Beispiel dafür, wie bei solchen Einsätzen sowohl Menschen wie auch Tiere gefährdet würden, so die Nürnberger Grünen: "Die Sicherheit der Bevölkerung und das Wohl von Tieren dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden."

Achim Mietzko, Vorsitzender der Grünen im Nürnberger Stadtrat, hält den Einsatz von Pferden bei Demonstrationen für ein "überholtes Konzept". "Eine moderne Demokratie schützt, statt Angst zu machen", so Laura Patzelt von der Grünen Jugend Nürnberg.

Tatsächlich habe ein Polizeipferd bei dem Demonstrationsgeschehen in Nürnberg eine Teilnehmerin leicht verletzt, diese habe aber eine medizinische Behandlung abgelehnt, gab das Innenministerium an. Zuvor habe ein "Versammlungsteilnehmer aus dem linken Spektrum" die Polizeireiterin mit einer Fahnenstange attackiert und verletzt. Daher habe das von ihr geführte Pferd kurzzeitig gescheut.

Deutsche Tierschutzbund sieht Einsatz von Polizeipferden "kritisch"

Tierschutzverbände unterstützen die Kritik. Den Einsatz von Polizeipferden in Menschenmengen wie bei Fußballspielen oder Demonstrationen bewertet der Deutsche Tierschutzbund als "kritisch". Wie alle Pferde seien auch Polizeipferde Fluchttiere, bei denen in Angst auslösenden Situationen der Fluchtinstinkt ausgelöst werde, so eine Sprecherin des Tierschutzbunds. Das könne im Extremfall auch ein noch so routinierter Reiter nicht verhindern.

Der Tierschutzbund plädiert dafür, Polizeipferde vor allem in schwer befahrbaren Gebieten wie Wälder und Grünanlagen zum Einsatz zu bringen. Die wegen ihrer manchmal radikalen Aktionen umstrittene Tierrechtsorganisation Peta geht noch weiter und brandmarkt das Training von Polizeipferden "mit Tritten und Zwang".

Sie würden gezielt mit gespielten Aufruhrsituationen konfrontiert. Peta zitiert den Chef der Stuttgarter Polizeireiterstaffel mit den Worten "Innerlich sind die Pferde schweißgebadet, aber sie dürfen sich das niemals anmerken lassen". Innenminister Herrmann denkt gar nicht daran, die Einsatzmöglichkeiten für die Polizeipferde zu beschränken oder gar ganz auf die Tiere zu verzichten. "Wer den Einsatz von Polizeipferden infrage stellt, blendet die Realität des Polizeialltags aus", so der Minister.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: "Reiterstaffel leistet wichtigen Beitrag"

Die bayerische Reiterstaffel leiste "Tag für Tag einen wichtigen Beitrag für eine starke und sichtbare Polizei". Gerade bei Großveranstaltungen, Demonstrationen, Vermisstensuche und im Objektschutz seien die berittenen Polizisten "unersetzlich". Der Einsatz von Polizeireitern biete "wesentliche Vorteile", unterstreicht das Innenministerium und nennt "gute Übersicht", "hoher Erkennungswert" und Geländegängigkeit.

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Polizeipferde seien ein "großer Sympathieträger mit deeskalierender Wirkung", die zur Entspannung kritischer Situationen beitrügen. Nur Tiere "mit einem besonders ausgeglichenen und stressresistenten Wesen" würden für Einsätze zugelassen.

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  • HanneloreH vor einer Stunde / Bewertung:

    Das was mit diesen Pferden während der Ausbildung und vor allem danach gemacht wird ist für mich Tierquälerei

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  • OnkelHotte vor 45 Minuten / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von HanneloreH

    Und was wird mit denen genacht, Angriffe auf die Pferde gibt es ja wohl durch Menschen, die sich nicht im Griff haben …

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  • brauxtnix vor einer Stunde / Bewertung:

    Hallo, hat mal jemand die Pferde gefragt ? Immerhin sind sie Beamte des Land Bayern, mit sehr guter Pension.

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