Synagoge in München nach 87 Jahren wiedereröffnet: Kanzler Merz zu Tränen gerührt

Bei den Novemberpogromen 1938 verwüsteten die Nationalsozialisten viele Synagogen, darunter auch die Reichenbachschul in München. Nun startet hier ein neues Kapitel im frisch sanierten Gotteshaus. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt.
AZ/dpa |
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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zeigte sich in seiner Rede sehr gerührt und kämpfte mit den Tränen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zeigte sich in seiner Rede sehr gerührt und kämpfte mit den Tränen. © Leonie Asendorpf/dpa
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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich bei der Wiedereröffnung der Synagoge Reichenbachstraße in München sehr berührt gezeigt. Er schien mit den Tränen zu kämpfen, während seiner Rede, in der er an die unmenschlichen Verbrechen der Nationalsozialisten an Juden erinnerte, wurde seine Stimme brüchig. 

Er sei entsetzt darüber, dass Antisemitismus in Deutschland wieder aufgeflammt sei. "Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr mich das beschämt: als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, aber auch als Deutscher, als Kind der Nachkriegsgeneration, als Kind, das aufgewachsen ist mit dem "Nie wieder" als Auftrag, als Pflicht, als Versprechen", sagte Merz. 

Synagoge in München nach Sanierung wieder geöffnet

"Wir haben in Politik und Gesellschaft zu lange die Augen davor verschlossen, dass von den Menschen, die in den letzten Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind, ein beachtlicher Teil in Herkunftsländern sozialisiert wurde, in denen Antisemitismus geradezu Staatsdoktrin ist, Israelhass schon Kindern vermittelt wird."

Vorangetrieben wurde das Vorhaben maßgeblich von Rachel Salamander, die auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zur Wiedereröffnung geladen hatte.
Vorangetrieben wurde das Vorhaben maßgeblich von Rachel Salamander, die auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zur Wiedereröffnung geladen hatte. © Leonie Asendorpf/dpa

Er wünsche sich, "dass jüdisches Leben in Deutschland eines Tages wieder ohne Polizeischutz auskommt. Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen, dass dies nun schon seit Jahrzehnten offenbar notwendig ist", sagte Merz und betonte: "Ich sage von dieser Stelle aus deshalb jeder Form des alten und des neuen Antisemitismus in Deutschland namens der gesamten Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland den Kampf an."

Synagoge nach 87 Jahren restauriert

Knapp 87 Jahre nach der Verwüstung durch die Nationalsozialisten ist die Synagoge Reichenbachstraße in München umfassend restauriert worden. "Die Reichenbachschul ist auferstanden. Sie hat Überlebenswillen bewiesen. Eine der wahrhaft schönsten Synagogen der Moderne ist gerettet", sagte die Initiatorin des Projekts, Rachel Salamander, anlässlich einer feierlichen Zeremonie mit mehr als 400 Gästen. 

Die 1931 errichtete Synagoge in der Münchner Reichenbachstraße wurde nun nach alten Vorlagen möglichst originalgetreu saniert.
Die 1931 errichtete Synagoge in der Münchner Reichenbachstraße wurde nun nach alten Vorlagen möglichst originalgetreu saniert. © Sven Hoppe/dpa

Salamander verwies auf die Geschichte. Der Architekt Gustav Meyerstein hatte die Reichenbachschul 1931 im Stil des Neuen Bauens errichtet. Bei den Novemberpogromen von 1938 wurde sie stark beschädigt. 1947 wurden die Räumlichkeiten provisorisch instand gesetzt und bis zur Fertigstellung der großen Ohel Jakob Synagoge 2006 genutzt. Danach stand das Haus leer. 

Originalgetreue Sanierung von Münchner Synagoge

Nun wurde die Synagoge auf Betreiben Salamanders so originalgetreu wie möglich wieder hergestellt, im minimalistischen Stil mit schlichten Holzbänken, farbigen Wänden und farbigen Bleiglasfenstern, auf denen rituelle Gegenstände und Psalmen zu sehen sind. Herzstück ist der Thoraschrein, vor dem ein gewebter Stoff der Bauhaus-Künstlerin Gunta Stölzl (1897-1983) hängt. 

Unter den Ehrengästen waren auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Charlotte Knobloch und der Pianist Igor Levit.
Unter den Ehrengästen waren auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Charlotte Knobloch und der Pianist Igor Levit. © Leonie Asendorpf/dpa

Ein Stück Geschichte heilen

Nun gelte es, das vom Münchner Vorkriegsjudentum verbliebene Erbe wieder seiner vollen Würde zuzuführen, betonte Salamander. Es sei hohe Zeit, die
bedrückte und von Traumata beladene Atmosphäre der Nachkriegszeit hinter sich zu lassen und den Menschen von damals mit der Synagoge eine Stimme zurückzugeben. "Das heißt, ein Stück Geschichte zu heilen."

Finanziert wurde das 14 Millionen Euro teure Vorhaben von der Bundesrepublik, dem Freistaat Bayern und der Stadt München. 10 Prozent steuerte der Verein bei. Neben Merz und Söder wurden zur Einweihung auch der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erwartet, ebenso wie die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch und der Pianist Igor Levit.

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