Alte Leibspeisen vor der Linse: Zwei Fotografen rücken Gerichte aus der Oberpfalz in den Fokus

90 Rezepte stecken in dem Kochbuch "Guad und Gnou". Das Handgemachte kann man hier neu entdecken – und ein bisserl Nachhilfe in Mundart gibt's auch.
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Zwirl, der auch Bröislboard, Gurglmoatara oder Holskrala heißen kann. Oder Kartoffelschmarrn.
Zwirl, der auch Bröislboard, Gurglmoatara oder Holskrala heißen kann. Oder Kartoffelschmarrn. © Alexander Feig

Das spürt man sofort: Es ist eine Liebeserklärung. An die Oberpfalz, die Großeltern, ihre Gerichte von früher. Und an die unverwechselbare Mundart. Auch wenn die vielen "ou"-Laute für einen Nicht-Oberpfälzer im ersten Moment etwas, sagen wir, rau erscheinen mögen. So manches Mal braucht man sprachliche Unterstützung bei der Lektüre von "Guad und Gnou" (Gut und genug; dritte Auflage; bekam Ende vergangenen Jahres den Deutschen Kochbuchpreis Silber) von Antonia und Alexander Feig.

Beim Erdäpflsalod vielleicht noch nicht, aber beim Hachabuttnmoark, beim Gwiarzbroud oder beim Fäichtnspitzn-Honich dann schon. Die zwei liefern zur Sicherheit Begrifflichkeiten in Hochdeutsch mit. Andererseits: Das Gefühl für Heimat und Kindheitserinnerungen, das hier mitschwingt, bedarf keiner Übersetzung. Das versteht jeder. Egal, woher man kommt.

Antonia und Alexander Feig und die Küche der Vorfahren: "Ein vermeintlich bekanntes Land"

In der Einleitung des Buches mit 90 Rezepten heißt es: "Die Küche der Vorfahren ist, wenn man sich auf Spurensuche begibt, ein vermeintlich bekanntes Land, aber noch lange kein sicheres Terrain." Und weiter: Die scheinbar einfachen Gerichte, die schon die Großmütter und deren Vorfahren gekocht haben, verschweigen viele Handgriffe, die nie kommentiert und dokumentiert wurden, weil es so selbstverständlich schien, sie zu tun."

Die Feigs nennen es Koch-, Back- und Lesebuch sowie Bildband. Alles in einem. Antonia und Alexander Feig – sie ist 1969 in Nabburg im Landkreis Schwandorf geboren, er 1970 in Selb im Landkreis Wunsiedel – teilen der AZ mit: "Es war uns ein tiefes Bedürfnis, endlich auch die Gerichte, die wir von klein auf kennen, professionell ins Licht zu setzen. Wir sind Food-Fotografen, also sagten wir uns: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah!" Im Spätmittelalter hieß die Oberpfalz übrigens noch bayerisches Nordgau.

Alexander und Antonia Feig mit ihrem Buch "Guad&Gnou. Kochkultur & Mundart im Herzfleck Bayerns".
Alexander und Antonia Feig mit ihrem Buch "Guad&Gnou. Kochkultur & Mundart im Herzfleck Bayerns". © Bavarian Prints Verlag

Ihre Intention: "Wie das Kochen soll auch das Buch der Entschleunigung des Alltags dienen. Keine Ruck-Zuck-Küche, sondern das Handgemachte wieder entdecken, für sich selbst oder gemeinsam Kochen und damit die Traditionen bewahren und neu beleben." Beim Fotografieren sei es ihnen wichtig gewesen, "nur wenige authentische oder selbstgemachte Accessoires zu verwenden, damit der Blick das Wesentliche erfasst".

Das Regionalbuch ist auch für Menschen in Oberbayern interessant, wie die Feigs darlegen: "Die Oberpfalz hat als Teil von Altbayern viele Gemeinsamkeiten mit der oberbayerischen Küche." Zu den urbayerischen Gerichten im Buch gehört zum Beispiel der Schweinsbraten.

