Bayern-SPD fordert: Das Finanzamt soll die Steuererklärung machen!

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Die SPD fordert auch in Bayern ein Pilotprojekt wie in Hessen, bei dem das Finanzamt automatisch einen Vorschlag zur Festsetzung der Einkommensteuer macht, den Bürgern also die Steuererklärung abnimmt. Modellregion soll nach Vorstellung der Sozialdemokraten im Freistaat Nürnberg sein.
"Bayern soll Vorreiter in Sachen automatischer Steuererklärung werden. So ersparen wir den Bürgerinnen und Bürgern lästigen Papierkram und entlasten unsere Behörden", sagte Landtagsfraktionschef Holger Grießhammer. "Hessen hat den Anfang gemacht, jetzt sind wir dran." In Hessen wird der Service zunächst rund 6000 Steuerpflichtigen in und um Kassel angeboten.

Grießhammer: "Davon profitieren alle Seiten"
Auch für Bayern schlägt die SPD eine Testphase vor, in der ausgewählte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einen automatisch erstellten Vorschlag für die Einkommensteuererklärung erhalten sollen.
Gibt es keine Einwände von Bürgerseite, soll der Steuerbescheid kurze Zeit später in Kraft treten. "Weniger Bürokratie, weniger Fehler, schnellere Bescheide: Von der automatischen Steuererklärung profitieren alle Seiten", sagte Grießhammer.
Den Finanzämtern lägen schon heute viele Steuerdaten wie Löhne und Versicherungsbeiträge vor. Und doch gehe sogar bei einfachen Fällen nichts ohne eine selbst erstellte Steuererklärung. "Dafür haben viele Bürgerinnen und Bürger völlig zu Recht kein Verständnis. Die Digitalisierung bietet uns riesige Chancen – höchste Zeit, dass wir sie gerade am Technologiestandort Bayern in unserer Steuerverwaltung nutzen", argumentierte der Fraktionschef der Sozialdemokraten.
Warum das Projekt in Nürnberg starten soll
Nürnberg schlägt die SPD als Modellregion vor, weil es die zweitgrößte Stadt Bayerns, Zentrum einer Metropolregion und bedeutender Industriestandort mit vielen Arbeitnehmern sei, die erheblich entlastet würden.
Der Nürnberger SPD-Vorsitzende und OB-Kandidat Nasser Ahmed schickte deshalb einen Brief an Finanzminister Albert Füracker (CSU).
Nürnberg solle Vorreiter sein, "für eine moderne Verwaltung, die Vertrauen schafft, für mehr Gerechtigkeit und für Entlastung im Alltag", schrieb Ahmed und forderte Füracker auf: "Prüfen Sie, ob Nürnberg als Modellstadt geeignet ist, um diesen Weg zu erproben." In einem weiteren Schritt könnten nach SPD-Vorstellung Rentnerinnen und Rentner von der Pflicht zur Steuererklärung befreit werde.

In Hessen läuft das entsprechende Pilotprojekt seit wenigen Wochen. "Die Steuer macht jetzt das Amt: Davon dürften viele träumen. Wir machen es jetzt möglich", sagte Finanzminister Alexander Lorz (CDU) zum Start.
Und so funktioniert es: Zunächst wird der Service Steuerpflichtigen angeboten, die die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2024 schon verpasst haben. Sie müssen dabei nicht selbst die Steuererklärung ausfüllen, sondern erhalten von der Behörde einen Vorschlag, den sie annehmen oder über die Elster-Software ergänzen können.
Reagieren sie nicht, erstellt das Finanzamt nach vier Wochen den Steuerbescheid. Grundlage für den Vorschlag des Finanzamts sind Daten etwa zu Lohn, Rente und Versicherungen, die der Steuerverwaltung wegen der entsprechenden Meldepflichten ohnehin schon vorliegen.
Das sind die Voraussetzungen zur Teilnahme
Voraussetzung in dem Pilotprojekt ist, dass der jeweilige Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist und nicht steuerlich vertreten oder beraten wird. Denn die Pflicht trifft nicht jede Arbeitnehmerin und nicht jeden Arbeitnehmer.
Wer aber etwa Lohnersatzleistungen wie etwa Arbeitslosen-, Eltern- oder Kurzarbeitergeld in Höhe von mehr als 410 Euro im Jahr bezieht oder mehrere Arbeitgeber gleichzeitig hat, muss eine Steuererklärung machen. Auch Freiberufler, Selbstständige und Gewerbetreibende sind grundsätzlich dazu verpflichtet.
In der Regel sollte die Steuererklärung bis zum 31. Juli des Folgejahres fertig sein, es gibt aber Möglichkeiten, die Frist zu verlängern. Mit dem Pilotprojekt in Kassel will auch die hessische Landesregierung die Bürgerinnen und Bürger entlasten und die Effizienz der Steuerverwaltung steigern. Ist der Testlauf ein Erfolg, soll das Programm in diesem Bundesland ausgeweitet werden.
"Ein Schritt in die richtige Richtung", sagt der Bund der Steuerzahler
Das Pilotprojekt könne "ein Schritt in die richtige Richtung sein", sagte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Hessen, Joachim Papendick. "Dass so etwas aber jetzt erst im kleinen Maßstab ausprobiert wird, zeigt, wie sehr Deutschland hinterherhinkt." Bislang sei die Steuererklärung im Vergleich zu anderen Ländern deutlich komplexer und zeitaufwendiger.
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft sieht in dem Vorstoß einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer modernen, bürgerfreundlichen Steuerverwaltung. "Während unsere Kolleginnen und Kollegen heute noch viel Zeit mit der manuellen Bearbeitung von Standardfällen verbringen, könnten sie sich bei einer vollständigen Digitalisierung auf die wirklich komplexen und wichtigen Fälle konzentrieren", sagte der Bundesvorsitzende Florian Köbler.
Was dazu im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht
Hessens Finanzminister Lorz sprach von "Vorteilen auf beiden Seiten". Mal sehen, wie sein bayerischer Kollege auf den SPD-Vorschlag reagiert – zumal es auch im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung heißt:
"Wir setzen uns für eine Steuervereinfachung durch Typisierungen, Vereinfachungen und Pauschalierungen ein." Arbeitnehmer und Rentner sollen "von Erklärungspflichten so weit als möglich entlastet werden".
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