CSU: Seehofer im Lieferzwang

CSU-Chef Horst Seehofer ist in der schwierigsten Phase seiner zweiten Amtszeit. Denn nach monatelangen Gefechten in der großen Koalition wird sich in den kommenden Wochen entscheiden, ob und wieviel er liefern kann. Liefert er nicht, ist seine Autorität beschädigt.
dpa |
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Bayern sei die Vorstufe zum Paradies, lautet ein alte Credo von CSU-Chef Horst Seehofer. Wo die Vorstufe endet und das eigentliche Paradies beginnt, weiß die CSU-Spitze seit diesem Wochenende auch: «Der Heilige Berg ist das Paradies», sagt Seehofer gleich zu Beginn der zweitägigen CSU-Vorstandsklausur in Kloster Andechs. Der «Heilige Berg» ist nach alter Pilgerüberlieferung der bescheidene Voralpenhügel, auf dem das historische Klostergemäuer steht. Und die CSU-Spitze wird im Andechser Paradies mit den Schattenseiten der Welt außerhalb der Klostermauern konfrontiert. 

Seehofer befindet sich derzeit in der schwierigsten Phase seiner zweiten Amtszeit. Denn nach jahrelangen Gefechten muss er bis zum Sommer liefern - und zwar an vielen Fronten gleichzeitig: «die Bund-Länder-Finanzen, die Energiepolitik, die Zuwanderungspolitik, die Erbschaftsteuerreform und die Bürokratie beim Mindestlohn», nennt Seehofer selbst die Themen.

Zwei weitere kommen hinzu: die Verteidigung der Pkw-Maut und des Betreuungsgelds gegen die Versuche der SPD, die zwei ungeliebten CSU-Projekte durch die Hintertür auszuhebeln. «Wir stehen vor schwierigen Herausforderungen, wie man so schön sagt», sinniert ein CSU-Spitzenpolitiker.

Sämtliche Themen sollen bis zum Sommer gelöst werden. Zwei der bedeutendsten Themen für Seehofer sind die Energiepolitik und die Bund-Länder-Finanzen. Nun wird sich zeigen, ob der CSU-Chef wirklich neue Stromtrassen verhindern, Subventionen für bayerische Gaskraftwerke und eine Reduzierung des Länderfinanzausgleichs um eine Milliarde Euro erkämpfen kann.

Die Lage ist nicht gut für die CSU. Exemplarisch sind die Bund-Länder-Finanzen. Seehofer berichtet zwar von einem Erfolg. Doch der könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Die Union hat sich nach Seehofers Worten auf eine Reduzierung des Länderfinanzausgleichs um zwei Milliarden Euro verständigt. Doch wurde nicht festgelegt, welches Jahr als Bemessungsgrundlage dienen soll. So ist durchaus möglich, dass Bayern auch künftig über fünf Milliarden Euro zahlen muss. «Wir werden vor diesem Hintergrund die Dinge im Detail verhandeln», sagt Seehofer.

Und die Verhandlungen zur Energiewende seien schwieriger geworden, berichtet Seehofer nach Teilnehmerangaben in der internen Besprechung. Er beschuldigt SPD-Chef Sigmar Gabriel, gegen Bayern zu arbeiten. Sollte Seehofer scheitern, stünde er als schwächlicher Scheinriese da. Das wäre ebenso schlecht für seine persönliche Autorität wie für die Wahlchancen der CSU 2017 und 2018.

Auch der Streit um Mindestlohn und Erbschaftsteuer birgt Gefahren für die CSU. In Wirtschaft und Handwerk herrschen Enttäuschung und Ärger über die Berliner Koalition. Das trifft auch die CSU. Mittelstand und Handwerk sind unverzichtbare Kernklientel für Seehofer und seine Partei.

Manche CSU-Leute sind skeptisch und besorgt, dass die guten Umfragewerte der Partei sich erneut als trügerische Phantasmen erweisen könnten. «Das ist eher volatil», sagt ein CSU-Vorstand vorsichtig. Manche in der Parteispitze erinnern sich noch mit Schrecken an die Europawahl 2014. Die Demoskopen sahen die CSU knapp unter 50 Prozent - tatsächlich wurden es dann 40 Prozent und das schlechteste CSU-Ergebnis bei einer überregionalen Wahl.

Seehofer weiß natürlich, dass er Ergebnisse liefern muss. Deswegen ist er offensichtlich bereit, mit harten Bandagen in den Kampf einzusteigen. So droht er CSU-intern der SPD mit einem Abbruch der Verhandlungen über den Mindestlohn, auch wenn er draußen vor den Kameras sagt, das sei falsch.

Leicht werden die Verhandlungen nicht, wie Seehofer in Andechs selbst mehrfach betont. Denn ihm sitzt in Berlin ein Amtskollege gegenüber, der in der gleichen Lage ist wie er selbst. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel  muss liefern, wenn seine Autorität nicht leiden soll.  

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