Oberpfalz und Oberbayern? Eng miteinander verbunden

Noch ein Beispiel: die Erpflknedl. In der Oberpfalz heißen sie auch "Spoutzn" – bitte wie? Klingt wie Spatzen – "sie haben allerdings so gar nichts mit gebratenen Vögeln zu tun, sondern sind harmlose vegetarische Kartoffelknödel", klären die Feigs auf. Was servieren sie noch, was man auch andernorts kennt? "Die Oberpfälzer Käichln kennt man in Oberbayern wohl eher als Auszogne, der Bröislboard ist im süddeutschen Raum als Kartoffelsterz bekannt."

Die Autoren knüpfen auf Nachfrage noch ein Band zwischen der Oberpfalz und Oberbayern: "Wenn man bedenkt, dass der Oberpfälzer Michael Schottenhamel im Jahr 1867 die Konzession für die traditionsreiche Festhalle Schottenhamel bekam und seitdem auf dem Münchner Oktoberfest eine Institution ist, wird klar, dass die Oberpfalz und Oberbayern im Herzen eng verbunden sind."

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Das Lieblingsrezept von Alexander Feig sind Liwanzen, ein Rezept aus der böhmischen Küche. "Meine Oma hat eine Liwanzenpfanne aus ihrer Heimat nahe Karlsbad/Tschechien ins kulinarische Familienerbe eingebracht." Zur Erklärung: Das sind Minipfannkuchen aus einem Eier-Milch-Hefeteig. Antonia Feig favorisiert dagegen Äpfl-Maaldaschn, "unerreicht gut von meiner Mutter gekocht". "Diese Oberpfälzer Art des Apfelstrudels aus Kartoffelteig zuzubereiten, ist meine immerwährende Küchenchallenge."

Die AZ will wissen: Konnten die Großeltern früher besser kochen als wir heute? Die diplomatische Antwort: "Ja mei, nix gwiss woass ma ned. Es git halt nix Bessas wäi wos Guads!"

Zoigl-Broud-Stangen: Knusprige Brotstangen mit Bier – acht Stück

ZUTATEN

  • 225 g Roggenmehl 1150
  • 175 g Weizenmehl 550
  • 10 g Salz
  • 75 g Natursauerteig
  • 2 TL Anissaat
  • 75 ml Zoiglbier zimmerwarm (oder dunkles Bier)
  • 60 g Walnusskerne, gehackt

HEFEWASSER

  • 15 g frische Hefe
  • 1 TL Honig
  • 175 ml lauwarmes Wasser
Schmecken auch mit Dunkelbier: Zoigl-Broud-Stangen.
Schmecken auch mit Dunkelbier: Zoigl-Broud-Stangen. © Antonia Feig, Alexander Feig

ZUBEREITUNG

Die Hefe in einer kleinen Schüssel zerbröseln und mit fünf Esslöffel lauwarmem Wasser und dem Honig ein Hefedampferl ansetzen und abgedeckt für zehn Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. Beide Mehlsorten in eine große Schüssel sieben, Salz dazugeben und miteinander vermengen, Sauerteig und das Hefedampferl hinzufügen. Nach und nach zimmerwarmes Zoiglbier und Wasser unterkneten, bis ein geschmeidiger Teig entsteht. Zum Schluss Anis und zerhackte Walnüsse unterkneten. Den Teig mit einem Küchentuch abgedeckt an einem warmen Ort circa 60 Minuten gehen lassen. In der Zeit verdoppelt er sein Volumen.

