Völlig am Ende: "Wetten, dass..?" so schlecht wie nie - AZ-Kritik
Von der Flutwelle deutscher Brennpunkte-Überschwemmung in das Ballermann-Getöse von Palma de Mallorca gejagt, traf es sich gut, dass die sommerliche Circus-maximus-Ausgabe der größten ZDF-Werbeveranstaltung „Wetten, dass?“ gleich in voller Menschenfreundlichkeit zur Spendensammelaktion für die Hochwasser-Opfer aufrufen konnte. Was dann mit über 500.000 Euro das „Wetten, dass?“-Image aufbessern sollte. Es half nicht. Markus Lanz hat mit seinem ersten Sommer-„Wetten, dass?“ nur noch 6,74 Millionen Zuschauer erreicht, halb so viele Zuschauer wie bei seiner Premiere im Oktober.
Denn so sehr er auch auch Reklame macht für jene krampfige infantile Fröhlichkeit, mit der sich PR-bedürftige Groß- und Kleinkünstler für ein sangesfrohes Hoppsassa-Publikum zum Affen machen: Längst teilt sich die Show-Kundschaft in solche, die das immer noch aushalten mögen, und solche, denen es längst zum Hals heraushängt.
Die TV-Kritikerin bekennt ihren Überdruss, angestachelt vom Familien-Nachwuchs, der an radikalen Twitter-Kommentaren nicht spart und den Einmarsch der Allzweckwaffen Michelle Hunziker, Duschkopf-Erfinder Stefan Raab und Cindy aus Marzahn mit artgerechtem Gejohle bestraften. Das Bademützenschmeißen der Kinderwette wurde mit einem alten, schwarzen Loriot-Witz erläutert (Show-Familie kommt nicht mehr hoch aus dem Bassin).
Die Feuerwehrleiterwette (Hochhangeln an der Rückseite der Leiter) hatte das Zeug zum Wettkönig. Einer hüpfte mit einem Salto in mehrere bunte Badehosen – ein anderer knackte mit prallem Knackhintern Walnüsse mit Po-Sprung. Der schottische Hollywoodstar Gerard Butler sammelte Pluspunkte und ließ sich fürs Kino-PR-Geschäft willig Eiswürfel in die Hose füllen, während er Johann Wolfgang von Goethe „Erlkönig“ rezitierte.
Und Lanz brachte das Publikum schließlich vollends gegen sich auf, als er bei der Publikumswette der mogelnden Limbotänzerin die Hawaii-Reise dennoch zuschob.
Das Hollywood-Wesen Pamela Anderson ist gar nicht erst gekommen, dafür rutschte die Sendung dank den Geissens auf Privatfernsehniveau. Da hilft dem Talkshow-gestählten Lanz auch seine Südtiroler Skilehrer-Ausdauer nicht mehr weiter: Das Urteil: „Fremdschämen“ („Bild“), „Wäre diese Sendung ein Stier, man müsste sie erschießen“ („Spiegel online), „Diese Sendung ist der reinste Horror“ („Stern.de“).