Bröckelnde Nazi-Tribüne: Bund lässt Nürnberg im Stich
Die Sanierung der Monumentalbauten kostet 70 Millionen Euro – doch bisher gibt es keine Zuschüsse. Es droht die Sperrung des Geländes, der Norisring wäre in Gefahr...
NÜRNBERG Wenn das Reichsparteitagsgelände zum Welterbe ernannt wird, dann könnte es schon zu spät sein. Frühestens in sieben Jahren wird eine neue Liste von Denkmälern aufgestellt, über die dann die UNESCO, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, entscheiden wird. Doch bis dahin muss Adolf Hitlers bröckelndes Erbe saniert werden. Sonst muss das Gelände vorher wegen Einsturzgefahr gesperrt werden.
Rund 70 Millionen Euro verteilt auf mindestens zehn Jahre kostet es, das Mahnmal für den Größenwahn der Nazis zu erhalten. Geld, das die Stadt Nürnberg nicht hat. Und nach derzeitigem Stand gibt es auch keine Mittel vom Bund für diese „nationale Aufgabe“, so OB Ulrich Maly (SPD). Zwar hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) die Akten auf dem Tisch. Doch noch gibt es keinen Topf im Bundeshaushalt, aus dem die Sanierung mitfinanziert werden kann.
„Sowohl Minister Neumann als auch Ministerpräsident Horst Seehofer haben ihren Willen abstrakt geäußert, uns zu helfen“, so Maly. Doch jetzt geht es darum, das in konkrete Hilfszusagen umzusetzen. Dabei ist Kreativität gefragt. Denn die öffentlichen Kassen sind leer. Und Stiftungsgelder werden gebraucht, um neue Gedenkstätten zu bauen, etwa das Doku-Zentrum in München. Maly: „So etwas wie die Sanierung des Reichsparteitagsgeländes ist da nicht vorgesehen.“
„Wir müssen deutlich machen, mit welchem Gesamtkonzept sich Nürnberg seiner Geschichte stellt"
Wenn nichts passiert, dann kann der Verfall nicht mehr aufgehalten werden. „In einem Jahr brauchen wir eine Entscheidung. Sonst müssen wir einen Zaun um das Gelände ziehen,“ so Maly. Das hätte zum Beispiel zur Folge, dass das Norisring-Rennen und andere Großveranstaltungen gefährdet wären.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Frieser hat sich von seiner Partei am Wochenende den Beschluss geholt, die Welterbe-Bewerbung Nürnbergs zu unterstützen. Mit dieser Bewerbung sei es leichter, in Berlin die Notwendigkeit der Staatshilfen zu begründen. „Derzeit geht der Bund davon aus, dass es sich um Liegenschaften der Stadt Nürnberg handelt“, verweist Frieser auf die leeren Kassen in Berlin.
Aber mit dem Menschenrechtspreis, dem Doku-Zentrum, der geplanten UN-Akademie und dem Memorium Nürnberger Prozesse gehe es um mehr. „Wir müssen deutlich machen, mit welchem Gesamtkonzept sich Nürnberg seiner Geschichte stellt und diese aufarbeitet. Dazu müssen wir uns vielleicht etwas weiter als bisher aus dem Fenster lehnen!“ Frieser will demnächst mit einer parteiübergreifenden Initiative dafür kämpfen, Nürnberg als „authentischen Ort der Geschichte“ zu erhalten.
„Es ist dringend nötig, dass die Sanierung des Reichsparteitagsgeländes in den Bundeshaushalt aufgenommen wird“, sagt der Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Burkert. „Da sind jetzt die heimischen Abgeordneten der CSU gefordert. Und dann muss Ministerpräsident Seehofer nicht nur Hilfe ankündigen, sondern endlich auch konkrete Hilfszusagen für das Reichsparteitagsgelände machen.“
Michael Reiner
- Themen:
- CDU
- CSU
- Horst Seehofer
- Michael Frieser
- SPD
- UNO
- Ulrich Maly