NACH DER TEIGRUHE

Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche ohne Druck durchkneten. In acht gleich große Portionen teilen und diese zu vier Zentimeter dicken Stangen formen. Mit etwas Abstand auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen. Die Teigstangen mit einem scharfen Messer mehrmals schräg einritzen und mit einem Tuch abgedeckt weitere 30 Minuten gehen lassen. Das Backrohr auf 250 Grad Ober-/Unterhitze (Umluft 230 Grad) vorheizen. Eine feuerfeste Form mit drei Zentimeter Wasser füllen, auf den Boden des Backrohrs stellen und während der gesamten Backzeit im Backrohr lassen. Die Brotstangen zehn Minuten bei 250 Grad Ober-/Unterhitze (Umluft 230 Grad) backen und dann fallend auf 200 Grad weitere zehn Minuten backen. Die knusprig gebackenen Brotstangen aus dem Ofen holen und auf einem Gitter auskühlen lassen.

Anis ist ein typisches Gewürz für herzhafte Backwaren. Das feine Lakritzaroma des Anis bildet zusammen mit den Walnüssen und dem Bier ein spannendes Terzett. Wer kein Zoiglbier im Haus hat, kann stattdessen auch dunkles Bier verwenden.

Äpfl-Maaldaschn: Süße Apfel-Maultaschen – sechs Stück

ZUTATEN FÜR DEN TEIG

  • 750 g Kartoffeln (mehligkochend, am besten vom Vortag)
  • 250 g Mehl
  • 150 g Kartoffelmehl
  • 2 Eier
  • 1 Prise Salz

FÜR DIE FÜLLUNG

  • 100 g Butter
  • 4 bis 6 Äpfel
  • Zitronensaft
  • Zimt & Zucker
  • Rosinen (nach Belieben)

AUSSERDEM

  • Butterschmalz für die Form

ZUBEREITUNG

Die Kartoffeln mit Schale gar kochen. Etwas abkühlen lassen, schälen und mit einer Kartoffelpresse in eine große Schüssel drücken. Zum Abkühlen beiseite stellen. Das Mehl über die Kartoffeln sieben und mit einem Kochlöffel unter die Kartoffelmasse heben. Eier und etwas Salz unterkneten, bis ein geschmeidiger Teig entsteht. (Oder: Mehl auf das Backbrett sieben, Kartoffelmasse, Eier und etwas Salz zugeben und mit beiden Händen zu einem
geschmeidigen Teig verkneten.) Wenn der Teig zu weich ist, etwas mehr Mehl unterkneten. Auf einem bemehlten Backbrett den Teig zu etwa 20 x 20 Zentimeter großen Teigfladen mit zwei Millimeter Dicke ausrollen. (Sollte der Teig zu klebrig sein, das "Nudelholz" zwischendurch mit Mehl bestreuen.)

Nicht zu verwechseln mit der Schwäbischen Maultasche: Äpfl-Maaldaschn.
Nicht zu verwechseln mit der Schwäbischen Maultasche: Äpfl-Maaldaschn. © Alexander Feig, Antonia Feig

Die Butter bei milder Hitze schmelzen. Mit einem Backpinsel ein wenig zerlassene Butter auf die Teigfladen streichen. Die Äpfel schälen und in sehr dünne Scheibchen hobeln. Mit etwas Zitronensaft beträufeln, damit die Äpfel nicht braun werden. Rosinen je nach Belieben hinzugeben.
Die Hälfte der Teigfläche mit der Apfelmischung bedecken und mit Zimt und Zucker bestreuen. Den Teig zu einer länglichen Teigtasche rollen und die Enden nach oben einschlagen. Die Apfel-Teigtaschen eng aneinander in eine ausgebutterte Auflaufform legen. Die Oberseite der "Maaldaschn" mit etwas zerlassener Butter einpinseln, um das Austrocknen beim Backen zu verhindern. Bei 170 Grad Ober-/Unterhitze circa 45 bis 60 Minuten schön goldgelb backen. Kurz vor Ende der Garzeit erneut mit etwas Butter bepinseln. Mit heißer Vanillesoße servieren.

Eine "Oberpfälzer Maaldaschn" hat mit einer Schwäbischen Maultasche höchstens Eier und Mehl gemein. Als Variation zum "Apfelstrudel der Oberpfalz" kann man die Maaldaschn auch mit einer Eier-Quark-Creme füllen.

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